Die Eingeschworenen Raubzug
zusammengebrochenes Regal und noch mehr Fässer, deren Dauben geschrumpft waren, sodass
der Inhalt herausgerieselt war. Der große Kasten war ganz interessant, aber nur, weil ich ihn nicht bewegen konnte und daher wusste, dass er bestens geeignet war, um ihn als Halterung für mein Seil zu benutzen.
Ich warf es hinunter, rief den anderen zu, der Raum sei zu klein für alle, und wandte mich dann etwas anderem zu, das ich gesehen hatte. Einer Tür.
Sie stand halb offen, hing schief in den losen Scharnieren und das Erste, was ich beim Hindurchspähen sah, schien ein altes Holzbett mit einem Haufen Lumpen zu sein. Dann merkte ich, dass die Lumpen eine Gestalt umhüllten, ich sah etwas Weißes: Knochen.
Während Einar sich noch keuchend am Seil hochzog, wurde mir anhand der Haarbüschel und der Schmuckstücke klar, dass es sich hier möglicherweise um die Mumie von Hilds Mutter handeln konnte. Einar sah mir über die Schulter und nickte zu meiner Erklärung.
»Interessant«, sagte er. »Aber wenn sie es ist, hätte sie doch die Tür öffnen und zu ihrem Kind zurückkehren können.«
Das hatte ich nicht bedacht. Vielleicht war sie es dann doch nicht, sondern eine andere unglückliche Verwandte, eine Großmutter oder jemand noch Älteres, aber auch dann blieb es ein Rätsel, warum sie nicht aus der Höhle geflohen war. Jedenfalls erklärte ich Einar und Illugi, den beiden Einzigen, die heraufgekommen waren, dass wir den Fund Hild gegenüber am besten nicht erwähnten.
Sie nickten geistesabwesend und ich war nicht sicher, ob sie es überhaupt gehört hatten. Denn Illugi war ganz damit beschäftigt, nach weiteren Runen zu suchen, er wirbelte aber nur Staub auf, vertrocknete Bohnenhülsen und haufenweise tote Insekten. Einar jedoch machte sich
an dem Kasten zu schaffen, dessen eingerostetes Schloss er schließlich mit dem Sax aufbrach.
Es gab mit einem dumpfen Krachen nach und er hob den Deckel. Wir sahen hinein. Natürlich erwarteten wir Gold, Schwerter oder mit Edelsteinen besetzte Kronen. Stattdessen fanden wir eine Anzahl von Stoffbündeln, und als wir sie auseinandergewickelt hatten, kamen eine Reihe von Zinntellern zutage, einige wiesen kleine Löcher auf, durch die sie mit einem Lederband zusammengebunden waren.
»Wie das Buch mit den Blättern im Tempel von St. Otmund«, bemerkte ich und Einar nickte und wühlte weiter in dem Kasten, bitter enttäuscht, dass er weiter nichts darin fand und die Teller nur aus Zinn waren.
»Natürlich«, sagte Illugi mit glänzenden Augen, »genau das ist es. Halt mal die Fackel näher, Orm. Lass sehen … ja, Runen. Ausgezeichnet …« Eine Weile las er, dann richtete er sich enttäuscht auf. »Außer dem guten Rat, zwei Klingen nie gekreuzt hinzulegen und einer Liste von Pflanzen, mit denen man den Amboss einreibt, um ihn zu härten, steht hier nicht viel über die Schmiedekunst, was ich nicht schon vorher gehört hätte.«
»Verfluchtes, nutzloses Loch«, knurrte Einar schlecht gelaunt. »Keinerlei Schätze, keinerlei Hinweise.«
»Aber da ist doch der Runenzauber unten an der Wand«, sagte Illugi optimistisch.
»Weißt du denn, was es bedeutet?«, fragte Einar.
»Ich glaube, es geht um die Wahrheit, oder darum, dass man wahrhaftig oder treu sein soll. Es ist auch eine Ewigkeitsrune dabei, die bedeutet, dass etwas dauerhaft ist. Doch natürlich kommt es auch darauf an, wie man sie einkerbt …«
»In einem Wort: Du hast keine Ahnung, was da steht, stimmt’s?«, sagte Einar zweifelnd und Illugi zuckte mit den Schultern, grinste verlegen und musste zugeben, dass Einar recht hatte.
»Es scheinen Worte zu sein, die man auf einem guten Schwert erwarten würde – ein Runenzauber, der das Schwert treu und dauerhaft macht«, sagte er. »Aber die Runen sind alt und anders als die, die wir jetzt kennen.«
Ein Aufschrei ließ uns alle zusammenfahren, ein ohrenbetäubender Schrei, der die Wände widerhallen ließ wie eine Glocke.
»Was beim Odin …«
Einar war so schnell das Seil hinunter, dass es ihm die Haut von den Handflächen gebrannt haben musste. Ich folgte ihm, nur etwas langsamer, denn ich war mir ziemlich sicher, wer da geschrien hatte.
Ich hatte recht. Hild stand da, umgeben von argwöhnischen Kriegern, und drückte den Schaft der Lanze an ihre Brust. Sie stand so reglos da wie eine Stevenfigur, mit weit aufgerissenen Augen, die ins Nichts blickten, und sie keuchte, als bekäme sie keine Luft.
»Der Mönch hat sie dazu überredet«, sagte Bodvar. »Wir hielten
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