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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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die Lehrbuben und sogar das Gesinde fortgeschickt. Sie hielten sich nun in einem kleinen Haus rheinaufwärts auf, fernab von Dörfern und Höfen. Gottlob besaß er dieses Anwesen mitsamt etwas Land. Auch seinen jüngeren Bruder hatte er dorthin geschickt, jemand musste sich schließlich um seine Mutter und die jüngeren Schwestern kümmern. Lediglich Alban war mit ihm in Koblenz geblieben und half ihm, die Geschäfte so gut es ging aufrechtzuerhalten.
    Ein wenig zweifelte er allerdings bereits an seiner Entscheidung, den gesamten Haushalt fortzuschicken, denn abgesehen von Kapitän Brig und der halben Besatzung der
Ludwina
hatte es keine weiteren Pestfälle in Koblenz gegeben. Das Einzige, was den Menschen zurzeit wirklich zu schaffen machte, war die unbarmherzige Hitzewelle, die die Stadt und das Umland zu erdrücken schien – und eine ekelhafte Rattenplage.
    Energisch zwang Martin sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf die vor ihm liegende Liste zu richten, doch nun erinnerte ihn sein knurrender Magen daran, dass er seit dem frühen Morgen nichts mehr gegessen hatte. Resigniert beschloss er, erst einmal in das Wirtshaus
Zum goldenen Krug
zu gehen und sich eine der schmackhaften Fleischpasteten einzuverleiben.
    Der kurze Weg zum Wirtshaus war alles andere als angenehm. Trotz des bereits fortgeschrittenen Nachmittags brannte die Sonne sengend auf die Dächer und Straßen der Stadt herab und ließ die Luft um ihn herum flirren. So war er froh, dass er der stechenden Helligkeit entfliehen konnte, indem er den Schankraum betrat. Die wenigen anwesenden Gäste grüßten ihn zwar freundlich, beachteten ihn aber nicht weiter, was ihm nur recht war. Er bestellte sich zwei große Fleischpasteten und einen Krug Bier und beschäftigte sich während des Essens in Gedanken wieder mit seinen Plänen für die kommenden Wochen. Ein plötzlicher Tumult auf der Straße riss ihn aus seinen Überlegungen.
    Vor der Taverne zog ein Haufen aufgebrachter Männer und Frauen vorbei. Angeführt wurden sie von drei bärtigen Bettelmönchen   – Predigern, wie sie in letzter Zeit häufig durch die Städte am Rhein zogen. Martin trat neugierig an die Tür und verzog angewidert das Gesicht. «Was hat das zu bedeuten?», fragte er den Wirt. Der zuckte nur mit den Schultern.
    Eine weitere Meute bog um die Ecke, diesmal waren auch Bauern vom Marktplatz und ein paar Kaufleute darunter. Rufe wurden laut, die Martin einen kalten Schauder über den Rücken jagten.
    «Fasst sie, fasst die Judenschweine!», schrie jemand. Lautes Grölen und zustimmende Rufe ertönten. «Sie sind schuld an der Pest, sie haben die Brunnen vergiftet! Bringt sie um, bevor sie es auch hier in Koblenz tun!»
    «Verjagt sie aus der Stadt», kreischte eine Frau und fuchtelte mit einem furchteinflößenden Metzgerbeil herum.
    «Die sind auf dem Weg in die Judengasse», brummte der Wirt und warf die Tür zu.
    Beunruhigt kehrte Martin an seinen Tisch zurück. Ihm war unwohl zumute, wenn er an die Juden dachte. Mit einigen von ihnen machte er regelmäßig gute Geschäfte. «Sollte man nicht den Stadtrat informieren?» Er spielte bereits mit dem Gedanken, es selbst zu tun.
    Der Wirt zuckte erneut mit den Schultern. «Warum? Wenn die Juden tatsächlich unsere Brunnen vergiften wollen, ist es doch nur gut, sie daran zu hindern.»
    «Aber das ist doch vollkommener Blödsinn», widersprach Martin ihm heftig und stand wieder auf. «Ich werde   …»
    Die Tür wurde erneut aufgestoßen, und ein junger Mann in staubiger Reitkleidung betrat die Taverne. Martin erkannte ihn und winkte ihm, an seinem Tisch Platz zu nehmen. Nachdem die Schankmagd einen Krug Wein gebracht hatte, schob Martin dem Mann die Platte mit den Pasteten hin, denn der Appetit war ihm inzwischen vergangen. Dieser winkte jedoch ab und trank stattdessen gierig.
    «Hast es wohl eilig, Rudger?», fragte Martin ihn neugierig. «Hat Graf Notker mal wieder einen wichtigen Auftrag für dich?»
    Rudger schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. «Er hat mich nach Rheinbach geschickt, weil sein Sohn nicht wie vereinbart vor einer Woche zur Mantenburg gekommen ist. Die Gräfin versicherte mir aber, dass Herr Johann mit diesem Ziel abgereist sei. Deshalb ritt ich nach Kempenich, denn ich vermutete, er könne sich dort aufhalten.»
    «Und, war er dort?»
    Rudgers Miene verzog sich gequält. «Er ist es noch, Herr Wied. Ich weiß gar nicht, wie ich es dem Grafen beibringen soll. Herr Johann ist an der

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