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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und trat ein paar Schritte zurück. Von einem Ohr zum anderen grinsend breitete er seine Arme aus. Der Schalk leuchtete in seinen Augen, als er in die Mitte seiner Freunde trat und ihnen beide Hände auf die Schultern legte.
     »Seht doch mal genau hin«, forderte er.
     Ein schwarzer Stierkopf mit weit aufgerissenem Maul und goldener Krone zwischen den weit geschwungenen Hörnern starrte sie mit großen Augen angriffslustig an. Paddie löste seine Hände von den Schultern der Freunde und wies schwankend auf ihr Stammessymbol.
     »Dem fehlt doch was!«
     »Wieso«, hicks, »was soll ihm denn«, hicks, »fehlen?«, versuchte Bikus gegen seinen Schluckauf anzukämpfen. Rapak zuckte hingegen nur ratlos mit den Schultern und kniff ein Auge zusammen, um besser sehen zu können.
     »Na, der hat doch gar keine Zunge«, kicherte Paddie und streckte zum Beweis seine eigene weit heraus.
     »Is’ doch gar kein Wunder, wenn sich unsere Feinde nich’ vor uns fürcht’n!«
     »T’cha«, dämmerte es Rapak, »was für’n Glück wir haben, dass du’s gemerkt hast!«
     »Richtig«, hicks, »das müssen wir aber«, hicks, »schnell ändern!«
     Mit kurvenreichen Schritten bewegte Paddie sich auf den Schild zu, ließ sich davor auf die Knie fallen und hatte auch schon den Zeigefinger in den Farbtopf eingetaucht. Langsam und mit behutsamen Strichen mahlte er dem Stierkopf eine weit heraushängende Zunge ans Maul, währenddessen ihm die Farbe am Handgelenk heruntertropfte.
     »So fertig!«, freute er sich und stemmte sich mühsam in die Höhe.
     Anerkennend musterten seine Freunde das geniale Werk ihres Paddies.
     »Wie echt«, hicks.
     »Das wird unser’n Feinden abers Fürcht’n lehr’n!«
     »Paddie is’ der Größte«, hicks.
     »Da wird sich unser alter Fürst aber freu’n!«
     »Jawohl!«, hicks.
     Etwas umständlich, damit die frische Farbe nicht verschmierte, trugen die Freunde den Schild zurück in die Rüstkammer und vergaßen auch den kleinen Farbtopf nicht. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand von ihnen ahnen, dass schon bald darauf alle Stiere der umliegenden Slawenstämme eine weit herausgestreckte Zunge haben würden.
     Als die drei Halbwüchsigen die Burg verließen, hatte die Dämmerung eingesetzt. Die meisten Bewohner ihres Dorfes, aber auch viele Freunde und Bekannte aus den Nachbardörfern hatten sich im großen Halbkreis um das symbolische alte Jahr versammelt und warteten gespannt auf den festlichen Höhepunkt. Der Krieve hatte ein weißes Tuch vor der Strohpuppe ausgebreitet und warf drei schwarz-weiß gefärbte Holzstäbchen in die Höhe, um die Zukunft vorherzusagen.
     Etwas am Rande des Geschehens, dort wo der Hammel und das Schwein sich über einem Feuer drehten, standen drei Spielleute und versuchten mit Flöten und Trommeln eine fröhliche Stimmung zu verbreiten.
     Paddie, Rapak und Bikus zog es hingegen zu einer Gruppe Männer hin, die laut lachend um ein dickbauchiges Metfass standen und sich aus riesigen Trinkhörnern immer wieder aufs Neue zuprosteten. Paddie sah sich immer wieder verstohlen nach allen Seiten um, aber seine herrliche Kosi hatte er bisher noch nirgendwo entdecken können. Ob sie am Ende doch nicht kommen konnte?
     »Trinken wir auf eine Ernte im Überfluss!«
     »Auf fettes und gesundes Vieh!«
     »Auf dass alle verfluchten Steuereintreiber im tiefsten Sumpfe ersaufen mögen!«
     »Die Dämonen der Finsternis sollen sie holen!«
     Solche und ähnliche Trinksprüche machten die Runde und es gab unzählige Gründe, immer wieder aufs Neue anzustoßen.
     Ehe sich die Freunde versahen, bekamen auch sie ein gefülltes Trinkhorn in die Hand gedrückt und mussten mit den Erwachsenen anstoßen.
     »Auf die Jugend!«
     »Auf dass sie unser Erbe in Würde halten möge!«
     Nachdem er, viel zu hastig, das dritte Horn geleert hatte, war es selbst für den trinkfesten Bikus genug. Seine Augenlider klappten wie von selbst nach unten und sein Körper begann gefährlich zu wanken. Paddie und Rapak konnten gerade noch zugreifen, um das Schlimmste zu verhindern. Nur unter Aufbietung ihrer geeinten Kräfte gelang es ihnen, den schwergewichtigen Freund beiseite zu schleppen. An jenem Laubhaufen angelangt, wo zuvor der Weinschlauch versteckt war, ließen sie Bikus einfach hineinplumpsen. Genau so, wie ihr Freund in das raschelnde Laub hineinfiel, genau so blieb er auch liegen und stimmte augenblicklich ein fürchterliches Schnarchkonzert an.
     In diesem Moment erhellte

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