Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
glühten vor Aufregung, denn die Erzählung seines Vaters war mit Sicherheit nur für Erwachsene bestimmt. Kindern und Jugendlichen wurden die brutalen Geschichten wohlweislich vorenthalten, damit sie des Nachts nicht von schlimmen Albträumen geplagt wurden. Geblendet und ohne Zunge allein durch den Wald zu irren - was für eine grauenvolle Vorstellung!
     »Durch viele ruhmreiche Siege konnte unser stolzes Heer, gleich zum Beginn des furchtbaren Krieges so manche Ländereien jenseits von Elbe und Havel zurückerobern«, fuhr der Vater nach einer kleinen Pause fort.
     »Ländereien, die unsere Völker schon vor vielen Generationen urbar gemacht und bewirtschaftet hatten. Felder und Weiden, die wir vor langer Zeit mit eigenen Händen angelegt hatten und die uns von unseren mächtigen Feinden gestohlen worden waren. Von all unseren alten Stammesgebieten wurden die falschen Herren mit Schimpf und Schande verjagt. Im Westen drang unser Heer bis nach Starigard 5 vor und auch im Süden machten wir erst kurz vor den Toren der Stadt Magdeburg halt.
     Als die großen Brüder Nacco und Stoignev nun endlich glaubten, den Deutschen eine ausreichende Lektion erteilt zu haben, und dass das Wohlwollen Swarozycs wieder gesichert sei, schickten sie sich an, die Waffen niederzulegen. Ihre Gedanken gebaren gerade den Willen nach Ruhe und Frieden, als im Süden ein gewaltige Heer aufzog. Ein mächtiger Heerwurm, gleich einem nimmersatten Lindwurm, so groß, wie ihn noch niemals zuvor ein Slawenauge erblickt hatte, drang in unser geliebtes Land ein. Tausende von gepanzerten Reitern und nochmals doppelt so viele Blutknechte zu Fuß überschritten die Havel. Das Blut der kurz zuvor von Otto I. besiegten Magyaren 6 klebte noch an den Schwertern seiner Knechte, als sie auch schon wie blutrünstige Ungeheuer über unsere Dörfer herfielen. Sie plünderten, mordeten und brandschatzten und hinterließen eine breite Spur von Tod und Leid. Alles, was uns lieb und heilig war, wurde von ihnen zerstört und entweiht.«
     Der Vater machte abermals eine kleine Pause und wischte sich mit dem Ärmel über die feucht gewordenen Augen. Es bereitete ihm große Mühe, über den nächsten Akt des Dramas zu berichten.
     »Da das Heer des Königs der Sachsen unbesiegbar schien, blieb den Brüdern Nacco und Stoignev vorerst nur noch der Rückzug übrig. Wenn sie sich dem Feind auf offenem Feld gestellt hätten, dann wäre daraus ein fürchterliches Gemetzel geworden. Also sannen sie nach einer List, wie sie ihren Feind mit weniger Blutvergießen in die Knie zwingen konnten.
     Am Westufer der Morcze entlang verfolgte Otto unser Heer gen Norden. Als die beiden Fürstenbrüder fliehend das nördliche Ufer umrundeten, hatten sie nur noch einen knappen Tag Vorsprung. Im Eilmarsch ging es nun am östlichen Ufer entlang, gen Süden. An der Reka 7 wollten unsere Fürsten dem Sachsenkönig schließlich auflauern und eine Falle stellen. In aller Eile teilten sie ihre Streitmacht in zwei gleich große Hälften. Stoignev eilte mit seinem Heerteil voraus und durchschritt die einzige Furt der Reka 8 , wobei er absichtlich deutliche Spuren hinterließ. Am jenseitigen Ufer angekommen, gönnte er seinen erschöpften Männern jedoch noch keine Rast. Bis tief in die Nacht hinein mussten sie Wälle aufwerfen und spitze Pflöcke in den Boden graben. Wenn das feindliche Heer am nächsten Tag an der Furt auftauchen würde, dann sollte sein Weiterkommen unmöglich werden.
     Nacco versteckte sich dagegen mit seinen Männern tief im Walde. Er wollte Ottos Armee passieren lassen, um ihnen dann den Rückweg abzuschneiden.«
     »Aber unsere Streitmacht war doch nun geteilt. Da wäre ja Nacco viel zu schwach gewesen, um einen Rückzug des Königs zu verhindern«, warf Witka ein und schürzte skeptisch die Lippen.
     Sein Vater lächelte.
     »Du kennst doch die Gegend um die Reka, oder?«
     Witka nickte, und Paddie in seiner Schlafnische nickte automatisch mit.
     »Also«, fuhr der Vater fort, »wenn jemand, von Norden kommend die Furt durchwaten will, dann muss er erst über eine Landzunge marschieren, die mitten durch ein Sumpfland führt. Er hat also nur einen einzigen Weg zur Verfügung.«
     Witka überlegte kurz, nickte verstehend und fügte hinzu: »Und diese Landzunge kann man dann mit einer viel kleineren Streitmacht gut verteidigen.«
     »Genauso ist es. Und genau dies war der geniale Plan der Brüder. Sie wollten den Herrn der Sachsen in die Zange nehmen und ihn so zu

Weitere Kostenlose Bücher