Die Eifelgraefin
es auch bei Kunibert, sagt Frédérique. Eines Morgens begann dann Kuniberts Haut zu bluten. Ja, wirklich, so beschrieb es der Diener! Wenige Stunden später war der arme Mann tot.»
«Wie entsetzlich!» Hedwig schauderte und zog sich ihren Schal fester um die Schultern.
Elisabeth starrte wie betäubt vor sich hin. Kunibert war tot! Der Mann, den sie hätte heiraten sollen, lebte nicht mehr. Sie konnte, nein, wollte es nicht begreifen. Alle ihre Hoffnungen auf ein angenehmes Leben an seiner Seite waren mit einem Mal zerplatzt wie eine Seifenblase. «Und was wird jetzt?», fragte sie, ohne aufzublicken. Ihre Stimme klang fremd und rau in ihren Ohren.
Bernadette seufzte unglücklich. «Das wissen wir noch nicht, Elisa. Gewiss, du müsstest alsbald verheiratet werden. Doch in der momentanen Lage ist gar nicht daran zu denken. Dein Vater wird Ende Januar nach Böhmen abreisen, und bis zu seiner Rückkehr sollst du hierbleiben.» Bernadette wandte sich an Simon. «Natürlich nur, wenn es Euch recht ist. Ich weiß, wir verlangen viel …»
«Ach was.» Simon winkte ab. «Selbstverständlich kann Elisabeth bei uns wohnen, bis sich die Lage auf der Küneburg geklärt hat. Sie ist uns ein willkommener und lieber Gast, nicht wahr, Hedwig?»
Die Burgherrin nickte bekräftigend. «Aber ja, das ist sie. Und wir werden unser Bestes geben, um sie von diesem furchtbaren Verlust abzulenken.»
«Ich danke Euch.» Bernadette lächelte erleichtert. «Es ist schön zu wissen, dass man in Krisenzeiten gute Freunde hat.» Sie drückte Elisabeth noch einmal an sich. «Komm, Kind, du siehst allzu blass aus. Ich denke, es wäre besser, wenn du dich ein wenig niederlegst.»
Elisabeth nickte mit noch immer abwesendem Blick und ließ sich von ihrer Mutter aus dem Speisezimmer führen. Auf den ersten Schreck über die schlimme Nachricht folgte nun ein Gefühl gänzlicher Leere. Sie fühlte weder Kummer noch Schmerz über den Verlust ihres Verlobten. Nur Ungläubigkeit und … nichts. Sie hatte den Eindruck, von einer düsteren Wolke umgeben zu sein, als sie die Treppe zu ihrer Schlafkammer hinaufstieg.
***
Luzia, die im großen Saal neben der Tür zum Speisezimmer gewartet hatte, war leichenblass geworden und hatte das Gefühl, ihre Glieder seien eiskalt und wie abgestorben. Durch den Türspalt hatte sie jedes Wort der Gräfin mitbekommen. Kunibert von Kronach war also tot. Verstorben an einer unbekannten grässlichen Pestilenz, und nun musste Elisabeth hierbleiben, bis ihr Vater aus Böhmen zurück war und einen neuen Bräutigam für sie gefunden hatte.
Das Entsetzen packte sie derart heftig, dass Luzia sich fest auf die Unterlippe biss und zu zittern begann. Ihr Traum! Das hatte er bedeutet! Die Erkenntnis traf sie so hart, dass sie taumelte und sich an der Wand abstützen musste.
«Was ist denn mit dir?» Leni kam auf sie zu und rüttelte sie an der Schulter.
Luzia blickte die Freundin verwirrt an. «Wie? Ich … nein, nichts. Mir ist nur schwindlig geworden.»
«Oh, oh», kommentierte Leni und musterte besorgt Luzias Leibesmitte.
Luzia schüttelte jedoch sofort den Kopf. «Nicht, was du denkst!», fauchte sie. «Ich habe nur gerade … Ich muss hoch zu meiner Herrin. Sie hat eine furchtbare Nachricht erhalten.» Sie stieß sich von der Wand ab und eilte in Richtung Treppe.
«Was denn für eine Nachricht?», rief Leni ihr hinterher.
Luzia drehte sich kurz zu ihr um. «Ihr Verlobter ist tot.» Sie raffte den Rock und rannte die Stufen hinauf. Dann fiel ihr ein, dass sie Leni besser nichts gesagt hätte. Denn nun würde sich die Nachricht wie ein Lauffeuer unter den Burgbewohnernverbreiten. Aber das wäre früher oder später sowieso geschehen.
Luzia bemühte sich um einen klaren Kopf, doch es gelang ihr nicht. Immer wieder tauchten die Bilder ihres Traumes vor ihrem inneren Auge auf. Und dazwischen das Kruzifix. Dieses Kreuz – hatte es am Ende vor dem herannahenden Ungemach gewarnt?
***
«Herrin, Ihr solltet etwas essen.» Besorgt stand Luzia neben Elisabeths Bett und hielt ihr eine Schale mit feinem Honiggebäck hin.
Elisabeth hatte sich die Decke bis zu den Schultern hochgezogen, und dennoch fror sie. Die Leere in ihrem Kopf und in ihrem Herzen wollte einfach nicht weichen. Ihrer Mutter zuliebe hatte sie sich drei Tage lang tapfer aufrecht gehalten. Doch seit diese am Mittag abgereist war, konnte sie sich kaum noch zu etwas aufraffen. Hedwig und Simon hatte sie gesagt, sie fühle sich unwohl und wolle einer
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