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Die ehrenwerten Diebe

Die ehrenwerten Diebe

Titel: Die ehrenwerten Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Anhieb.
    »Ich brauche etwas Zeit für die Vorbereitungen«, erklärte ich.
    Cora nickte.
    Grasser fuhr mit dem Wagen heran und hupte. Wir stiegen zu; Cora vorne, ich hinten. Als wäre ich nicht vorhanden, begann er gleich wieder mit dem Süßholzraspeln.
    »Haben Sie eine Ahnung, wie Sie mir gefehlt haben, Cora!« begann er.
    »Nein«, sagte Cora.
    »Heute lasse ich Sie nicht aus; auch wenn Sie müde sind, ein paar Glas möchte ich noch mit Ihnen trinken.«
    »Und dann noch eine Flasche und dann noch eine«, erwiderte Cora lachend. »Dann nach Hause Arm in Arm. Die Vorhänge sind schon zugezogen. Das Licht ist reguliert. Das Tonband läuft. Kein Beat, sanfte Welle, Nostalgie-Geplätscher, nach der Melodie: Man trägt wieder Herz – und Sie haben doch wohl ein ziemlich großes, junger Mann?«
    Peter Grasser betrachtete Cora halb geschmeichelt, halb mißtrauisch. »Ja oder nein?« fragte er.
    »Ich lade Sie auf einen Drink zu mir ein«, sagte sie. »Ab zwanzig Uhr.«
    »Einverstanden«, erwiderte er. »Aber warum bei Ihnen?«
    »Damit ich Sie rechtzeitig hinauswerfen kann«, erwiderte sie.
    Peter Grasser setzte Cora ab und fuhr mich ins Hotel. Ich wartete, bis er um die Ecke gebogen war, und jagte dann mit dem Taxi zu meiner Helferin zurück. Sie hatte eine Maisonette-Wohnung, und das kam meinen Wünschen entgegen. Parterre war der Eingang; Wohnraum und Schlafzimmer befanden sich im Obergeschoß.
    »Es ist nicht schön, aber nötig«, sagte ich und baute ein paar Wanzen ein.
    »Und wo bist du?« fragte sie.
    »Unten«, antwortete ich, »und bevor du einmal um Hilfe rufst, habe ich den Kerl schon zweimal niedergeschlagen.«
    »Nicht nötig«, versetzte Cora und lächelte hinterhältig. »Ich bin ganz gut in Karate.«
    »Kannst du auch kochen?« fragte ich lachend.
    »Alles bis auf weiche Eier, die werden immer hart.«
    Peter Grasser kam auf die Minute pünktlich; er begrüßte Cora mit einem Handkuss.
    »Sie haben getrunken«, stellte sie fest.
    »Zwei Glas«, entgegnete er. »Aus Vorfreude.«
    »Vorfreude worüber?« fragte sie.
    »Auf Sie, Cora.«
    »Irren ist menschlich«, versetzte sie.
    Dann gingen sie nach oben, und ich hatte eingehend Gelegenheit, mittels Kopfhörer zu verfolgen, wie ein Diplomingenieur einer ebenbürtigen Frau im Zeitalter der Gleichberechtigung den Hof macht. Und ich hoffte, kein solcher Stümper zu sein wie dieser Grasser.
    »Ich muß mit Ihnen reden, Cora«, sagte er. »Sie nehmen mich nicht ernst, und das kränkt mich.«
    »Armer Windhund«, spöttelte sie.
    »Sie sehen mich ganz falsch«, fuhr er mit einem leichten Zungenschlag fort. »Ich habe dieses Lotterleben satt. Was haben Sie eigentlich gegen mich?«
    »Nichts«, erwiderte sie. »Aber ich habe auch nichts für Sie.«
    Er kam ins Lamentieren. Und dann folgte der unvermeidliche Heiratsantrag. »Und oberflächlich bin ich gar nicht«, lallte Meissenbachs rechte Hand. »Heute bin ich vielleicht noch der zweite in unserer Abteilung, aber morgen vielleicht schon an der Spitze.«
    »An welcher Spitze?« fragte Cora.
    »Der Entwicklungsabteilung …«
    Das war's.
    Ich setzte voll auf Coras Karate-Künste, falls Grassers Weinerlichkeit der Angriff folgen sollte. Ich witterte Zusammenhänge. Impressionen. Fragmente, aber sie wurden immer deutlicher.
    Ich nahm ein Taxi, ließ es eine Straße früher anhalten, ging zu Fuß. Im Haus von Dr. Meissenbach sah ich einen Lichtschimmer. Dann erkannte ich einen Mann im Schatten der Hauswand, einen der Privatdetektive, mit deren Hilfe ich den Chefkonstrukteur in Frankfurt so abschirmen ließ wie in New York mit den tüchtigen Pinkertons.
    Der Mann erkannte mich. »Alles in Ordnung«, raunte er.
    »Hoffentlich«, erwiderte ich.
    Ich läutete Sturm.
    Es dauerte lange, bis der Hausherr öffnete.
    Er wirkte so verstört, daß er mich im ersten Moment nicht erkannte.
    »Entschuldigen Sie, Doktor«, sagte ich und lief an ihm vorbei in sein Wohnzimmer. »Warum haben Sie sich bei einer anderen Firma beworben?« griff ich ihn an.
    Er gab mir keine Antwort. Mein Blick streifte die Wasser-Karaffe am Tisch und ein Röhrchen Tabletten daneben.
    »Ich muß seit Jahren ein starkes Schlafmittel nehmen«, erklärte Dr. Meissenbach.
    Ich hielt ihm sein Bewerbungsschreiben vor.
    Er zog den Kopf in die Schultern.
    »Und warum kann Sie Peter Grasser erpressen?« drängte ich.
    Im ersten Impuls wirkte er böse, dann erschöpft.
    »Bin zwanzig Jahre in der Firma«, sagte der Chef-Ingenieur mit brüchiger Stimme. »Es war

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