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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der gerade überstandene Gewaltritt hatten sie nervös gemacht. Nur mit Mühe gelang es den Reitern, sich neu zu formieren.
     Udos einfacher Plan, das Tor mittels eines blitzschnellen Handstreichs zu besetzen, war nicht aufgegangen. Irgendjemand musste dieses Heidenpack gewarnt haben. Wie Schuppen fiel es dem Ritter plötzlich von den Augen: Das Hornsignal, das vor einer Weile bis tief in den Wald hinein deutlich zu hören war, dies war nichts anderes als eine Warnung gewesen.
     Argwöhnisch, mit den erfahrenen Augen eines alten Kämpfers, begann Udo sofort die Verteidigungskraft der Wallanlage abzuschätzen und versuchte einen neuen Plan zu ersinnen.
     Dieses Dorf zu nehmen, das würde bestimmt nicht einfach sein. Wahrscheinlich musste er sich erst auf eine kurze Belagerung einstellen, um Zeit für die notwendigen Vorbereitungen zu finden. Der Ritter wusste genau, dass die Palisaden eine Art Vorburg darstellten und sozusagen die erste Verteidigungslinie dieser Bauerntölpel bildete.
     Lückenlos und solide zogen sich die oben zugespitzten Eichenstämme über den Kamm des kleinen Hügels und reichten an dessen Flanken bis ins tiefe Seewasser hinein. Kein gutes Durchkommen für einen gepanzerten Soldaten. Der Hügel selbst war zu steil, um von den tapferen Mannen in einem Handstreich eingenommen zu werden. Sie kämen zu langsam voran und böten den widerlichen Bogenschützen auf der anderen Seite des Walls ein zu gutes Ziel. Also blieben für einen direkten Angriff nur das Torhaus oder die Palisaden auf der anderen Seite des Dorfes übrig. Womöglich musste Udo sogar noch Flöße bauen lassen, um die Siedlung von der Seeseite aus zu nehmen. Dies war aber umständlich und aufwendig. Also wollte er es zunächst nochmals mit einer List versuchen, kampflos in die Siedlung einzudringen. Was dann kam, nun, das ergäbe sich anschließend wie von selbst.
     Wenn das Dorf erst einmal eingenommen war, mussten sie nur noch die Brücke überqueren und schon ständen sie vor der eigentlichen Burg. Dort, wo das verfluchte Heidenpack seine Vorräte und Schätze einlagerte.
     Getreide, Hirse, Dörrfleisch und all dieses Zeug interessierten Udo nur am Rande. Erfahrungsgemäß lagerten in so einer Burg nämlich noch sehr viel wertvollere Dinge. Waren, die auf den heimischen Märkten einen schönen Batzen Silberheller einbrachten. In erster Linie dachte Udo an süßen Honig und Met, womit sich alle Heiden immer ausreichend bevorrateten. Er rechnete aber auch mit einer größeren Anzahl edler Pelze, wie sie zum Beispiel Marder, Zobel oder Otter lieferten. Allein die Marderfelle wurden von den fahrenden Händlern aus Konstantinopel so heiß begehrt, dass ihr Gewicht zumeist mit klingenden Silbermünzen aufwogen wurde. Mit etwas Glück fände Udo sogar noch ein paar Pfund Hacksilber, das sich diese Barbaren immer gerne für den Notfall zurücklegten.
     Nur mühsam bezwang der Edle seine aufsteigende Gier und versuchte sich erst einmal auf den nächsten Schritt zu konzentrieren. Mit Argusaugen schätzte er den Wall ab und erwog eine Vielzahl von Angriffsmöglichkeiten.
     Als sich aber nach einer geraumen Weile weder am Tor noch auf den Palisaden etwas tat, gab Udo seinem Pferd die Sporen und trabte aus der vordersten Reihe heraus. Mit hoch erhobener Lanze blieb er etwa fünf Pferdelängen vor dem Tor stehen und betrachte die dicken Bohlen argwöhnisch aus nächster Nähe. Kerzengrade und regungslos verharrte er und wartete auf eine Reaktion vonseiten des Dorfes. Nur das Fähnchen an der Spitze seiner Lanze und sein langer Umhang wehten leise im Wind. In seinem Rücken schnaubten unruhig die Pferde seiner Begleiter. Aber im Voraus, da herrschte immer noch eine bedrückende Stille.
     »Ich will euren Dorfältesten sprechen!«, rief er schließlich lautstark aus voller Brust und richtete sich in den Steigbügeln etwas auf. Vom Waldrand rollte ein leises Echo zurück.
     Immer noch erhielt er keine Antwort. Die Siedlung war wie ausgestorben.
     »Ist dies eure viel gepriesene Gastfreundschaft? Lasst ihr müde Reisende immer vor dem Tore darben, ohne ihnen Einlass zu gewähren?«
     Verhaltene Schritte wurden hörbar. Mehrere Leute erklommen auf der anderen Seite des Tores eine hölzerne Treppe, aber so, als hätten sie alle Zeit der Welt. Kurz darauf erschienen Kopf und Oberkörper eines alten Mannes auf dem Wehrgang. Sein schulterlanges silbernes Haupthaar ließ vermuten, dass er sein fünfzigstes Lebensjahr schon längst

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