Die Eifelgraefin
Sollte er mich zu sich rufen, kann ich jedoch, ohne zu klagen, vor sein Angesicht treten.»
Johann stieß ein bitteres Lachen aus, ließ sich jedoch von Jutta zu seinem Platz führen und setzte sich. «Ich wünschte, er hätte dich verdient, Jutta.»
Die Gräfin schenkte ihm Wein ein und wies auf die Schüssel mit dem Brot und die Platte mit kaltem Braten. «Nimm und iss erst einmal. Und dann lass unseren Gast die neuesten Neuigkeiten aus Koblenz berichten.»
«Zunächst einmal habe ich welche aus Mayen», erzählte Martin bereitwillig. Er kannte die Familie schon zu lange und zu gut, um überrascht über das kurze Geplänkel zwischen Stiefmutter und Sohn zu sein. «Von dort komme ich nämlich gerade», fuhr er fort. «Der Amtmann Grosse lässt grüßen und dankt dir für den hervorragenden Wein, Johann. Aus seinen Worten hörte ich außerdem die Bitte an dich heraus, ihn alsbald wieder aufzusuchen.»
«Kann ich mir denken», brummte Johann und nahm sich ein Stück Braten. «Leider habe ich mit den säumigen Schuldnern in Rheinbach und Saffig noch zu viel zu tun. Vor Ende Februar werde ich es nicht schaffen, nach Mayen zu reiten.»
«Aber es ist dir doch ernst mit der Maria Grosse, oder?», hakte Jutta besorgt nach. «Du weißt, dass dein Vater sehr …»
«Ist schon gut, Jutta», antwortete er gereizt. «Ich werde sie schon noch früh genug heiraten. Aber auf ein paar Wochen wird es wohl nicht ankommen.»
«Vermutlich nicht», gab sie zu. «Und es verschafft ihr auch genügend Zeit, sich um ihre Aussteuer zu kümmern. Wie werde ich mich freuen, endlich wieder etwas weibliche Gesellschaft zu bekommen. Weißt du was, heirate doch im Juni, das ist ein wunderbarer warmer Monat, und so hell und sonnig. Das wird ihr bestimmt gefallen.»
«Wie du meinst.» Johann hob nur die Schultern, nahm sich noch ein Stück Brot zum Braten, brach es durch und tunkte es in den kalten Bratensaft.
«Du wirst es schon richtig machen.» Jutta nippte zufrieden an ihrem Wein. «Bringst uns ein hübsches, braves Mädchen ins Haus. Ganz sicher werdet ihr eine gute Ehe führen, und sie wird dir viele Söhne schenken.»
«Gewiss.» Er biss in den Braten und verzog das Gesicht, weil er ihm nicht schmecken wollte. «Ein guter Handel.»
«Und vergiss ihre Mitgift nicht!», mischte sich Martin ein. «Bei der Aussicht auf eine solche Braut würde sogar ich mir überlegen zuzugreifen.»
«Du hast jedenfalls gut gewählt», fuhr Jutta fort. «MitVerstand und nach dem Willen deines Vaters. Mehr kann auch er nicht von dir verlangen.» Sie lächelte. «Und deshalb steht diese Ehe auch unter einem besonders guten Stern, da bin ich mir sicher.»
«Die Sterne haben mit dem Eheglück bestimmt sehr wenig zu tun», warf Martin lachend ein. «Ich stelle mir da ganz andere Dinge vor …» Er zwinkerte der Gräfin zu, die daraufhin leicht errötete.
«Herr Wied, ich muss schon bitten!»
«Wolltest du uns nicht von Neuigkeiten aus Koblenz berichten?», knurrte Johann und wechselte damit das Thema. Martins Anspielung hatte ihn daran erinnert, dass sich seine Vorfreude auf die ehelichen Pflichten mit der Maria Grosse in Grenzen hielt. Über den Grund dafür wollte er lieber nicht nachdenken. Dies hätte nämlich unweigerlich dazu geführt, dass seine Gedanken nach Kempenich wanderten, und das musste er mit allen Mitteln verhindern.
22. KAPITEL
«Wenn du dich wie eine Dame bewegen willst, musst du kleinere Schritte machen», klärte Elisabeth Luzia auf und führte ihr vor, was sie meinte. «Kleine Schritte, Schultern gerade, Kopf hoch.»
Luzia grinste und machte Elisabeths Bewegungen nach. So langsam hatte sie den Dreh heraus, obwohl sie es noch immer lächerlich fand, höfische Manieren zu erlernen. Doch Elisabeth bestand darauf, hatte sie doch während der langweiligen, trüben Winterzeit kaum etwas anderes zu tun, als ihrer Magd Unterricht zu geben.
«Schon viel besser», lobte Elisabeth. «Und nun zeige mir, wie du dich setzt.» Sie wies auf den gepolsterten Stuhl.
Luzia setzte sich vorsichtig und mit geradem Rücken darauf und strich den Rock ihres blauen Kleides glatt.
Elisabeth nickte anerkennend. «Sehr schön. Wenn du noch ein bisschen übst, wird niemand in Trier je bemerken, dass du die Tochter eines Bauern bist.»
Luzia kicherte. «Ja, und wenn ich dann noch lesen und schreiben lerne, glauben bestimmt alle, ich sei eine reiche Bürgerstochter.»
Elisabeth lachte auf. «Nun, wenn du dein Geld fleißig sparst, hast du
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