Die Eifelgraefin
den Burghof.
Luzia kaute nachdenklich auf ihrer Lippe. Dieser Kaufmann war ein merkwürdiger Mann, und irgendwie war sie erleichtert, dass er mit dem silbernen Kruzifix nichts zu tun hatte.
43. KAPITEL
Nachdem Graf Friedebold die Abordnung des Trierer Schöffenkollegs in den Palas geführt und den sechs Männern Sitzplätze und Getränke angeboten hatte, fanden sich auch Martin, Johann und Magister van Thelen ein. Und natürlich kamen auch Dietrich und Albrecht mit einigen ihrer Männer hinzu.
Elisabeth, die Johann in den Saal gefolgt war, traf dort auch auf ihre Mutter und Luzia, die sie rasch zu sich winkte. Die Versammlung mutete etwas seltsam an, denn es herrschte zunächst vollkommene Stille. Die Männer maßen einander mit wachsamen, argwöhnischen Blicken.
Als die Atmosphäre unangenehm zu werden begann, trat Friedebold schließlich vor und sprach, den Blick fest auf Dietrich gerichtet: «Ich begrüße die anwesenden Herren, besonders die Schöffen aus Trier und den Schöffenmeister, Berthold van Schuren, die sich freundlicherweise bereit erklärt haben, in der Erbsache zwischen mir und meinem Stiefbruder, Dietrich Branten, noch einmal die Begebenheiten zu überprüfen.»
«Was für Begebenheiten?», fuhr Dietrich aufgebracht dazwischen. «Die Urkunde, die mir den Titel zuspricht, ist doch bereits vom Gericht anerkannt worden.»
«Gewiss ist sie das», stimmte Friedebold gelassen zu. «Doch es hat sich herausgestellt, dass den Schöffen zumZeitpunkt der Anerkennung einige wesentliche Details zu dieser Urkunde nicht bekannt waren. Da ich das Recht habe, mich gegen deine Ansprüche zu verteidigen, Dietrich, möchte ich die Schöffen bitten, aufgrund der neuen Sachlage erneut zu entscheiden.»
«Was für eine Sachlage soll das sein?», fragte Dietrich misstrauisch.
Friedebold lächelte schmal. «Ich muss leider annehmen, dass die Urkunde, die du vorgelegt hast, gefälscht ist.»
«Eine unerhörte Lüge!», brauste Albrecht auf, der gleich neben seinem Vater stand und sowohl Martin als auch Johann mit mörderischen Blicken bedachte.
Dietrich verschränkte die Arme vor der Brust. «Die Urkunde wurde als echt eingestuft. Wie kommst du dazu, die Entscheidung des Gerichts anzuzweifeln?»
«Weil es sich tatsächlich um eine Fälschung handelt», kam es lapidar von Magister van Thelen, der sich erhoben hatte und zum Schöffenmeister van Schuren getreten war.
Dietrich starrte ihn erzürnt an. «Wer seid Ihr überhaupt, und was habt Ihr mit der ganzen Angelegenheit zu tun?»
Der Magister erwiderte seinen Blick äußerst kühl. «Pierre van Thelen. Ich bin Advokat und Schreiber in der Kölner Ratskanzlei.»
«Ein Rechtsverdreher?», höhnte Dietrich.
Van Thelen kniff beleidigt die Augen zusammen. «Magister des römischen Rechts», fauchte er. «Und in der Ratskanzlei zuständig für die Überprüfung und Dechiffrierung von Schriftstücken und Urkunden wie der Euren.»
Der Schöffenmeister räusperte sich vernehmlich. «Wir haben die Urkunde, die uns Dietrich Branten von Küneburgvor einiger Zeit übergab, mitgebracht.» Er gab einem der Schöffen ein Zeichen, woraufhin dieser besagte Urkunde zum Tisch brachte und entrollte. «Selbstverständlich haben wir sie selbst bereits überprüft, so weit es unsere Kompetenzen zulassen, und sie für echt befunden. Da Ihr jedoch nach Einsichtnahme vor einigen Tagen berechtigte Zweifel geäußert habt, möchten wir Euch nun bitten, uns und Herrn Dietrich Eure Erkenntnisse genauer zu erläutern.»
«Einsichtnahme?», unterbrach Dietrich ihn. «Soll das heißen, dieser Kerl war im Rathaus und hat in meiner Urkunde herumgeschnüffelt?»
Van Schuren hob beschwichtigend die Hand. «Er hatte das Recht dazu, Herr Dietrich. Solange der Erzbischof Euren Titel noch nicht anerkannt hat, hat Graf Friedebold noch alle Befugnisse, die Familie betreffend.» Er blickte van Thelen auffordernd an. «Herr Magister?»
Van Thelen trat nun ebenfalls an den Tisch, ohne jedoch die Urkunde zu beachten. «Herr Dietrich, würdet Ihr uns freundlicherweise noch einmal schildern, wo und unter welchen Umständen Ihr diese Urkunde gefunden habt?»
Dietrich kam näher, und es sah aus, als wolle er den Magister am liebsten ins Gesicht schlagen. An seinem Hals konnte man eine bedenklich angeschwollene Ader erkennen. Doch er beherrschte sich. «Die Urkunde wurde vom hiesigen Pfarrer, Vater Conradus, in einer alten Truhe in der Sakristei der Dorfkirche gefunden, als der Keller der Kirche
Weitere Kostenlose Bücher