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Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten

Titel: Die Eifel sehen und sterben - 23 kriminell kurze Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Erleichterung dem kulinarischen Hochgenuss hingaben.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete Zurheck, wie Marina und Joe de Winter in ein Taxi stiegen und die Rücklichter in der Dunkelheit verschwanden. Er atmete auf. Diese beiden konnten ihm nichts mehr anhaben. Jetzt nur noch das Dessert und alles war gut.
    Markus Müller, der neue Koch, und Janine, die neue Kellnerin, servierten – nach einer kleinen Pause – Walnussparfait auf Schokoblättchen.
    Vier der vierzig Teller waren etwas Besonderes. Sie waren mit schmalen, grünen Blättchen verziert, die farblich genau zur Tischdekoration passten. Die Gäste, vor denen diese speziellen Teller landeten, waren stolz und fühlten sich auserwählt. Auch der Bürgermeister gehörte zu ihnen, aber er tauschte großzügig mit seiner Ehefrau.
    Zurheck war entzückt über Marinas letzten, unerwartet kreativen Gang und verzieh ihr fast diesen schrecklichen Musikanten.
    Aber nur bis zu dem Augenblick, da – ehe sie noch die Garderobe erreichen konnten – vier seiner Gäste von Krämpfen geschüttelt zu Boden fielen und in dem frisch renovierten Restaurant
Al Capriccio
einen grausamen Tod erlitten, ehe Hilfe geholt werden konnte.
    Zurheck bat den Redakteur vom Käseblatt, den Menschen vom Lokalradio und seine Gäste die unangenehme Angelegenheit um Gottes willen bloß nicht an die große Glocke zu hängen. Er verschenkte zur Besänftigung Maiglöckchensträußchen an die Damen.
    »Ich bitte Sie. Das waren doch nur zehn Prozent meiner Gäste«, erklärte er völlig verzweifelt. »Wollen Sie mich wegen zehn Prozent ruinieren?«

Kohlpudding für immer
    Erich kommt viel zu früh aus der Küche. Ich bin noch nicht fertig. Eine Strebe des Eisengitters fehlt noch. Er marschiert mit langen Schritten direkt auf mich zu und streckt mir seine Auflaufform entgegen wie eine Opferschale. Ich stopfe die kleine Eisensäge in den nächsten Blumenkübel und springe beiseite. Erich erreicht das Eisengitter, das ihn nun nicht mehr stoppen kann. Auch die letzte kleine Strebe schafft das nicht. Es passiert. Erich verschwindet mitsamt Auflaufform von der Bildfläche. Erst als ich das dumpfe, satte und zugleich scheppernde Geräusch des Aufpralls höre, atme ich tief durch, wende mich ab und lasse meine Blicke schweifen.
    Im blauweißen Licht des Vollmondes liegt die Dachterrasse nahezu taghell und schattenlos vor mir. Sie zeigt nach Südosten und bietet einen unverbaubaren Blick über Norden. Norden wird zumeist als Himmelsrichtung verstanden. In der äußersten Nordwestecke der Bundesrepublik Deutschland liegt jedoch unmittelbar an der ostfriesischen Nordseeküste eine Stadt gleichen Namens, die Stadt Norden. So der offizielle Wortlaut unseres Tourismusbüros.
    Das Haus, in dem ich wohne, ist keines der stattlichen Bürgerhäuser am Marktplatz, sondern liegt etwas ungünstiger direkt an der viel befahrenen Straße, der kürzesten Verbindung zwischen Stadt und Meer. Aber die Höhenlage macht das wieder wett und bietet eine grandiose Aussicht über die verwinkelten Spitzdächer, Staffelgiebel, Schornsteine, Antennen, Dachfenster, Satellitenschüsseln. Die Spitze der Ludgeri-Kirche ragt zwischen Baumkronen hervor. An den Autolärm unten auf der Straße gewöhnt man sich. Er ist jahreszeitenabhängig.
    Jahreszeiten bestimmen auch das Leben auf der Dachterrasse.
    Im Sommer ist sie ein zusätzliches Zimmer, ein geschenkter Raum. Wie oft suchten Erich und ich Schutz unter dem riesigen Sonnenschirm, der, weiß wie ein Segel, uns länger hier sitzen ließ, als jeder Hersteller von Sonnencremes es empfiehlt. Dann waren wir heimliche Zuschauer und Mithörer, wenn die Nachbarn bei geöffneten Fenstern sich stritten oder liebten, und stellten gewagte Vermutungen über das beteiligte Personal an, wer mit wem, warum, weswegen ...
    Uns vertrieb höchstens der Wind, wenn er ungehindert über uns hinwegfegte, unsere Zigarettenasche aus dem Becher blies und die Servietten vom Tisch gleich hinterher. Oder ein plötzlich einsetzender Regenschauer, ehe er den Wein in unseren Gläsern verwässern konnte.
    Im Winter ist die Dachterrasse verwaist. Wir fütterten Vögel, hängten die Wäsche auf ein Reck - was im Sommer des unromantischen Anblicks wegen auf Erichs Wunsch verboten war - oder wir benutzten die Freifläche schon mal als Kühlschrank, wenn der in Erichs Küche vollgepackt war. Ansonsten drückten wir uns die Nasen an den Fensterscheiben platt und warteten auf den nächsten Sommer.
    Ich wohne unter Erich, im dritten

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