Die Eingeschworenen Raubzug
Schilde sich ineinander verkeilten. Knatternd entrollte sich das Banner. Ich reckte den Hals und sah Gestalten, die aus dem Nebel auftauchten und ebenfalls eine Reihe bildeten. Auch dort flatterte ein Banner, und als ich darauf ebenfalls einen Raben sah, traf es mich wie ein Schlag. Wie es schien, würden wir gegen unsere eigenen Leute kämpfen.
Eine Gestalt löste sich aus dem Haufen der Männer und kam herüber, die Hände erhoben zum Zeichen, dass sie unbewaffnet waren. Er trug einen prächtigen vergoldeten Helm und einen flammendroten Umhang über seinem langen Kettenhemd. Als er näher trat, nahm er den Helm ab, unter dem ein Schopf dunkelblonder Haare und ein ebensolcher Bart zum Vorschein kamen, auf seinem Gesicht mit den hellen eisblauen Augen lag ein breites Lächeln. Starkad.
»Einar«, rief er. »Dein Schiff liegt in Asche, du hast nicht mehr viele Leute. Du brauchst uns nur den Mönch herauszugeben und das, was du hier gefunden hast, und ihr könnt gehen, wohin ihr wollt.«
Einar nickte, als dächte er über das Angebot nach. »Was du sagst, ist richtig. Und doch willst du reden, und das bedeutet, dass du dir keineswegs sicher bist, dass du siegen wirst, selbst mit all deinen Leuten. Vermutlich hast du von den Eingeschworenen gehört, und du tust Recht daran, wenn du Angst hast. Ist Brondolf Lambisson bei dir? Lass dir von ihm erzählen, wie es ist, wenn man es mit den Eingeschworenen zu tun bekommt, wie es ihm in seinem eigenen Haus geschehen ist. Oder vielleicht wäre es besser, er würde dir einfach seine vollgeschissene Hose zeigen.«
Das löste brüllendes Gelächter bei den Unseren aus. In den Reihen hinter Starkad wurde es unruhig. Jetzt sah man auch Brondolf Lambisson. Auch er trug eine Rüstung mit einem stattlichen Helm und Schild, sein Gesicht war rot vor Zorn. Er rief etwas, aber seine Worte drangen nicht bis zu uns herüber, also erwiderten die Eingeschworenen sie mit höhnischen Bemerkungen und schlugen auf die Schilde, bis er es aufgab.
»Du bist anscheinend fest entschlossen, mit deinem Verhängnis auch alle andern heimzusuchen«, begann Starkad von Neuem. Das war klug bemerkt. Doch Einar fehlte es weder an Mut noch an Scharfsinn, obwohl die Krähen seinen Augen schon gefährlich nahe waren.
»Aha … mir scheint, du hast dich mit Ulf-Agar unterhalten«, sagte er und wandte den Kopf, um an Starkad vorbeizuschauen. »Ist dieser Neiding hier?«
Widerwillig trat eine Gestalt vor, in einer Rüstung und gut bewaffnet, aber leicht hinkend. Er sagte nichts, funkelte Einar jedoch böse an und deutete mit dem Schwert auf ihn.
Einar schüttelte traurig den Kopf.
Das Vieh stirbt, die Freunde sterben,
Endlich stirbt man selbst;
Doch nimmer mag ihm der Nachruhm sterben,
Welcher sich guten gewann.
Er rezitierte die alten Verse und selbst ich konnte sehen, wie Ulf-Agar vor Scham und Wut zusammenzuckte. Mit eisiger Stimme fügte Einar hinzu: »Nun, guter Nachruhm wird dir versagt bleiben, Ulf-Agar. Man wird sich an dich nur erinnern als einen, der seinen Schwur gebrochen hat und der es nicht vermochte, aufrecht und mutig dazustehen wie ein Orm, der den weißen Bären getötet hat.«
Jetzt war es an mir, vor Scham zusammenzuzucken, als die Eingeschworenen jubelnd auf ihre Schilde schlugen und meinen Namen riefen.
Starkad hatte sich schnell erholt und lächelte nach wie vor freundlich. »Nun denn, es scheint, dass ein Kampf auf diesem kahlen Berg unausweichlich ist«, sagte er so laut, dass alle es hören konnten. »Aber warum sollten wir das Leben guter Leute verschwenden? Lass es uns Mann gegen Mann austragen, Einar der Schwarze. Wenn ich gewinne, sind deine Männer frei und können gehen – oder, wenn sie wollen, mit mir kommen. Wenn du gewinnst, gilt das Gleiche.«
Einar zuckte mit den Schultern, er wusste, er konnte diesen Vorschlag nicht ablehnen, ohne seine Ehre zu verlieren. »Wenn ich gewinne«, sagte er verächtlich, »wenn ich gewinne, dann können deine Männer abhauen. Ich will mit Blauzahns Hunden nichts zu tun haben. Außer Ulf. Den will ich haben.«
»Einverstanden«, sagte Starkad und ich sah, wie Ulf-Agar unruhig wurde und seine Lippen sich bewegten,
aber er hatte in dieser Sache nichts zu sagen, er war ein Neiding, selbst in den Augen der Männer, die hinter ihm standen.
Also trat Starkad vor, jedoch blieben die Reihen der Männer weiterhin geschlossen. Er warf seinen Umhang ab, zog ein Schwert mit kunstvoll verzierter Parierstange heraus und brachte seinen neuen
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