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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Mieter versucht hätte, mit allen Mitteln aus diesem Milieu herauszukommen.
    Und sei es über Margot Timmermann.
    Ich suchte lange und vergeblich.
    Nach einer Stunde fand ich im Mülleimer zweimal die gleiche Ausgabe der Frankfurter Zeitung oder vielmehr, was von ihr nach dem Ausschneiden übrig geblieben war.
    Die Lösung – Industriespionage als bloßer Vorwand.
    Ich setzte mich in einen Stuhl und wartete.
    Ich hatte nur schwache Beweise, aber vielleicht brächte mich die Überrumpelung weiter.
    Gegen Mittag kam Edi zurück. Er stand vor mir, drohend und erschrocken zugleich.
    »Was tun Sie hier?« fuhr er mich an.
    »Ich suche einen Mörder.«
    »Verrückt geworden, was?«
    »Hören Sie gut zu, Paulsen«, sagte ich mit Nachdruck. »Sie haben ein Liebesverhältnis mit Frau Timmermann. Sie wußten von ihr von dem Konkurrenzkampf mit den DILLER-Werken. Das brachte Sie auf die Idee, den Mann Ihrer Freundin zu vergiften und gewaltsam den Verdacht auf geschäftliche Vorgänge zu lenken.«
    Er sah aus, als wollte er sich auf mich stürzen, aber meine Worte hatten ihn geschlagen.
    »Ich würde Sie gern im Zuchthaus sehen«, fuhr ich fort, »aber ich muß Ihnen eine Chance geben, um einen Skandal zu vermeiden.«
    Er hob vorsichtig den Kopf. Sein Gesicht war fahl, unstet sein Blick.
    »Verduften Sie spurlos innerhalb von zwei Stunden«, stellte ich ihm meine Bedingungen. »Sonst …«
    Ich ging, ohne mich noch einmal umzudrehen.
    Ich war sicher, daß dieser gescheiterte Gelegenheitsmörder fliehen würde.
    Die Rechnung ging auf, aber das Schlimmste hatte ich noch vor mir: die Aussprache mit Professor Timmermann.
    Sie war kurz und hart.
    Er reichte die Scheidung ein und entschloß sich – wie es hieß, krankheitshalber –, vom Vorstand des PHARMA-Konzerns zurückzutreten und damit der Fusion mit den DILLER-Werken grünes Licht zu geben.
    Evelyn fuhr mich zum Flugplatz.
    »Auf baldiges Wiedersehen«, sagte sie. »Ich meine es wörtlich.«
    »Ich auch«, erwiderte ich und ging durch die Sperre – in Düsseldorf ließ ich einen gelösten Fall und ein offenes Golf-Match zurück.

4
    Sie war nicht zu übersehen. Obwohl sie sich in der Mitte des Getümmels aufhielt, schien es, als tanzte der ganze Bonner Presseball um sie herum. Jedenfalls stahl Sandra Kelly allen anderen die Schau.
    Meine Gedanken gingen fremd, und das war die Italo-Amerikanerin jedenfalls wert: eine reizvolle, ja aufreizende Figur. Ein pikantes Gesicht, dem man den Verstand ohne weiteres ansah. Fast violette Augen. Ein Temperament, das Pferde stahl.
    Sie sah mich und winkte mir zu.
    »Ich glaube, wir sollten Herrn Fabian in allem folgen«, sagte Präsident Molitor in diesem Moment an unserem Tisch. »Ich lasse die Kosten noch einmal durchkalkulieren, dann können wir ihm grünes Licht geben.«
    Der Spitzenmanager der Flugzeugindustrie erinnerte mich daran, daß meine Tänze – selbst hier noch – auf einem anderen Parkett stattfanden. In gemeinsamer Arbeit hatten europäische Firmen einen neuen Senkrechtstarter entwickelt. Ich sollte dafür sorgen, daß sich die üblen Vorgänge um die französisch-britische Concorde nicht wiederholten: Der Russe Sergej Pawlow, Direktor der sowjetischen Luftlinie AEROFLOT in Paris, hatte systematisch Konstruktionsdetails des Überschallflugzeuges zusammenstehlen lassen. Als die Polizeibeamten in der Avenue de Segur 15 bei der Festnahme des Industriespions eine Haussuchung vorgenommen hatten, waren sie auf Berge von Konstruktionsmaterial gestoßen. Kurze Zeit später präsentierten die Sowjets ›ihr‹ fast in allen Details nachgebautes Überschallflugzeug. Es war tragische Ironie, daß es bei einem Demonstrationsflug in der Nähe der französischen Hauptstadt explodierte.
    Eine Nacht lang rieb sich das kleine Bonn den Schlaf aus den Augen. Die Residenz am Rhein hatte sich herausgeputzt. Journalisten und Filmstars, Politiker und Fußvolk posierten vor den Fernsehkameras, und man sah den Fräcken nicht an, daß viele von ihnen aus dem Leihhaus stammten. Es war der übliche Tanz ums Kalte Büfett. In der Luft lag der Geruch von Zigarettenrauch, Miss Dior und Mottenpulver. Die Lobbyisten streuten Gerüchte aus. Die Journalisten kolportierten sie oder ließen es sein. Die Damen zeigen viel bloße Haut und die Diplomaten jede Menge Orden. In dieser Nacht wenigstens konnte man vergessen, daß einer von ihnen gesagt hatte: ›Bonn ist halb so groß wie der Zentralfriedhof von Chicago und doppelt so tot.‹
    »Kennen Sie

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