Die Ehre des Ritters (German Edition)
hatte aufnehmen wollen. Sein Vater indes hatte ihm diesen Wunsch verwehrt, weil er fürchtete, der Mischling würde Krankheiten und Schmutz nach Droghallow bringen. Nicht nur, dass er Dom sein erstes eigenes Haustier verweigerte, er zwang ihn obendrein, den jungen Hund in einen Getreidesack mit Steinen zu stecken und im Fluss zu ertränken. Dom hatte es nicht gewagt, sich der grausamen Anweisung seines Vaters zu widersetzen, obwohl es ihn innerlich zerriss, ihr folgen zu müssen. Noch viele Monate später – eigentlich immer noch, Jahre danach – verfolgte Dominic das hilflose erstickte Jaulen des Welpen in seinen Träumen.
»Welch trauriger Gedanke, dass dieser kleine Engel möglicherweise kein Zuhause hat«, hatte Alys in ihrer sanften, mitfühlenden Stimme gesagt.
Dom sah Hoffnung in ihren Augen schimmern, spürte mit wachsendem Entsetzen, welche Richtung ihre Gedanken einschlugen. »Vermutlich hat man ihn nur verloren«, warf er mit wütender Miene ein, weil der Säugling in Alys’ Armen fröhlich gluckste und krähte. »Wahrscheinlich sucht ihn schon jemand. Er muss ja irgendwo hingehören.«
Alys’ verstehendes Lächeln machte ihn nur noch zorniger. Sie sah ihren Gatten an. In ihren Augen standen Zuneigung und ein weiteres nicht zu deutendes Gefühl. »Vielleicht sollten wir ihn bei uns behalten, Mylord«, schlug sie vor, »bis wir Genaueres wissen.«
Dom hatte in der sonnenbeschienenen Mitte des Privatgemachs seines Vaters gestanden und darauf gewartet, dass Robert of Droghallow Alys’ Bitte ablehnen würde und ihren geretteten Welpen mit ebensolcher Teilnahmslosigkeit hinauswerfen würde wie damals den seinen. Er wartete darauf, dass der ihm ach so vertraute strenge Blick einmal seiner hübschen Stiefmutter galt. Er wartete auf den harten, ungeduldigen Ton in der Stimme seines Vaters, wartete darauf, dass er sie anwies, das Kind und den möglichen Ärger, den es bereiten würde, sofort aus seiner Burg fortzuschaffen.
Dom wartete, aber Robert of Droghallow tat nichts dergleichen. Er ergriff liebevoll die Hand seiner Gemahlin, küsste sie auf die Stirn und begutachtete danach das zappelnde Bündel, woraufhin sich sein Mund zu einem seiner seltenen, flüchtigen Lächeln verzog.
Dom wurde von gleißender Wut gepackt, als er sah, wie Robert of Droghallow nickend seine Zustimmung gab. »Wenn es Euch gefällt, Mylady«, sagte er zu Alys in zärtlichem Ton, »dann gefällt es auch mir.«
»Nein! Das könnt Ihr nicht tun! Das ist ungerecht!«, schrie Dom ungläubig. Es war das erste Mal, dass er in Gegenwart seines Vaters die Stimme erhob. Sein Ausbruch entsetzte ihn ebenso sehr wie alle anderen im Zimmer – und trug ihm eine harte Kopfnuss von seinem Vater ein, der sofort zu ihm herumgewirbelt war.
»Genug, Dominic«, rief Robert of Droghallow mit donnernder Stimme und deutete mit dem Finger auf ihn. »Mein Sohn weint und jammert in meiner Gegenwart nicht herum wie ein kleines Mädchen.«
»Robert, bitte«, tadelte Alys sanft, als sie sah, wie in Doms Augen Tränen aufstiegen und über seine Wangen liefen. »Er ist doch noch ein Kind. Er kann nichts für seine Gefühle. Gebt ihm Zeit, Mylord, dann wird er es schon verstehen.«
Aber Dom verstand es nicht. Er konnte seinen Stiefbruder von Anfang an nicht leiden und betete darum, dass die Familie des Jungen kommen und ihn abholen würde. Er betete darum, dass er einfach aus Droghallow verschwinden würde, und als aus den Wochen seiner Anwesenheit Jahre wurden, tat Dom alles, was in seiner Macht stand, um Griffin zu vernichten. Er begann damit, die Freundschaft zwischen Lord Robert und Griffin unmerklich, aber beharrlich zu hintertreiben und zu trüben. Seine Intrigen endeten erst mit dem Tod des Earls, der mit zweiundvierzig Jahren an Herzversagen starb.
Robert of Droghallow war mit Griffin am Tag seines Todes auf der Jagd gewesen und hatte den schönen Herbsttag genossen, während Dom in seinem Zimmer eine Erkältung auskurierte. Sein Vater war lachend, aber blass und erschöpft zurückgekehrt. Er hatte sich über Verdauungsbeschwerden beklagt und sich zu Bett begeben, um eine Weile auszuruhen.
Alys war besorgt gewesen. Während Griffin die Pferde versorgte und die Beute des Tages zu Droghallows Schlachter brachte, hatte Alys Dom geholt. »Deinem Vater geht es nicht gut, komm schnell«, hatte sie gesagt.
Dom war ins Herrenzimmer geeilt, wo Robert of Droghallow völlig bekleidet und reglos auf den Pelzen seines großen Bettes lag. In diesem Moment
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