Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
aber es war alles in Ordnung – sie war bereits aufgestanden und hatte schnell ihre Jeans hochgezogen.
Sie kam aus dem Bad und sagte: »Ich habe Hunger.«
Ich nickte. »Wir geben Ihnen gleich etwas zu essen. Aber zuerstmöchte ich, dass Sie sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legen.«
»Warum?«
»Weil Sie dann langsamer sind und es die Versuchung dämpft, etwas zu tun, bei dem Sie verletzt werden könnten. Die Alternative wäre, dass wir Sie wieder fesseln. Ich muss selbst einmal auf die Toilette und ich will nicht, dass Sie von weniger als zwei Personen bewacht werden, solange Sie sich frei bewegen können.«
Sie zögerte, dann tat sie, was ich gesagt hatte. Ich ging aufs Klo, anschließend auch Dox. Als er fertig war, sagte ich Kei, dass sie sich auf eines der Betten setzen konnte. Sie tat es.
Dox nahm das Bett gegenüber und sagte: »Es tut mir leid, dass wir Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten müssen, Miss Kei. Wir sitzen leider in einer Klemme, in die uns Ihr Vater hineinmanövriert hat. Wir müssen ihm einen kleinen Anreiz verschaffen, das Richtige zu tun. Was er, glaube ich, auch machen wird. Trotz unserer Unstimmigkeiten in letzter Zeit ist er mir immer als die Art von Mensch erschienen, die auf Anreize anspricht.«
»So nennen Sie das?«, fragte sie. »Mir Unannehmlichkeiten bereiten?«
»Tja«, sagte Dox, »letzten Endes glaube ich nicht, dass es eine große Rolle spielt, wie wir es nennen. Aber ich entschuldige mich trotzdem dafür. Also gut, Sie sagten, Sie seien hungrig. Wir haben leckeres Essen aus einem edlen Supermarkt, wenn Sie etwas wollen. Für mich sehen Sie aus wie ein Salatmädchen, stimmt’s?«
»Wenn Sie mit Salat einen Cheeseburger meinen, dann ja.«
»Ein Cheeseburger ist im Moment ein bisschen schwierig«, sagte Dox. »Vielleicht später. Bis dahin haben wir Sandwiches aus der Kühlbox, Reste von gestern. Nicht so frisch, wie Sie es vielleicht gerne haben, aber sie schmecken ganz gut, wenn man hungrig genug ist. Was möchten Sie? Roastbeef, wenn ich raten darf? Mit einem schmackhaften Smoothie zum Hinunterspülen?«
»Egal. Ja.«
Ich setzte mich auf den Stuhl, während Dox sie abfütterte und sein Bestes tat, es ihr unter den gegebenen Bedingungen so angenehm wie möglich zu machen. Frauen waren seine große Schwäche, das wusste ich, und seine Weiberheld-Attitüde war bloß Tarnung für die Tatsache, dass er sie wirklich anbetete. Und seine Südstaaten-Ritterlichkeit war auch nicht gespielt. Er war nicht glücklich darüber, was wir hier taten, und mir wurde bewusst, dass ich ihn, was Kei betraf, aus dem genau entgegengesetzten Grund im Auge behalten musste wie Larison. Wo Larisons offenkundiger Hass auf Horton ihn wahrscheinlich dazu trieb, Kei wehzutun, konnte Dox so anhänglich werden und sich so schuldig fühlen, dass er manipulierbar wurde.
»Warum sagen Sie mir nicht, was mein Dad Ihnen getan hat?«, fragte Kei ihn irgendwann. »Was für einen Unterschied würde das denn bedeuten?«
Dox nippte an dem Smoothie, den er sich aufgemacht hatte. Damit hatte er das Brot mit ihr gebrochen und ich fühlte mich unwohl dabei.
»Für uns würde es keinen Unterschied machen«, sagte er. »Aber ich will Sie nicht weiter in die Angelegenheit hineinziehen, als wir es ohnehin schon getan haben. Ich meine, Sie stehen Ihrem Daddy sehr nahe, oder?«
Ich sah, wie sie das Pro und Kontra gegeneinander abwog, bevor sie sich für die Wahrheit entschied. »Ja«, erwiderte sie. »Wir stehen uns nahe. Was auch der Grund ist, warum ich wissen möchte, was er Ihnen angetan haben soll. Ich kann es mir ehrlich nicht vorstellen.«
Dox lächelte. »Er kann sich glücklich schätzen, eine Tochter wie Sie zu haben. Alles, was ich Ihnen dazu sagen kann, ist, dass es mit der Bürde zu tun hat, die ein Mann tragen muss, wenn er ein Mann ist. Gelegentlich gibt es Dinge zu erledigen, von denen wir den Menschen, die wir lieben, nichts erzählen können.«
»Und warum nicht?«
»Weil es in dieser Welt Sachen gibt, die einfach getan werden müssen, und davon zu sprechen, würde euch zu Komplizinnen machen. Indem wir eure Unschuld bewahren, retten wir euch davor, uns in der Hölle Gesellschaft leisten zu müssen. Das klingt vielleicht trivial, aber es ist der einzige Trost, wenn man harte Entscheidungen treffen muss.«
»Das ist doch lächerlich. Sie tun so, als wären Frauen Kinder. Sie glauben, wir können nicht unsere eigenen Entscheidungen treffen? Das ist absolut
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