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Die Eifelgraefin

Die Eifelgraefin

Titel: Die Eifelgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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«Ich unterbreche Euch ungern, aber Graf Friedebold ist mit den Schöffen eingetroffen.»

42.   KAPITEL
    In tiefer Sorge um die Sicherheit ihrer Herrin war Luzia Elisabeth gefolgt, als diese sich auf die Suche nach Johann machte. Sie hielt sich jedoch im Hintergrund, als Elisabeth im Saal auf Martin Wied traf und sich kurz mit ihm unterhielt, und wich in eine dunkle Nische zurück, als ihre Herrin kurz darauf die Treppe wieder hinaufstieg. Zunächst wollte Luzia ihr sofort wieder folgen, doch dann tauchte Magister van Thelen auf und bat Martin, mit ihm hinauszugehen.
    Auf dem großen Tisch in der Saalmitte lagen Schriftstücke und ein Buch, das Luzia bekannt vorkam. Sie zögerte, doch ihre Neugier war größer als ihre Skrupel, deshalb huschte sie zum Tisch und warf einen Blick auf das Buch und die Papiere. Sie hatte richtig vermutet – es handelte sich um das Rechnungsbuch, das ihr der Kaufmann in Kempenich gezeigt hatte. Die Schriftstücke waren offenbar Briefe. Doch es war das Buch, das sie wie magisch anzog. Sie blickte sich kurz um – im Saal hielt sich niemand weiter auf – und schlug den Buchdeckel auf. Mit fliegenden Fingern blätterte sie die Seiten um auf der Suche nach den Einträgen für Simon von Kempenich. Als sie sie gefunden hatte, fuhr sie mit dem Zeigefinger über die Spalte mit den Ausgaben   – Zeile um Zeile prüfte sie und spürte eine seltsame Befriedigung in sich aufsteigen. Nun, da sie gelernt hatte,Zahlen zu lesen, bestätigte sich ihr Verdacht. Während sich die Einträge auf der Einnahmen-Seite immer wieder veränderten, blieben die Beträge in der Spalte für Ausgaben immer fast gleich.
    Luzias Herz pochte aufgeregt. Sie hatte recht gehabt! Jetzt stand fest, dass Wied den Grafen Simon immer wieder übervorteilte! Und wenn dies der Fall war, wusste doch nur der Herrgott allein, was der Kaufmann sonst noch im Schilde führte. Dann war er ganz sicher kein vertrauenswürdiger Mann!
    «Ihr werdet von einer unbotmäßigen Neugier getrieben, vermute ich?»
    Luzia fuhr erschrocken auf, als sie Martins Stimme neben sich vernahm. «Verzeihung, ich, äh   …» Sie verstummte, da ihr keine Ausrede einfallen wollte.
    Martin musterte sie zugleich skeptisch und aufmerksam. «Ich hoffe, Ihr habt keinen Fehler in meinen Rechnungen gefunden, edle Jungfer.» Er lächelte schmal und setzte sich neben sie.
    Luzia erschrak und rückte ein gutes Stück von ihm ab.
    Der Kaufmann blickte sie spöttisch von der Seite an. «Nun, so sprachlos? Wollt Ihr mir nicht erklären, was Ihr mit meinem Rechnungsbuch zu schaffen habt?»
    «Nichts. Also ich   …» Luzia verstummte erneut. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wie hatte sie nur so unvorsichtig sein können? Ihre verteufelte Neugier hatte sie jetzt in eine prekäre Lage gebracht. Wenn der Kaufmann sich nun bei Elisabeth über sie beschwerte und herauskam, dass sie sich für jemanden ausgegeben hatte, der sie gar nicht war, konnte das schlimme Folgen haben. Andererseits   – Elisabethwusste ja inzwischen von ihrer dreisten Maskerade und hatte sogar darüber gelacht. Und wenn Martin Wied ein Betrüger war, musste das aufgedeckt werden.
    «Nun?», hakte Martin ungeduldig nach.
    Luzia fasste spontan einen Entschluss. Ob sie nun eine Strafe erwartete oder nicht, sie wollte diese Sache jetzt aufklären. «Verzeiht, dass ich ohne Erlaubnis in Eurem Rechnungsbuch gelesen habe. Ich tat es jedoch aus einem bestimmten Grund   …»
    «Welchem Grund?»
    «…   aus einem Verdacht, dem ich mich verpflichtet fühlte nachzugehen.»
    «Einem Verdacht?»
    Seinen überraschten Ausruf überging sie. «Da ich befürchtete, Ihr könntet Herrn Simon von Kempenich Schaden zugefügt haben, fühlte ich mich verantwortlich, diesem Verdacht nachzugehen.»
    Martins Mundwinkel zuckten leicht. «Wie könnt Ihr für Angelegenheiten des Grafen Simon verantwortlich sein? Seid Ihr etwa mit ihm verwandt?»
    Sein spöttischer Ton ärgerte sie, doch sie bemühte sich um Ruhe und Besonnenheit. «Verwandt bin ich gewiss nicht mit ihm, jedoch verbindet meine und seine Familie seit langer Zeit eine   … nun, eine Verbundenheit. Man könnte auch sagen, eine Freundschaft, die auch gegenseitige Hilfe und Unterstützung fordert.»
    «Ach.» Nun schien er tatsächlich verblüfft.
    Luzia nickte bekräftigend und fasste neuen Mut. «Als Ihr mir damals Euer Rechnungsbuch zeigtet und erklärtet, wie sich die veränderten Preise für Wein bei gleicher Liefermengezusammensetzen, wurde ich stutzig.»

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