Die Ehre der MacKenzies (German Edition)
klopfte an der Suitetür, und eine Stimme rief: „Zimmerservice!“
Barrie drehte den Wasserhahn auf, das Rauschen würde mögliche andere Geräusche übertönen. Sie lugte durch den Spalt und sah Zane zur Tür gehen. Er trug sein Waffenhalfter. Gut. Seine Aufmerksamkeit würde also ganz auf den Kellner gerichtet sein.
Barrie schlüpfte aus dem Bad, achtete darauf, die Tür wieder in die gleiche Stellung zu bringen, und huschte zu der Seite im Schlafzimmer, wo Zane sie nicht sehen konnte. Ihre Handtasche lag auf einem Stuhl. Ein Griff, und Barrie hielt sie in den Händen. Hastig zog sie ihre Schuhe an.
Sie hörte das Rattern des Servierwagens und das höfliche Geplauder des Obers, der den Frühstückstisch deckte. Zanes Waffe machte den Mann nervös, Barrie konnte Verunsicherung in seiner Stimme ausmachen. Umso besser. Das wiederum würde nämlich Zane noch mehr auf den Mann achten lassen. Wahrscheinlich verfolgte er mit Adleraugen jede Bewegung des armen Menschen.
Jetzt kam der schwierige Teil. Barrie schlich sich zu der offen stehenden Doppeltür des Wohnraums. Erleichtert sah sie, dass Zane mit dem Rücken zu ihr stand. Er beobachtete den Ober, während er auf das Wasserrauschen im Bad lauschte. Der Trick mit dem Wasserhahn funktionierte offensichtlich.
Doch ihr Ehemann war kein durchschnittlicher Mann. Ihm unbemerkt zu entkommen, selbst für fünf Minuten, würde nicht einfach sein.
Sie holte einmal tief Luft, stahl sich Richtung Ausgang, jeder Nerv in ihrem Körper zum Zerreißen gespannt. Jeden Moment erwartete sie eine stählerne Hand auf ihrer Schulter zu spüren. Sie erreichte die Tür im Schlafzimmer, die auf den Gang hinausführte, und hielt die Kette fest, während sie sie vorsichtig abzog. Die nächste Hürde war das Schloss. Barrie stellte sich ganz nah davor, ihr Körper würde den Laut, den das Drehen des Schlüssels verursachte, dämpfen. Sie drehte langsam. Das Klicken war selbst für sie kaum zu hören.
Jetzt die Klinke. Barrie konzentrierte sich. Flüssig und verhalten zugleich, so musste sie die Klinke herunterdrücken. Das kleinste Geräusch, und sie wäre ertappt. Wenn jetzt jemand über den Korridor ging und sich unterhielt, würde Zane sofort aufmerksam. Und sie wäre ertappt. Ein zu langsamer Lift, und sie wäre ertappt. Alles musste jetzt perfekt ablaufen, sonst hatte sie nicht die geringste Chance.
Wie viel Zeit blieb ihr noch? Sie glaubte, schon unendlich viel Zeit verbraucht zu haben, dabei waren es bestimmt nicht mehr als eine, maximal zwei Minuten. Aus dem Wohnraum drang das Klappern von Geschirr zu ihr herüber, der Kellner deckte also noch den Tisch. Barrie zog die Tür auf und schlüpfte hinaus auf den Korridor. Die Tür geräuschlos zu schließen war genauso aufreibend wie das Öffnen.
Barrie nahm die Hand von der Klinke und rannte zum Lift. Sie erreichte den Aufzug, ohne Zane hinter sich zu hören, und drückte den Knopf. Das Licht der Anzeige leuchtete auf, mehr nicht. Der Aufzug stand nicht bereit, er war erst auf dem Weg in die Etage.
„Bitte“, flehte Barrie nervös. „Nun komm schon.“
Ihren Vater vom Hotelzimmer aus anzurufen wäre unmöglich gewesen. Zane hätte das Gespräch sofort unterbrochen. Außerdem war sie sicher, dass das Telefon ihres Vaters abgehört wurde. Anrufe konnten also zurückverfolgt werden. Sie war bereit, ihren Vater zu warnen, aber sie würde nichts tun, was Zane oder ihr Baby in Gefahr bringen konnte. Mit einem Anruf würde sie die Entführer vielleicht direkt zum Hotel führen. Sie musste also ein öffentliches Telefon finden, möglichst ein paar Straßen vom Hotel entfernt.
Am Ende des Ganges hörte sie den Servierwagen aus der Suite rattern. Mit hämmerndem Herzen starrte sie auf die geschlossenen Lifttüren, rief den Lift in Gedanken verzweifelt herbei. Ihr blieben maximal noch ein paar Sekunden …
Das Ankunftsklingeln ertönte, die Türen glitten auf. Barrie sah sich um, als sie einstieg. Ihr stockte der Atem. Zane schrie nicht, und er rief auch nicht ihren Namen. Er gab keinen Ton von sich, sprintete in Höchstgeschwindigkeit den Korridor entlang auf den Aufzug zu. In seinen Augen loderte pure Wut.
Er war fast da.
Voller Panik drückte Barrie gleichzeitig die Knöpfe für die Lobby und die Tür. Sie wich von der Tür zurück, als Zane sich nach vorn warf, um mit einer Hand die Lichtschranke zu unterbrechen.
Er schaffte es nicht ganz. Die Türen schlossen sich, die Kabine setzte sich in Bewegung. Barrie zuckte zusammen, als
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