Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
lang hatte er das hübsche Mädchen nicht mehr zu Gesicht bekommen. Die Geiselnahme durch den verfluchten Ritter lag nun schon so viele Monate zurück, aber dennoch hatte sie in Kosi einen so heftigen Schock hinterlassen, dass sie seitdem nur noch krank daniederlag. Während des ganzen Herbstes und auch den ganzen langen Winter hindurch war Paddie fast täglich um das Haus ihrer Familie geschlichen, um auch nur einen einzigen kleinen Blick zu erhaschen. Aber alles war vergebens. Nicht ein einziges Mal bekam er auch nur Kosis Nasenspitze zu sehen. Und die Antworten ihrer Familienmitglieder waren ebenfalls immer die gleichen: Fieber, Übelkeit und Schüttelfrost.
     Bis in den Spätherbst hinein hatte Paddie oftmals heimlich Blumen vor ihre Tür gelegt. Aber auch als der Frost kam, ersann er sich immer wieder neue kleine Geschenke. Ein handgeschnitzter Kamm aus der Schaufel eines Elches, eine Fibel, aus einem sorgfältig gehämmerten Stück Kupfer, aber auch vier selbst gegerbte weiche Biberfelle waren darunter. Mit viel Geduld und Ausdauer war es Paddie gelungen, die schlauen Nager an den Ufern der Peenareka (Peene) zu erlegen. Aber ob Kosi die kleinen Aufmerksamkeiten auch tatsächlich gefielen, das konnte er nur aus tiefstem Herzen hoffen.
     »He, Alter, was ist mit dir?«, riss Rapak ihn aus seiner Traurigkeit und versetzte ihm einen derben Knuff in die Seite.
     »Ach, nichts weiter«, seufzte Paddie und gab ein gequältes Lächeln von sich.
     »Schaut euch mal die kleine Jantar an, wie ungeschickt sie sich anstellt!«, rief Bikus dazwischen und wies lachend auf ein feistes Mädchen, dessen Händen gerade eine widerspenstige Rute entglitten war.
     »Altes Lästermaul«, folgte prompt die Antwort, »komm lieber her und hilf mir!«
     Bikus riss mit gespieltem Entsetzen die Arme empor.
     »Ich? Bei allen Göttern, das ist doch Frauenarbeit. Nein, nein, meine Liebe, mach das mal schön allein. Das ist doch keine Arbeit für gestandene Männer.«
     »Männer?«, lachte Jantar zurück.
     »He«, wandte sie sich an ihre Begleiterinnen, »seht ihr hier irgendwo Männer?«
     Währenddessen nun ein glockenhelles Gelächter einsetzte, lehnte sich Rapak weit nach hinten und zog einen glucksenden Ziegenbalg unter einem Laubhaufen hervor.
     »Komm Paddie, das muntert auf!«
     »Wo hast du denn den schon wieder her?«
     »Der war überzählig«, grinste Rapak übers ganze Gesicht und warf seinem betrübten Freund den schweren Ledersack in den Schoß.
     »Heute ist Feiertag«, erklärte der große Schwarzhaarige, »und da du es wohl am nötigsten hast, soll dir auch der erste Schluck zustehen.«
     Bikus wurde hellhörig.
     »Und dann bin ich aber als Zweiter an der Reihe. Ich habe es nämlich auch nötig, weil mein Mund schon ganz trocken ist.«
     »Von mir aus«, winkte Rapak großzügig ab.
     Der Reihe nach tranken die Freunde nun den süßen Met, wobei Bikus wie immer kein Maß fand.
     Es dauerte auch gar nicht lange, bis ihnen der Alkohol zu Kopfe stieg. Bikus Zunge begann, wie von selbst, immer neue Neckereien zu ersinnen, mit denen er die jungen Frauen zu ärgern gedachte.
     Paddie wurde indessen immer bedrückter und hätte sich am liebsten in irgendeine einsame Ecke verkrochen. Bei ihm bewirkte der starke Honigwein das genaue Gegenteil von dem, was Rapak beabsichtigt hatte. Ihm war einfach nur noch zum Heulen zumute. Er stützte seinen Kopf mit den Händen ab und stierte auf seine Füße.
     »He, Paddie, Kopf hoch«, versuchte Rapak ihn zu trösten und legte ihm seinen Arm auf die Schulter. Nach dem Grund der Niedergeschlagenheit seines Freundes brauchte er nicht zu fragen, denn von Paddies Nöten wusste er schon lange.
     »Was ist denn mit ihm? Ist er krank?«, bemerkte Bikus nun endlich auch etwas vom Kummer seines Freundes.
     »Liebeskummer«, antwortete Rapak mit verschwörerischer Stimme.
     »Ach so! Und ich dachte schon, es ist etwas Schlimmes.«
     Bikus wandte sich ab und widmete sich wieder den emsig flechtenden Frauen zu. Dass er sich, aufgrund des Alkohols, immer häufiger mit seinen eigenen Worten verhedderte, störte ihn nicht im Geringsten.
     »Ob sie wohl noch lange krank sein wird?«, brach Paddie nach einer geraumen Weile sein Schweigen.
     »Hm, schwer zu sagen«, grübelte Rapak.
     »Der Krieve hat sie in der letzten Zeit kaum noch besucht. So hat es mir jedenfalls ihre kleine Schwester vor ein paar Tagen erzählt.«
     Während Paddie einen tiefen Seufzer von sich gab, versetzte

Weitere Kostenlose Bücher