Die Ehre der Slawen
Zugeständnissen zwingen. Bei einer gegenseitigen Einigung könnte auf diese Weise viel Blutvergießen verhindert werden.«
»Ein guter Plan!«, nickte Witka respektvoll.
»Das war er auch. Aber nun weiter: An der Furt angekommen erkannte der König schnell, dass ihn unsere Krieger am gegenüberliegenden Ufer erwarteten. Er ließ ein Lager errichten, um sich für den bevorstehenden Kampf zu rüsten. Noch wusste er nicht, dass das gegenüberliegende Ufer inzwischen befestigt war und sich in seinem Rücken eine weitere Heerschar einfand. So sah er für den nächsten Tag nur einen ruhmreichen Sieg voraus und wurde unachtsam. Jenseits der Furt lag nun unser Fürst Stoignev auf der Lauer und beobachtete abwartend das Treiben der verhassten Deutschen. Sein Bruder Nacco hingegen ließ in der Zwischenzeit entlang der schmalen Landzunge nun ebenfalls Wälle aufwerfen, die er ebenso wie sein Bruder zu sichern verstand. Nun besaß Ottos Armee wahrlich ein weiteres unüberwindbares Hindernis in seinem Rücken. Der mächtige Löwe saß in der Falle.«
Die Augen des Vaters begannen zu leuchten, als er triumphierend die Arme erhob. Stephan hingegen, der immer noch hinter dem Futtersack stand, warf einen missbilligenden Blick in Paddies Richtung und schüttelte leicht mit dem Kopf. Schnell zog Paddie seine neugierige Nase etwas zurück, als er die Blicke des Cholps auf sich ruhen spürte.
Sein Vater stand jedoch mit dem Rücken zu ihm und hatte den heimlichen Lauscher noch nicht bemerkt. Leidenschaftlich erzählte er weiter: »Der Plan unserer Fürsten schien aufzugehen. Alle Versuche der Deutschen, die Falle zu überwinden, wurden erfolgreich zurückgeschlagen. Von jeglichem Nachschub abgeschnitten schrumpften die Vorräte der verhassten Feinde so schnell dahin wie der letzte Schnee in der warmen Frühjahrssonne. Hunger und Krankheiten breiteten sich in ihrem Heer aus, sodass man wohl annehmen durfte, sie würden ihren Feldzug abbrechen und zu Verhandlungen bereit sein.
Fast drei Wochen lagen sich nun die beiden Heere gegenüber, ohne dass unser Feind einen Übergang erzwingen konnte, dabei wurde sein Heer immer schwächer. Scheinbar aus höchster Not geboren schickte Otto schließlich den Markgrafen Gero zu unserem Fürsten Stoignev, um Friedensverhandlungen aufzunehmen. Die Botschaft des Königs spiegelte jedoch nur seinen Hochmut und seine Überheblichkeit wider. Graf Gero bot unserem Fürsten nämlich den Frieden an, wenn er sich dem Willen des Königs unterwerfen würde. Der Bote verwies auf die bessere Bewaffnung und Größe seines Heeres und prahlte mit dem zuvor errungenen Sieg über die Magyaren. Natürlich war dieses Friedensangebot für unseren Fürsten ein blanker Schlag ins Gesicht und so lehnte er stolzen Hauptes ab.«
Langsam senkte der Vater die erhobenen Arme, seine Augen nahmen einen betrüblichen Glanz an. Ein leises Zittern in seiner Stimme verriet, dass seine Geschichte einen entscheidenden Wendepunkt erreicht hatte, der nichts Gutes ahnen ließ.
»Der König ließ daraufhin heimlich die Umgebung nach einem Fluchtweg erkunden, was Geros Mannen letztendlich gelang. Da die Niederungen, in denen sich die Deutschen verbargen, aus einem dichten Birken- und Erlenbruch bestanden und die Höhen mit dichtem Wald und Unterholz bewachsen waren, konnte sich Gero mit einer erlesenen Schar Krieger flussaufwärts bewegen, ohne von unseren mutigen Männern bemerkt zu werden. An der Lenzer Reka fand er schließlich einen geeigneten Übergang. Noch während der Nacht ließ der Markgraf eine Brücke bauen und entsandte seine schnellsten Boten zum königlichen Heerlager. Otto scharrte am nächsten Morgen seine Streitmacht um sich und ließ einen Scheinangriff gegen das unsrige Lager durchführen. Durch einen schweren Beschuss, mittels Pfeilen und Wurfmaschinen, täuschte König Otto einen großen Angriff vor, während der Großteil seines Heeres bereits den Weg zum neuen Übergang sicherte. Als Stoignev diesen heimtückischen Plan endlich durchschaute war es zu spät. Es blieb ihm nichts anders übrig, als seine sichere Deckung zu verlassen und dem gegnerischen Heer am jenseitigen Ufer zu folgen. Da sein Weg aber der längere war, kam er zu spät, um den Übergang noch zu verhindern. In einem Gewaltmarsch versuchte Fürst Nacco nun aufzuschließen, um sich mit den Männern seines Bruders wieder zu vereinigen. Völlig erschöpft und in weit auseinandergezogenen Linien stellten sich die Brüder schließlich,
Weitere Kostenlose Bücher