Die Ehre der Slawen
huschte. Paddie setzte eine feierliche Miene auf, legte seinen Kopf in den Nacken und sprach mit beschwörender Stimme in Richtung der Sterne: »Großer Gott Swarozyc …«, er machte eine kleine Pause und blickte zu seinem andersgläubigen Freund hinüber, »und von mir aus auch du, Gott der Christen …«, ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen, »seid beide unsere Zeugen. Für alle Zeiten, solange diese harten Steine auf dem Grunde des Sees ruhen werden, so ewig soll auch unser Schwur Beständigkeit haben.«
Abermals machte er eine Pause und blickte feierlich seine beiden Mitverschwörer an. Rapak nickte auffordernd, während Thietmars kleinen Kinderaugen vor Aufregung glänzten. Also lenkte Paddie erneut seinen Blick zum nächtlichen Himmel empor und sprach weiter: »All Ihr Götter dort oben, hört unser feierliches Versprechen, was wir für immer und ewig einhalten wollen. Wir drei, so wie wir hier vor Euch stehen, wollen für immer Freunde sein und uns niemals mehr im Stich lassen. Wir wollen uns niemals streiten und immer gegenseitig helfen, sobald einer von uns in Not geraten ist. Mit diesem Schwur wird unser neuer Freund Thietmar zu einem Freund der Slawen. Niemals in seinem Leben wird er einem Sohn oder einer Tochter unseres stolzen Volkes ein Leid zufügen. Und solange er das nicht tut, so lange soll er auch Euer Wohlgefallen finden.« Erneut unterbrach Paddie, holte tief Luft, überlegte kurz und sprach dann weiter: »Ich hoffe doch, oh großer Swarozyc, dass Du durch unseren Schwur nicht mehr auf diesen kleinen Jungen böse bist, der hier reuig vor Dir steht und der doch nur aus der Not heraus dein edles Pferd berührt hatte.«
Nach einem kleinen Seitenblick auf Thietmar ergänzte er: »Wenn dieser kleine Jüngling einst zu einem reifen Mann herangewachsen ist, dann wird er dir noch zusätzlich ein angemessenes Opfer bringen. Stimmt’s, Thietmar?«
Der Knabe nickte eifrig und antwortete begeistert: »Ja, so soll es sein.«
Als die beiden neuen Freunde zufrieden nickten, holte Thietmar tief Luft und fügte dem gerade geleisteten Schwur ein weiteres Versprechen hinzu: »Höre großer Swarozyc, und ich schwöre auch bei meinem Gott, dem du bestimmt schon einmal begegnet bist: Niemals mehr in meinem Leben will ich eine Waffe tragen.«
Paddie und Rapak sahen sich einen Moment verdutzt an, dann nickten sie jedoch zustimmend und legten sich die Steine auf ihre Brust, genau an die Stelle, wo sich ihr Herz befand. Thietmar sah es und tat es ihnen gleich. Dann schleuderten Paddie und Rapak ihre Steine fast gleichzeitig in den See hinaus und auch der Stein ihres neuen Freundes folgte augenblicklich.
»So soll es denn sein«, beendete Paddie den Schwur.
»So und für alle Zeiten«, bekräftigte Rapak.
»Amen«, fügte Thietmar hinzu.
»Amen?«
»Ja, Amen, so sagen wir immer am Ende, wenn wir zu unserem Gott gesprochen haben.«
»Nun denn, so wird wohl alles seine Richtigkeit haben.«
In einiger Entfernung leuchtete der Widerschein eines Lagerfeuers über dem See auf, dem gleich darauf einige weitere folgten. Auch auf der nahen Inselburg und dem kurzen Teil der Brücke, den sie von hier aus noch sehen konnten, tauchten immer mehr Lichter auf, die sich schimmernd auf der dunklen Seeoberfläche widerspiegelten. Vom Lager der Soldaten trug der Wind leises, heiseres Gelächter über das Wasser und erinnerte die drei Jungs an die Nähe des Feindes. Die Zeit schien günstig, um das Lager des edlen Udos auszuspionieren.
Thietmar gähnte indes überaus herzhaft und rieb sich seine übermüdeten Augen.
»Möchtest du lieber hierbleiben und dich ausruhen?«, fragte Paddie verständnisvoll.
»Nein, nein …, ich bin überhaupt noch nicht müde. Wieso fragst du? Was habt ihr vor?«
Paddie neigte den Kopf etwas vor und flüsterte mit verschwörerischer Miene: »Das Lager der Blutsauger auskundschaften.«
»Aber das ist doch bestimmt gefährlich«, entsetzte sich Thietmar, »was denkt ihr wohl, was Udo mit euch macht, wenn er euch erwischt.«
»Ach was, wir passen schon auf.«
Ratlos und zweifelnd blickte der kleine Junge von einem zum anderen.
»Und du bist auch wirklich nicht müde?«, fragte Paddie nochmals.
»Nein, wirklich nicht.«
Rapak zuckte mit den Schultern und übernahm das Kommando: »Dann los, komm mit! Pass aber auf, dass du nicht auf trockene Zweige trittst. Das Knacken hören sonst die Wachtposten und aus ist es mit uns.«
Mit einer
Weitere Kostenlose Bücher