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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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und Elisabeth beschloss, sich ihre festen Schuhe aus der Schlafkammer zu holen und mit Luzia zusammen einen Spaziergang zu machen.
    Schon auf den letzten Stufen der Wendeltreppe vernahm sie ein lautes Sirren und erschrak. Luzia stand, in den Händen einen Besen und einen Putzeimer, wie erstarrt mitten im Raum. Erst als Elisabeth neben sie trat, regte sie sich wieder. «Herrin, was hat das zu bedeuten? Ich kam gerade herauf, um sauber zu machen, und da höre ich dieses Geräusch.»
    «Es brummt und sirrt.» Elisabeth trat an die geöffnete Kleidertruhe, aus der sie am Morgen einen Surcot herausgenommen hatte.
    «Was, wenn das jemand hört?»
    «Wir müssen es noch besser einwickeln.» Elisabeth griff beherzt in die Truhe. «Es fühlt sich heiß an.» Sie wickelte erst ein Kleid, dann eine Wolldecke um das Kruzifix und stopfte alles zurück in die Truhe, dann schloss sie den Deckel. Nun war nur noch ein leises Surren zu vernehmen, wie von einer Schmeißfliege. Elisabeth ließ sich langsam auf den Truhendeckel sinken. «Es warnt uns vor der Pestilenz aus dem Süden», sagte sie tonlos.
    Luzia stellte den Eimer auf den Boden und lehnte denBesen gegen den Bettpfosten. «Wie kommt Ihr darauf, Herrin?»
    Elisabeth sah zu ihrer Magd auf und spürte erneut diesen kalten Schauder über ihren Rücken kriechen. «Sie ist hier.»
    ***
    Die
Ludwina
dümpelte in der leichten Strömung des Rheinhafens vor sich hin und wartete darauf, mit neuen Handelswaren beladen zu werden. Im Augenblick sah es allerdings nicht so aus, als würde hier jemand arbeiten. Martin kletterte an Deck und wäre dabei fast auf eine verendete Ratte getreten. Angeekelt machte er einen Bogen um den kleinen aufgedunsenen Kadaver, über dem die Fliegen summten. Da er Kapitän Brig nirgends sah, ging er auf die Stufen zu, die hinunter in den Bauch des Schiffes führten. Ein halbwüchsiger Junge kam ihm entgegen, der, wie Martin sich zu erinnern meinte, zu Brigs Mannschaft gehörte. «Oh, Herr Wied, wir haben Euch gar nicht kommen hören. Ihr solltet da besser nicht hinuntergehen.»
    «Warum nicht? Ich suche Kapitän Brig. Wo ist er?»
    «Na, unten.»
    Als Martin sich an dem Jungen vorbeischieben wollte, hielt dieser ihn am Ärmel seines Gewandes fest. «Ihr solltet wirklich lieber hier oben bleiben. Dem Kapitän geht es nicht gut, und auch ein paar von den Männern sind krank.»
    «Krank?» Martin runzelte die Stirn. «Was fehlt ihnen denn?»
    Ohne auf eine Antwort zu warten, drängte er den Jungenbeiseite und stieg die Treppe hinunter. Am hinteren Ende des Lagerraumes, in dem er sich nun befand, sah er die Türen zur Kajüte des Kapitäns. Entschlossen ging er darauf zu und öffnete sie. Sofort schlug ihm ein unangenehmer Geruch nach Schweiß und Krankheit entgegen. Auf einem Schlaflager aus Fellen und Decken erkannte er den Kapitän. Eilig ging er zu ihm hin und beugte sich über ihn.
    Im gleichen Moment kam von der Seite ein weiterer Mann auf ihn zu. «Herr, Ihr solltet nicht hier sein, geht lieber wieder nach oben!»
    Martin beachtete ihn nicht. «Kapitän Brig, man sagte mir, dass Ihr krank seid.»
    Der Kapitän wandte ihm langsam das Gesicht zu. Er war leichenblass und hatte schwarze Ringe unter den Augen. Auf seiner Stirn stand Schweiß. «Geht!» Seine Stimme klang heiser und erschöpft. «Ihr habt hier nichts verloren. Mit mir geht es zu Ende.»
    Martin sah ihm prüfend in die glasigen Augen. «Kapitän Brig, was ist hier geschehen?»
    Der Kapitän sog rasselnd den Atem ein. «Die Pestilenz. Sie ist uns bis auf das Schiff gefolgt. Seht her!» Er zog an seiner Felldecke, bis sein Oberkörper zu sehen war. Schwer atmend hob er einen Arm an. In der Achselhöhle hatte sich eine hässliche schwärzliche Beule gebildet.
    Martin starrte sie schweigend an.
    Brig ließ den Arm kraftlos wieder sinken. «Diese Beulen sind an meinem ganzen Körper, genau, wie man es mir beschrieben hat. Es werden immer mehr, und sie bringen mich um. Darum geht jetzt!»
    «Der Junge sagt, es sind noch mehr Männer krank?»Martin zog dem Kapitän fürsorglich die Decke wieder bis zum Hals hoch. «Ich werde einen Arzt holen.»
    «Nein!» Brig versuchte sich aufzurichten, um seiner Stimme mehr Autorität zu verleihen. «Geht, in Gottes Namen, und bringt Euch in Sicherheit! Albert wird sich um uns kümmern   … und Ihr solltet Euch einen neuen Kapitän für die
Ludwina
suchen.»
    Besorgt betrachtete Martin den leichenblassen Mann auf dem Schlaflager und wandte sich dann zögernd an

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