Die ehrenwerten Diebe
heraus. Genau genommen wußte ich nur zwei Dinge: daß der Täter am Golfplatz gewesen sein mußte und daß er die Frankfurter Zeitung las. (Später sollte sich herausstellen, daß keine meiner beiden Vermutungen stimmte.)
Evelyn holte mich im Hotel ab. Sie gab sich Mühe, gegen meine schlechte Laune anzugehen, und so entschlossen wir uns zu einem kleinen Bummel durch die Altstadt. Wir landeten in meiner Disco.
Die originelle Bar war vollbesetzt.
»Mach dir nichts draus«, prostete mir Evelyn zu, »was meinst du, wie viele Niederlagen ich einstecken muß.«
Eigentlich hatte sie recht. Es wäre ja auch nicht der erste Fall, der im Misserfolg versandete. Aber ich kam mir einfach vor, als hätte mir die Geschichte Hörner aufgesetzt.
»Kann man dich zum Tanzen bringen?« fragte mich Evelyn.
»Später«, vertröstete ich sie.
Wenn ein Chemiker schon morden will, dann hat er doch ganz andere Möglichkeiten als ein ordinäres und noch dazu nicht sicher wirkendes Pflanzenschutzmittel. Aber vielleicht gerade, widersprach ich mir im nächsten Moment, um sich zu tarnen.
Warum sollte ein Täter seinen Mord durch sinnlose Drohbriefe ankündigen? Warum sollte er sie aus der Frankfurter Zeitung ausschneiden, die doch vorwiegend von Wirtschaftsleuten gelesen wird und durch ihr Schriftbild sofort auffällt?
Ich folgte Evelyns Augen. Auf dem Parkett tummelte sich ein hübsches Paar: Der Mann, leicht und kunstvoll verwildert, führte geschickt. Seine Partnerin ging völlig auf ihn ein. Die beiden mußten schon oft miteinander getanzt haben. Erst bei der Drehung kam mir die schwarzhaarige Schönheit mit dem Madonnenscheitel bekannt vor.
»Ganz recht«, sagte Evelyn. »Timmermanns dritte.«
»Kennst du ihren Begleiter?«
»Nie gesehen.«
Es ließ darauf schließen, daß der Mann nicht zur Elite an Rhein und Ruhr gehörte.
In einem solchen Fall helfen Bardamen weiter.
»Weiß nur, daß er Edi heißt«, sagte eine Blondine nach dem zweiten Drink, »und einen gelben Sportwagen fährt.«
Ich entschuldigte mich einen Moment und klapperte die Straße ab. An der zweiten Ecke, ziemlich kühn geparkt, fand ich den Fiat und notierte mir die Nummer. Vermutlich war es nur Beschäftigungstheorie, eine der spontanen Ideen, die gleich wieder versanden.
Aber ich ging am nächsten Tag zum Polizeipräsidium und stellte fest, daß der gelbe Flitzer auf einen Mann namens Edi Paulsen zugelassen war.
Durch Beziehungen erfuhr ich bei der Kripo, daß Edi ein verkrachter Rennfahrer war, von ein paar unbedeutenden Vorstrafen abgesehen ein unbeschriebenes Blatt.
»Und von was lebt dieser Paulsen?« fragte ich den Kriminalbeamten.
»Wer sagt Ihnen denn, daß er lebt?« erwiderte der lachend. »Er schlägt sich eben durch.«
Ich hatte die Adresse und eine fixe Idee. Vielleicht war der Täter ausnahmsweise einmal am Rande meines Metiers angesiedelt.
Ich ersetzte Kopfarbeit durch Beinarbeit, verschaffte mir ein Bild von Edi Paulsen und klapperte die Zeitungsstände in der Nähe seiner Wohnung ab. Zunächst gab ich ein Trinkgeld, und dann fragte ich die Händler, ob ein Kunde in letzter Zeit mehrere Exemplare der bewussten Frankfurter Zeitung gekauft hätte.
Eine Fehlanzeige folgte der anderen.
Ich wollte schon aufgeben, aber am neunten Zeitungskiosk schien ich Glück zu haben. Eine Frau schüttelte den Kopf, aber ihr Mann, der in einem Bündel Zeitungen gewühlt hatte, drehte sich um und sagte: »Ja, vorgestern erst hat ein Mann die Zeitung gleich viermal gekauft.«
»Können Sie sich an ihn erinnern?«
»Na ja, bei uns kommen viele Leute vorbei. Wir haben meistens Laufkundschaft.«
Ich präsentierte das Foto.
Der Zeitungshändler betrachtete es lange, zu lange. »Das könnte er gewesen sein«, sagte er dann unsicher.
Es war nur eine dünne Fährte, aber letztlich die einzige, deshalb folgte ich ihr.
Ich postierte mich in einem Cafe gegenüber Paulsens Wohnung, beobachtete den Eingang.
Nach einer Stunde kam der Mann heraus, stieg in seinen Wagen und fuhr davon.
Ich bezahlte, ging auf die andere Seite und betrat das altersschwache Mietshaus. Der Verdächtige wohnte im ersten Stock. Seine Wohnung war nur durch ein einfaches Schloß gesichert. Ich horchte, sah mich um, kämpfte ein ganz klein wenig mit meiner Hemmung, dann sperrte ich mit einem Dietrich die Tür auf.
Niemand hatte mich bemerkt, und so begann ich, die Räume zu durchsuchen. Es war eine schlampige Junggesellenburg, und es wäre durchaus verständlich gewesen, wenn ihr
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