Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
seiner Liebe hatte sie nicht den geringsten Zweifel.
„Ich bin trotzdem der Meinung, du solltest dir Zeit lassen“, meinte er jetzt steif, „bis mehr Ruhe eingekehrt ist. Dir muss doch klar sein, dass du hier Zustände beschreibst, die dieser Mann für normal hält. Wie soll er je in dein Leben passen?“
„Eine müßige Frage, da weder eine Beziehung und erst recht keine Heirat je zur Sprache gekommen ist. Er soll aber auch nicht glauben, dass ich mir nicht einmal genug aus ihm mache, um wenigstens persönlich nach ihm zu sehen.“
„Wenn eine Beziehung nie erwähnt wurde, warum sollte er dann einen Besuch von dir erwarten? Für ihn war es nur eine Mission, mehr nicht.“
Barrie reckte die Schultern, ihre Augen wurden dunkelgrün. „Es war mehr“, sagte sie tonlos. Und das war alles, was sie über ihre Beziehung zu Zane preiszugeben bereit war. Sie atmete tief ein und fuhr die schweren Geschütze auf. „Das bist du mir schuldig.“ Ihr Blick traf hart auf seinen. „Ich habe nicht gefragt, aber ich bin intelligent genug, um mir meine eigenen Gedanken zu machen …“
„Natürlich, niemand behauptet das Gegenteil“, fiel er ihr ins Wort. „Nur sehe ich nicht, was das mit …“
„Wurde eine Lösegeldforderung gestellt?“
Als langjähriger Diplomat war William erfahren darin, immer eine Miene zu wahren, die nichts verriet. Doch jetzt starrte er seine Tochter verdutzt an. „Lösegeld?“
Eine Trostlosigkeit ganz anderer Art machte sich in ihr breit und spiegelte sich auf ihrem Gesicht. „Ja, Lösegeld. Es gab keine Forderung, nicht wahr? Denn es ist nicht Geld, hinter dem er her ist. Er will etwas anderes von dir. Entweder will er dich zwingen, es ihm zu überlassen, oder du steckst selbst bis zum Hals drin und es hat Streit zwischen euch gegeben. Welches von beiden?“
Wieder war ihm seine Erfahrung keine Hilfe, auf seinem Gesicht zeigte sich für einen Augenblick lang Schuld und Verwirrung, bevor es ausdruckslos wurde. „Was für eine lächerliche Unterstellung“, meinte er gelassen.
Barrie wurde übel, als sie die Erkenntnis traf. Hätte der Kidnapper sie als Druckmittel benutzt, um ihren Vater zu zwingen, sein Land zu verraten, hätte er es bestritten, damit sie sich nicht ängstigte. Aber das war es nicht, was sie in seinen Augen lesen konnte. Es war Schuld.
Sie ging nicht einmal auf seine Erwiderung ein. „Du bist es mir schuldig. Du bist es Zane schuldig.“
Die Verachtung in ihrem Blick traf ihn hart. „Ich sehe das durchaus nicht so.“
„Du bist der Grund, weshalb ich entführt wurde.“ „Du weißt, es gibt Dinge, über die ich nicht reden kann.“ Er ließ ihre Hände los und ging zu seinem Stuhl zurück, verwandelte sich damit vom Vater zurück in den Botschafter. „Aber du irrst – nur ein weiterer Beweis, wie mitgenommen du noch bist.“
Sie fragte sich, ob Art Sandefer ebenfalls der Meinung wäre, dass sie sich irrte. Trotzdem brachte Barrie es nicht über sich, ihrem Vater zu drohen. Machte sie sich damit ebenfalls zum Verräter? Obwohl sie lange in Europa gelebt hatte und französischen Wein vorzog, deutsche Architektur bewunderte, englische Höflichkeit schätzte, spanische Musik liebte und Italien im Allgemeinen großartig fand, liebte sie ihre Heimat und war stolz auf ihr Land.
Wenn sie schwieg, wurde sie zur Komplizin. Wenn sie blieb, befand sie sich in Gefahr. Die Entführung war einmal misslungen. Das hieß nicht, dass er, der unbekannte, gesichtslose Gegner, es nicht wieder versuchen würde. Ihr Vater wusste, wer es war, dessen war Barrie sicher. Sie konnte sich vorstellen, wie es von jetzt an ablaufen würde. Sie würde die Botschaft nicht mehr verlassen dürfen, oder wenn, dann nur mit einem Trupp bewaffneter Leibwächter. Sie würde zur Gefangenen der Angst ihres Vaters werden.
Es gab keinen Ort, an dem sie sich sicher fühlen konnte. In der Botschaft zu bleiben allerdings vergrößerte die Gefahr nur. Außerhalb hatte sie zudem bessere Chancen, Zanes Aufenthaltsort ausfindig zu machen. Schließlich konnte Admiral Lindleys Einfluss nicht über den gesamten Globus reichen. Je weiter sie Athen hinter sich ließ, desto geringer seine Autorität.
Barrie sah ihren Vater geradeheraus an, wohl wissend, dass sie die engen Bande der letzten fünfzehn Jahre zerschnitt. „Ich fahre nach Hause“, verkündete sie. „Nach Virginia.“
Zwei Wochen später saß Zane auf der Veranda seines Elternhauses auf Mackenzie’s Mountain über dem kleinen Städtchen Ruth,
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