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Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Titel: Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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einzusetzen, waren komplexer: Er wusste genau, dass seine Drohung, die Foltervideos zu veröffentlichen, an Wirksamkeit verlor.
    Larison hatte schon lange kapiert, dass Amerikas politische Eliten nur deshalb auf einer Terrorabwehr bestanden, die auf spurlosem Verschwinden in Geheimgefängnissen, Folter, Drohnenattacken und Militärinvasionen beruhte, weil genau diese Eliten auf perverse Weise von dem gesteigerten Terror profitierten, den ihre Politik hervorrief. Natürlich war diese Politik keineAntwort auf eine Bedrohung, sondern vielmehr deren Ursache, und zwar ganz bewusst. Ein verängstigtes Volk war leicht zu kontrollieren. Endlose Kriege und die sich wie Krebsgeschwüre ausbreitenden Sicherheitsprozeduren brachten den Unternehmen, denen diese Politiker dienten, enorme Profite. In diesem Kontext war die mögliche Veröffentlichung von drastischen Videos, in denen amerikanische Soldaten schreiende muslimische Gefangene folterten, aus der Perspektive besagter amerikanischen Eliten eher ein Versprechen als eine Drohung.
    Dennoch hätten die Menschen in normalen Zeiten auf derart grausame Foltervideos mit Abscheu und Entsetzen reagiert. Diese emotionale Reaktion würde sich gegen die verantwortlichen Akteure des Establishments gerichtet haben und der Ruf der Männer, die solch barbarische Akte angeordnet hatten, wäre für immer beschädigt gewesen, ihre Karriere ruiniert. Das war eine höchst persönliche Bedrohung gewesen, die das institutionalisierte Interesse der Regierung überwog, nach Wegen zu suchen, um die Gefahr des Terrorismus zu erhöhen – jedenfalls so weit, dass die Regierung zugestimmt hatte, Rohdiamanten im Wert von hundert Millionen Dollar auszuspucken.
    Doch jetzt war alles anders. Amerika stand unter Attacke und wen würde es heute noch stören, was auf den Videos zu sehen war? Im Gegenteil – das Volk schrie nach Rache. Niemand würde die für die Folter Verantwortlichen verurteilen. Sie wären Helden.
    Das war der Kern von Larisons Problem. Die Umstände hatten seine ursprünglich guten Karten entwertet und zwar so sehr, dass er sich fragte, ob in der Neutralisierung des Erpressungspotenzials der Bänder nicht sogar der Zweck dieser Anschläge lag. Vielleicht nicht der Hauptzweck, aber sicher hatte jemand darüber nachgedacht. Der Effekt war derselbe. Der Wert seiner Aktiva sank ins Bodenlose und er brauchte neue. Horts Tochter gehörte dazu. Die Tochter und das, wozu sie diente.
    Irgendwann erreichte er die mit Graffiti übersäten Ladenjalousien, rissigen Porenbetonwände und abblätternden »Zu vermieten«-Schilder des sterbenden Gewerbegebiets. Eine Weile wanderte er zwischen den arbeitslosen, einsamen Männern umher, die sich in dieser Gegend herumtrieben, Opfer einer ausgebluteten Ökonomie. Er tauchte zwischen ihnen unter, weil niemand sie auseinanderhalten konnte oder etwas von ihnen wollte und weil sich die Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit der Welt ihnen gegenüber auch auf ihn erstreckte, wenn er sich unter sie mischte.
    Mit dem Rücken an die Backsteinwand eines Recyclingcenters gelehnt blieb er stehen und sah sich um. Die Wolkenkratzer der Innenstadt ragten ein, zwei Kilometer entfernt in den ausgeblichenen, blauen Himmel. Abgesehen von diesen entfernten Monolithen befand er sich an einem Ort, der überall hätte sein können. Eine alte Industriestadt, ein sterbender Ort im Rostgürtel. Hier gab es keine Panikeinkäufe. Es gab nichts zu kaufen und kein Geld, um es zu bezahlen. Es war der letzte Ort, für den sich ein Politiker interessieren, die letzte Gegend, zu deren Schutz je Sicherheitskräfte entsandt werden würden. Er fühlte sich anonym. Er fühlte sich sicher.
    Erst da zog er Keis Handy aus der Tasche, legte den Akku ein und schaltete es ein. Er besaß eine Nummer von Hort, aber er nahm an, dass dieser eine separate, saubere Leitung ausschließlich für den persönlichen Gebrauch eingerichtet hatte. In Keis Kurzwahleinträgen stieß er sofort auf den Eintrag ›Dad‹. Es war eine andere Nummer als die, die er hatte, also tatsächlich ein Privatanschluss.
    Er schickte die Bilder, die er im Lieferwagen aufgenommen hatte, an ›Dad‹, genoss das Gefühl, auf diese Art in Horts Privatleben einzudringen. Er wartete, bis die Fotos hochgeladen waren, dann rief er Hort an.
    Ein Klingeln, dann: »Hallo, meine Süße, ich wollte gerade dieFotos öffnen, die du mir geschickt hast. Wie geht’s dir?«
    »Ihrem süßen Mädel geht es gut«, erwiderte Larison. »Fürs Erste.«
    Es

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