Die Ehre des Ritters (German Edition)
hielt sie am Ellbogen fest, aber Isabel riss sich los, woraufhin ihr Bräutigam sie leicht verwirrt, indes nicht vorwurfsvoll anblickte.
Sie sah ihm in die Augen und konnte ihn nicht länger beiseiteschieben, konnte nicht länger verdrängen, was nun geschehen würde.
Sie würde das Kloster verlassen müssen. Nach all dem, was geschehen war, was sie durchgemacht hatten, musste sie Griffin nun verlassen. Das kurze Glück, das sie genießen durfte, hatte ein jähes Ende gefunden.
»Ich kann nicht …«, keuchte sie. Sie konnte kaum sprechen, abgrundtief schien sich der Boden unter ihr aufzutun, und plötzlich hatte sie das Gefühl zu ersticken. »Oh, Gott, ich … ich bekomme … keine Luft …«
Sie wich zurück, zuerst einen Schritt, dann noch einen, kopfschüttelnd, da ihr die Stimme versagte. Lord Montborne streckte die Hand nach ihr aus, jedoch machte er keine Anstalten, sie mit Gewalt festzuhalten oder ihre Flucht zu verhindern. Seine Hand griff ins Leere, sie war bereits einen weiteren Schritt zurückgewichen, und er sah mit zusammengezogenen dunklen Brauen und grimmiger Miene zu, wie sie auf dem Absatz kehrtmachte und davonlief.
Es war ihr gleich, ob er ihr folgte oder nicht. Ziellos lief sie, den Tränen nahe und von Kummer erfüllt, den Gang hinunter. Am Ende des höhlenartigen Ganges bog sie um die Ecke und stieß in ihrer Hast mit einem der Mönche zusammen. Sie hielt nicht inne, um sich bei dem erschrockenen jungen Bruder zu entschuldigen, zu sehr schwirrte ihr der Kopf, zu heftig war ihr Herz in Aufruhr. Als sie vor sich klare, helle Sonnenstrahlen sah, die einladend eine alte, dunkle Eichentür umgaben, lief sie darauf zu. Sie legte die Hände auf das raue Holz und stieß die Tür auf. Gleich darauf stolperte sie in das warme Tageslicht des Gartens.
Keuchend um Luft ringend rannte sie durch das Labyrinth von Blumenbeeten und Sträuchern. Die Äste eines Erlenstrauchs rissen an ihren Röcken und langen fließenden Ärmeln, als sie blind vor Panik an ihm vorüberlief. Schließlich erreichte sie die trauliche Nische, in der sie und Griffin den vergangenen Nachmittag verbracht hatten.
Und, der heiligen Mutter Maria sei Dank, dort saß er.
»Oh, Griffin!«, rief sie. Er erhob sich von der Grasbank, und sie warf sich in seine Arme. Nach einem stärkenden Atemzug stieß sie hastig die schrecklichen Worte hervor: »Er ist hier … Sebastian of Montborne! Oh, Gott, Griffin, er ist hier. Ich weiß nicht, wie er uns gefunden hat, aber das hat er. Er ist gekommen, um mich zu holen, und ich weiß nicht, was ich tun soll!«
Sie spürte, wie sich seine Arme um sie schlossen, leicht nur, als ob es ihm widerstrebte, sie zu umarmen. Ihr Herz raste immer noch, sie klammerte sich an ihn, und ihr Atem klang schnell und erregt in ihren Ohren, doch nicht so laut, dass sie den schweren Seufzer nicht gehört hätte, der seinen Lippen entwich. Sie spürte seine seltsame Reglosigkeit, seine merkwürdige Zurückhaltung.
Spürte, dass ihn diese schreckliche, unerwartete Nachricht nicht im Geringsten überraschte.
»Du wusstest, dass er kommen würde«, flüsterte sie und lehnte sich zurück, um ihm ins Gesicht zu sehen. Die Wahrheit stand deutlich in seinen Augen geschrieben. Die Stimme versagte ihr beinah. »Hast du … mein Gott, hast du nach ihm geschickt?«
Sein Schweigen war ihr Antwort genug. Fassungslos löste sie sich aus seiner lockeren Umarmung. Ihr war zumute, als hätte er ihr einen Schlag in die Magengrube versetzt. Auch sein Anblick bot ihr keinen Trost; mit undurchdringlicher Miene schaute er stumm auf sie herab. Jeder Muskel in seinem Gesicht schien angespannt, und die Lippen waren fest zusammengepresst. Aber er stritt seinen Verrat auch nicht ab. Der Gedanke war ihr unerträglich, tat ihr zutiefst in der Seele weh.
»Wann?«, fragte sie mit erstickter, belegter Stimme.
Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. »An dem Tag, als ich dich herbrachte. Ich ließ einen der Brüder eine Nachricht an Montborne schreiben und dafür sorgen, dass sie überbracht wurde. Du warst so krank … ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.« Er schüttelte den Kopf und fluchte leise. »Ich dachte, dein Verlobter hätte ein Recht zu wissen, wo du bist.«
»Und was ist mit mir?«, zürnte sie kummervoll. »Du hättest mir sagen sollen, dass du nach ihm geschickt hast. Ich hatte ein Recht darauf, es zu erfahren …«
»Ja, das hattest du«, gab er zu. »Ehrlich gesagt hatte ich nicht angenommen, dass es von Bedeutung
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