Die Ehre des Ritters (German Edition)
nicht mitteilen. Obwohl er einen Teil davon selbst enthüllt hatte, konnte es ein Fehler sein, ihm alles zu bereitwillig anzuvertrauen. Es konnte sie sogar in Gefahr bringen. Sie und Griffin wollten weiterreisen, sobald das Wetter aufgeklart hatte, was gewiss nicht mehr lange dauern konnte.
Und dann?, fragte sie sich. Es standen ihnen mehrere Tage weiteren Davonlaufens und Versteckens bevor. Mehrere Nächte, in denen sie mit Griffin allein sein würde.
Viel zu viele Gelegenheiten, die sie in Versuchung führen konnten.
Sie wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis sie dieser Macht, die Griffin auf sie ausübte, nachgeben würde. Diesem seltsam brennenden, verruchten Gefühl, das bewirkte, dass sie sich nach seinem Kuss sehnte und das ihren Schoß mit prickelnder, sündiger Begierde erfüllte. Die Scham über das, was sie beinahe mit ihm getan hätte, das Wissen, dass sie fast alles für die Wonne seiner Berührung gegeben hätte, lastete in diesem Moment unerträglich schwer auf ihr. Sie war eine schwache Frau. War ihr das vorher noch nicht klar gewesen, so konnte sie es nun nicht länger leugnen. Wenn allein der bloße Gedanke an Griffins Liebkosungen in ihr die Sehnsucht weckte, wieder in seinen Armen zu liegen, war es das einzig Sichere – in der Tat sogar das einzig Vernünftige –, sich so weit von ihm zu entfernen wie nur möglich.
»Kind«, sagte Pater Aldon, »Ihr müsst Eure Sorgen nicht allein tragen. Lasst mich Euch helfen.«
Isabel blickte in das lächelnde Gesicht des Pfarrers und wusste nicht, was sie tun sollte. Sollte sie sich ihm anvertrauen? Griffin hatte sie freilich davor gewarnt, jemand anderem als ihm zu trauen. Doch sie wusste nicht, ob er das getan hatte, um sie oder seine eigenen Interessen zu schützen. Hatte er das nur gesagt, um sie von sich abhängig zu machen, um sicher sein zu können, dass sie nicht jemand anderen um Hilfe bat und ihm damit die Chance verdarb, von Sebastian belohnt zu werden? Bot ihr die Kirche nicht größeren Schutz?
Aber was würde aus Griffin werden? Er war nun ein Gesetzloser und wurde gejagt, weil er mit ihr zusammen war. Wenn Doms Männer sie auf der Straße einholten, würden sie ihn sicher bestrafen, vielleicht sogar unverzüglich töten. Trotz allem, was zwischen ihnen geschehen war – vielmehr gerade dessentwegen, was sie bisher gemeinsam erlebt hatten –, konnte Isabel den Gedanken nicht ertragen, dass Griffin ein Leid zustieß. Schlimmer noch, sie konnte es nicht ertragen, dass sie der Grund dafür sein würde, wenn ihm ein Leid zustieß.
Hatte sie nicht Gott um Hilfe gebeten? Hatte sie ihn nicht gebeten, ihr einen Weg aus ihrem Schmerz und ihrer Verwirrung aufzuzeigen? Vielleicht war das sein Zeichen. Vielleicht wäre die Enthüllung ihrer Lügen vor Pater Aldon – und sein Hilfsangebot – tatsächlich Gottes Antwort auf ihre Gebete. Vielleicht wäre der sicherste Weg nach Montborne ein Weg, den sie allein gehen musste, mit Gottvertrauen.
Ohne Griffin.
Erneut drohte sie der Sturm der Gefühle zu überwältigen und sie schluckte schwer, um den Kloß der Schuld und Beklommenheit, der ihr ob ihrer Entscheidung in der Kehle saß, zu vertreiben, ehe sie dem erwartungsvollen Blick des Priesters begegnete. »Ich muss zur Burg von Montborne im Norden, Pater – mein Leben könnte davon abhängen. Könnt Ihr mir bis zu meiner Ankunft dort den Schutz der Kirche zusichern?«
»Ja, natürlich, mein liebes Kind.« Pater Aldon nickte und ergriff ihre Hand. »Ihr habt die richtige Entscheidung getroffen«, versicherte er ihr lächelnd, ein Inbegriff von Güte und Verständnis. »Ich werde sofort alle nötigen Vorkehrungen veranlassen.«
Selbst noch eine ganze Weile später, nachdem Isabel vor ihm geflohen war, schwirrte Griffin der Kopf. Nicht in der Lage, sich ihrem gerechten Zorn zu stellen, hatte er die Burg verlassen und war zu den Ställen gegangen. Nachdem er den Regen abgeschüttelt hatte, nickte er grimmig den beiden Knappen zu, die dort saßen und Rüstungen putzten. Er ging an ihnen vorbei und suchte die Box, in der ihre beiden Pferde untergebracht waren. Er war erfreut, als er sie schließlich am hinteren Ende der Stallung fand, denn er brauchte jetzt dringend Ruhe und Einsamkeit.
Zeit zum Nachdenken, um sich darüber klar zu werden, was er fühlte, und wichtiger noch, was er deswegen zu tun gedachte. Er war schrecklich grausam zu Isabel gewesen, hatte sich wie ein brutaler Schuft benommen, sie wie ein vor Lust besinnungsloser Jüngling
Weitere Kostenlose Bücher