Die Eifelgraefin
Burg meines Vaters sind, wird es sicher nicht schaden, wenn die Leute ein bisschen mehr in dir sehen, als du bist.»
«Wie meint Ihr das, Herrin?» Luzia machte große Augen. «Wollt Ihr, dass ich behaupte, jemand anderer zu sein?»
Elisabeth tippte sich gedankenverloren ans Kinn. «Ich sage nur, wir müssen nicht gleich jedem erzählen, woher du kommst.»
«Aber das würde bedeuten, dass ich meine Familie verleugne!», fuhr Luzia empört auf. «Das will ich nicht, und das werde ich nicht!»
Elisabeth hob beruhigend die Hände. «Aber nein, von Verleugnen kann nicht die Rede sein. Nur von …»
«Nein, Herrin!» Luzia schüttelte heftig den Kopf, ging zur Tür und riss sie auf. «Das könnt Ihr nicht von mir verlangen!»
«Wohin willst du?» Nun sprang auch Elisabeth auf und war mit wenigen Schritten bei ihrer Magd.
«Hinaus», sagte diese stur.
«Es ist schon spät», widersprach Elisabeth. «Ich willnicht, dass du nachts alleine in der Burg herumläufst. Geh jetzt zu Bett.»
Luzia blickte unschlüssig erst zur Treppe, dann zu ihrem Bett und machte dann widerwillig kehrt.
«Es war doch nur eine Idee, Luzia», sagte Elisabeth ruhig. «Ich verlange doch nicht, dass du deine Familie verleugnest. Aber wenn schon ein weitgereister Mann wie Martin Wied dich für eine bürgerliche Jungfer hält, wird es anderen Menschen ähnlich ergehen. Das kann für dich viele Vorteile haben, Luzia. Denk einmal darüber nach!»
33. KAPITEL
Elisabeth saß mit Hedwig, Simon und Bruder Georg nach dem Mittagsmahl noch im Speisezimmer beisammen und beriet sich mit ihnen über einen für den morgigen Tag geplanten Spaziergang mit Picknick, als Vater Ambrosius gemeldet wurde.
«Soll hereinkommen.» Simon nickte dem Hausknecht freundlich zu.
Einen Augenblick später betrat der kugelrunde ältliche Pfarrer die Stube.
«Nun, was gibt es?» Simon sah ihn neugierig an.
«Entschuldigt bitte, Herr Simon, dass ich zu unpassender Zeit vorspreche.» Vater Ambrosius wirkte müde und betrübt. «Aber ich muss Euch einen Todesfall melden.»
«Einen Todesfall? Warum das?»
Der Pfarrer zupfte an den Ärmeln seines Habits herum. «Die Margret Nettepeter ist heute früh verstorben.»
«Nettepeter?» Hedwig hob überrascht den Kopf. «Ist das nicht die Tochter des Bäckermeisters, die erst kürzlich geheiratet hat?»
Vater Ambrosius nickte. «Eben die. Sie war noch ganz jung und gerade erst in gesegneten Umständen.» Er wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn.
«Und woran ist sie gestorben?», hakte Simon, nun etwas ungeduldig, nach.
«Das wissen wir nicht», antwortete der Pfarrer. «Deshalb melde ich es Euch. Es begann vor vier Tagen ganz unerwartet. Sie bekam wohl Fieber und Kopf- und Gliederschmerzen, wie bei einer Sommergrippe. Dann …» Er schluckte. «Dann bildete sich eine Beule an ihrem Hals, und es hieß, sie leide an der Halsschwellung, die Kinder manchmal bekommen. Aber es wurden immer mehr Beulen, die sich ganz schwarz verfärbten, und das Fieber und die Schmerzen wurden auch immer schlimmer. Heute Morgen kurz nach Sonnenaufgang verließ dann ihre Seele den geschundenen Leib.» Vater Ambrosius senkte traurig den Kopf.
«Das hört sich ja schlimm an!», rief Hedwig. «Von so einer Krankheit habe ich noch nie gehört.»
Simon schwieg. Zwischen seinen Augen hatte sich eine tiefe Furche gebildet. «Sind noch mehr Menschen erkrankt?»
Der Pfarrer hob den Kopf wieder. «Nein, Herr Simon, nicht dass ich wüsste. Der Klaus, Margrets Mann, hat sie bis zum Schluss gepflegt und liegt jetzt vor Trauer und Erschöpfung darnieder. Aber krank ist, glaube ich, niemand.»
Simon atmete erleichtert auf. «Ich danke Euch, Vater Ambrosius.»
Nachdem der Geistliche den Raum verlassen hatte, sahen Elisabeth und Bruder Georg einander besorgt an. «Die Pestilenz aus dem Süden?», fragte Elisabeth schließlich und brach damit das betretene Schweigen.
«Gott, steh uns bei!» Hedwig bekreuzigte sich entsetzt.
«Wir können nicht sicher sein», antwortete Simon bedächtig, doch auch in seinem Gesicht stand die Sorge. «Vielleicht ist es auch nur ein Zufall. Wenn niemand sonsterkrankt ist, handelt es sich möglicherweise doch um etwas anderes.»
«Hoffentlich.» Elisabeth spürte einen eisigen Schauder über ihr Rückgrat wandern.
«Wir sollten auf Gottes Güte vertrauen», meinte Bruder Georg und stand auf. «Entschuldigt mich, ich möchte in die Kapelle gehen und dort eine Kerze anzünden.»
Auch Hedwig zog sich zurück,
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