Die Eingeschworenen Raubzug
Vater. Sie schimpften über alles, vor allem darüber, dass es schon wieder bergauf ging.
Nachdem sie ihnen nachgesehen hatten, luden sich die anderen schließlich ebenfalls ihr Gepäck auf die Schultern und schlugen denselben Weg ein, bergauf, in die Dämmerung.
»Warte, du brauchst einen Verband«, rief ich hinter meinem Vater her. Er drehte sich um und grinste, weil ich so schwarz war.
»Du solltest dich gelegentlich mal hinter den Ohren waschen, Junge«, sagte er, und ich lachte mit ihm und zerriss meine letzte saubere Kotte, um ihm den Arm zu verbinden. Es war eine schlimme Wunde, aus der noch immer Blut sickerte.
»Ein Sax«, knurrte er.
»Du hättest dich heraushalten sollen, Alter«, sagte ich lächelnd. Als er mich ansah, hatte er Tränen in den Augen. Er hatte die Elk verloren. Ich konnte es ihm nachfühlen, konnte aber nichts weiter für ihn tun, als ihm den Verband sorgfältig anzulegen und ihn gut zu verknoten.
»Was jetzt?«, fragte ich ihn, als er weiterging. Ich muss es ihm lassen, er verstand sofort, was ich meinte.
»Am Ende wird keiner darum herumkommen, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen«, sagte er leise. »Einar hat seinen Schwur gebrochen, darum lassen die Götter ihn im Stich. Also wird sich jetzt jeder fragen müssen, welchen Preis er dafür zahlen wird, wenn er genauso handelt.«
»Einar hat seinen Schwur Eyvind gegenüber gebrochen, also kann ich meinen Schwur Einar gegenüber auch brechen«, erwiderte ich aufgebracht. »Und du ebenfalls. Eigentlich wir alle. Das können die Götter uns doch bestimmt nicht übel nehmen.«
Wie einem kleinen Kind klopfte mir mein Vater beruhigend auf den Arm. »Für dich ist das alles neu, Junge. Nutz weiterhin deine Gabe, die Einar an dir schätzt und die mich mit Stolz erfüllt.«
Ich konnte nur verwirrt vor mich hin starren. Mein Vater lächelte und sagte: »Könntest du deinen Schwur
Einar gegenüber brechen, ohne ihn mir gegenüber zu brechen?«
Schlagartig wurde mir klar, was Einar gemeint hatte. Den Eid hatten wir nicht nur ihm gegenüber, sondern uns auch gegenseitig geschworen. Und das band uns aneinander, und je mehr Unglücksfälle Einar zustießen, desto mehr wurde er für uns zum Symbol dafür, was passiert, wenn man seinen Schwur bricht.
Doch je schlimmer er vom Pech verfolgt wurde, umso stärker wurden auch wir auf die Probe gestellt. Es war ein ewiger Kreislauf, wie der Drache, der um den Weltenbaum geschlungen ist und seinen eigenen Schwanz im Maul hält.
Mein Vater nickte, er merkte, wie diese Gedanken mich beschäftigten. »Ein Schwur«, sagte er, »ist etwas Schicksalhaftes. «
Ich grübelte den ganzen Weg darüber nach, bis wir zu unserem Lagerplatz kamen, der auf halber Höhe des Berges lag, in dem sich die Schmiede befand. Einar saß allein da, die Arme um die Knie geschlungen, das Gesicht unter den schwarzen Krähenflügeln seiner Haare verborgen. Es gab kein Feuer und es wurde wenig gesprochen. Die Leute waren bedrückt, was nicht weiter verwunderlich war, denn die Männer hatten nicht nur ihr Schiff verloren, sondern auch ihre Seekisten, die mit all ihrem Hab und Gut verbrannt waren.
Als es zu dunkel wurde, um an Klingen und Lederriemen zu arbeiten, legten die Männer sich hin, und wer einen Umhang hatte, wickelte sich hinein und versuchte zu schlafen.
Ich fragte mich, ob auch die anderen unsere verhängnisvolle Lage begriffen: Wir waren eine Mannschaft,
durch unseren Eid an einen Eidbrüchigen gebunden, geführt von einer Irren und auf der Suche nach einem Schatz, der wahrscheinlich nichts als eine Sage war. Kein Skalde hätte gewagt, das mit einem Gedicht zu besingen, aus Angst, sich lächerlich zu machen.
Skapti Halbtroll und Ketil Krähe sorgten dafür, dass Wachen eingeteilt wurden, doch ich war aufgrund meines heutigen Einsatzes entschuldigt. Ich wälzte immer wieder dasselbe Problem, wie ein Hund, der nicht von seinem abgenagten Knochen lassen kann. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie Hild zu mir getreten war. Sie wirkte jetzt ganz ruhig, voller Würde, und sie drückte den Lanzenschaft wie ein Neugeborenes an sich.
Sie sagte nichts, sondern setzte sich nur hin. Obwohl ich Martin in der Dunkelheit nicht sehen konnte, wusste ich, dass er ebenfalls nicht weit war, er beobachtete und wartete ab. Wie gut, dass er noch immer an Skapti angeleint war.
Wieder dämmerte ein Morgen. Milchiger Nebel erfüllte zur Gänze das Tal unter uns und verunsicherte alle noch zusätzlich, aber
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