Die Eifelgraefin
Heldwegs und zweier weiterer bewaffneter Ritter eingetroffen war, ähnelte Elisabeth sehr. Sie besaß die gleichen dunklen Augen und das dunkle Haar, das zum großen Teil unter einer hübschen Beutelhaube verborgen war. Luzia war sich sicher, dass es sich nur um die Gräfin Bernadette von Küneburg handeln konnte. Sie trug ein üppig besticktes dunkelbraunes Brokatkleid und hielt sich ebenso aufrecht und würdevoll wie ihre Tochter. Ja, ohne Zweifel war dies Elisabeths Mutter.
Luzia warf mehrmals Blicke durch den Türspalt ins Speisezimmer, während sie Thea beim Schälen der Äpfel für die süße Nachspeise half, die sich die Gräfin erbeten hatte. Was sie wohl hier wollte? Wenn sie ihrer Tochter einen Besuch hätte abstatten wollen oder sie gar zur Küneburg zurückbringen wollte, wäre sie bestimmt nicht unangemeldet hergekommen. Außerdem wirkte sie betrübt, ihre Miene drückte Besorgnis aus. Mit dem Verwalter schien sie nicht über ihr Anliegen gesprochen zu haben. Thea hatte ihn gefragt, doch ihm war der Grund für den plötzlichen Besuch der Gräfin von Küneburg so unbekannt wie allen anderen.
***
«Was hat dich nur geritten, dich dermaßen zu betrinken? Noch dazu in Klarissas Haus?» Johann, der seinem Freund in dessen Stube gegenübersaß und sich an frischem Brot, gekochten Eiern und Griebenschmalz gütlich tat, schüttelte mit hochgezogenen Brauen den Kopf.
Martin Wied hockte zusammengekauert auf seinem Stuhl. Er hatte weder das Brot noch den Becher Most angerührt,sondern stützte seinen Kopf in die Hände und stierte auf die mit Schnitzereien verzierte Tischplatte.
Da er nicht antwortete, sprach Johann weiter: «Wenn du einen Rausch gesucht hast, hättest du den im
Bären
oder im
Goldenen Krug
um einiges billiger haben können.»
«Aber nicht in so anregender Gesellschaft», knurrte der Kaufmann und zuckte im selben Moment zusammen. Stöhnend rieb er sich die Schläfen.
Wieder schüttelte Johann den Kopf. «Hast du davon überhaupt noch etwas mitbekommen? Liebe Zeit, die Gerlies wird ganz sicher ihre helle Freude an dir gehabt haben.»
«Gerlies.» Martin hob den Kopf und blickte Johann aus verquollenen Augen an. «Hab ich sie überhaupt bezahlt?»
«Das musste ich übernehmen.» Johann grinste anzüglich. «Ein teures Vergnügen, das muss ich schon sagen. Käme es dich auf Dauer nicht billiger, eine hübsche junge Frau zu heiraten, die dir …»
«Vergiss es.» Martin schüttelte heftig den Kopf und schien es sogleich zu bereuen. Ächzend drückte er erneut die Finger gegen die Schläfen. «Ich habe nicht vor, mich von einem Weib einfangen zu lassen. Abgesehen davon – hast du nicht selbst schon oft genug erlebt, wie mich die Frauen ansehen? Glaubst du, ich will ein Weib in meinem Bett, das sich vor meinem Anblick graust? Kürzlich war Willem Leyen bei mir und fragte an, ob ich Interesse an seiner zweitältesten Tochter habe. Therese ist ein hübsches Mädchen, aber weißt du, wie sie reagiert hat, als ich auf die Einladung ihres Vaters in sein Haus zum Essen kam? Nein, Johann, verschone mich damit. Der Herrgott hat es eben so eingerichtet, und wer weiß, was er damit im Sinn hatte. Beider Gerlies bin ich mir wenigstens sicher, dass ich bekomme, wofür ich bezahle. Wenn du genügend Münzen hast, stellt sie sich gerne blind.»
«Na gut, wie du meinst.» Johann zuckte mit den Schultern. «Aber wozu schmeißt du der Klarissa dann auch noch horrende Summen für Wein in den Rachen? Wein, den du ihr selbst geliefert hast, wohlgemerkt.»
Martin sah ihn mit leerem Blick an. «Mir war eben danach. Ist das Verhör nun beendet, Herr Inquisitor? Warum hast du mich überhaupt bei Klarissa gesucht?»
Johanns Miene wurde wieder ernst. «Ich wollte dich bitten, ein Fass deines besten französischen Weines an Hans Grosse in Mayen zu liefern. Auf meine Rechnung.»
«Der Amtmann Grosse?» Erstaunt blinzelte Martin. «Was hast du denn mit dem zu schaffen?»
«Es ist ein Freundschaftsgeschenk», brummte Johann. «Ich habe vor, seine ältere Tochter Maria zu freien.»
«Ach?» Martin sah ihn verblüfft an.
«Mein Vater will es so.»
«Tja.» Martin grinste und erhob sich vorsichtig. «Ich würde sagen, das ist eine gute Nachricht, mein Freund.»
Johann sah ihn düster an. «Findest du?»
***
Die Nachricht, dass ihre Mutter auf Burg Kempenich eingetroffen war, erreichte Elisabeth, als sie gerade den Ort durchquerten. Bruder Georg hatte an der Kirche auf sie gewartet und ihr von dem ungewöhnlichen
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