Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
war gerade auf die undurchdringliche Stahlwand seiner Überzeugungen gestoßen. Ehre, das war nicht nur ein Wort für ihn, das war seine Lebenseinstellung. „Was, wenn es dein Vater wäre?“, fragte sie leise.
Ein kurzes Zucken um seinen Mund sagte ihr, dass sie einen Nerv getroffen hatte. „Ich weiß es nicht“, gab Zane zu. „Ich hoffe, ich würde dann das Richtige tun … Aber ich weiß es nicht.“
Es gab nichts mehr, was sie noch sagen konnte. Das Einzige, was ihr übrig blieb, war, selbst ihren Vater zu warnen.
Barrie entzog sich Zanes Griff und stand auf. Er ließ sie gehen, auch wenn er sie nicht aus den Augen ließ, nur für den Fall, dass sie erneut einen Schwächeanfall bekam oder sich übergeben musste oder Zane eine Ohrfeige versetzen wollte. In ihrem Zustand war das alles gut möglich – sollte sie ihre Selbstbeherrschung auch nur ein wenig schleifen lassen. Nichts davon würde sie tun … das wäre nur Zeitverschwendung.
Sie wickelte sich in den übergroßen Bademantel ein, wie sie sich einst in Zanes Hemd gewickelt hatte. „Was genau macht dein Bruder eigentlich?“ Barrie brauchte so viele Informationen wie möglich, wenn sie ihrem Vater helfen wollte. Vielleicht war das falsch, aber darüber würde sie sich später den Kopf zerbrechen und sich den Konsequenzen stellen. Sicher, sie agierte jetzt rein nach Gefühl und aus blindem Vertrauen, aber das war die einzige Möglichkeit, die ihr noch blieb. Wenn sie ihren Vater als den Mann beurteilte, den sie ihr ganzes Leben lang gekannt hatte, dann musste Barrie darauf vertrauen, dass er ein Ehrenmann war. Trotz der Unterschiede zwischen ihm und Zane glichen sich die beiden Männer in dieser Hinsicht völlig: Ehre war ihr Leben.
Zane erhob sich. „So genau brauchst du das eigentlich nicht zu wissen.“
Zum ersten Mal fühlte Barrie Wut in sich aufschäumen. „Ein einfaches Nein hätte genügt, auch ohne Sarkasmus.“
Er betrachtete sie forschend, dann nickte er knapp. „Du hast recht. Tut mir leid.“
Barrie stapfte ins Bad und schlug die Tür lautstark hinter sich zu. In dem kleinen Raum war es heiß, Dampf hing in der Luft wie dichter Nebel. Barrie drehte die Dusche ab und schaltete die Entlüftung ein. Keine einzige Falte war noch in dem Seidenkleid zu sehen. Eilig zog Barrie die Unterwäsche an, die sie mit ins Bad gebracht hatte, und schlüpfte in das Kleid. Sie musste an dem Stoff ziehen und zerren, da die leicht feuchte Seide an ihrer Haut kleben blieb. Sie trieb sich zur Eile an. Wie viel Zeit blieb ihr, bevor das Frühstück in die Suite gebracht wurde?
Der Spiegel war dick beschlagen. Mit einem Handtuch rieb Barrie ein Stück in der Mitte trocken, kämmte sich und legte ein Minimum an Make-up auf. Mehr wäre in der feuchten Luft nur verlaufen, und sie wollte so normal wie möglich aussehen.
Himmel, der Ventilator machte so viel Lärm, vielleicht hatte sie den Zimmerservice ja gar nicht gehört! Schnell schaltete sie das Gebläse aus. Andererseits – wäre das Frühstück da, hätte Zane bestimmt an die Tür geklopft. Nein, beruhigte sie sich, es ist noch nicht serviert.
Sie versuchte sich zu erinnern, wo sie ihre Handtasche abgelegt hatte. Barrie würde sie holen und sich aus der Suite schleichen, ohne dass Zane es merkte. Er hatte ein äußerst feines Gehör, und er würde auf sie warten. Das Frühstück würde wohl im Wohnraum serviert werden. Vorsichtig, wie er war, würde Zane den Kellner nicht aus den Augen lassen. Das wäre also der einzige Moment, in dem Zane abgelenkt war – und die einzige Möglichkeit für Barrie, unbemerkt zur Tür hinauszuschlüpfen. Nicht gerade viel Zeit. Zane würde nach ihr rufen, sobald der Kellner gegangen war. Wenn der Aufzug auf sich warten ließ, wäre ihr Plan schon gescheitert. Sie konnte natürlich auch die Treppe nehmen, aber dann wäre Zane mit dem Aufzug schneller in der Lobby und würde Barrie unten erwarten.
Sie zog die Badezimmertür einen Spalt auf, sehr vorsichtig, damit Zane das Klicken des Schlosses nicht hörte.
„Was treibst du denn da?“, rief er. Es klang, als würde er direkt hinter der Schlafzimmertür auf sie warten.
„Ich schminke mich“, fauchte sie ungnädig. Was stimmte. Sie tupfte sich den Schweiß von der Stirn und nahm erneut den Puder zur Hand. Ihre Wut war verraucht, aber das brauchte Zane nicht zu wissen. Sollte er ruhig denken, sie sei immer noch aufgebracht. Eine verärgerte schwangere Frau hatte jedes Recht dazu, in Ruhe gelassen zu werden.
Es
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