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Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Titel: Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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war eine Maske aus schlecht verhehltem Schock und Zorn.
    »Denn«, sprach Horton weiter, »was soll das eigentlich bedeuten, wenn in Amerika die Bundesregierung den ›Notstand‹ erklärt? Es gibt überhaupt keine verfassungsmäßige Grundlage für ein derartiges Konzept. Woraus besteht der Notstand? Wann endet er? Das sind schwierige Fragen, aber gleichzeitig auch rein rhetorischer Art. Ich kann Ihnen nämlich versichern, dass hier und heute, in diesem Land, Männer an den Schalthebeln der Macht ernsthaft erwägen, die Verfassung außer Kraft zu setzenund das Kriegsrecht zu verhängen. Und der sogenannte ›Notstand‹ soll die Brücke zwischen dieser Außerkraftsetzung und dem Kriegsrecht bilden.«
    Die Zuschauer im Rosengarten waren immer noch vollkommen still. In unserem Hotelzimmer schien es selbst Dox die Sprache verschlagen zu haben.
    »Heute«, fuhr Horton fort, »möchte ich allen Amerikanern eine einfache Frage stellen. Wenn die Terroristen uns sagen würden, dass sie ihre Anschläge solange fortführen, bis wir die Verfassung zerreißen und unsere Freiheit aufgeben, was würden wir ihnen darauf antworten? Wir würden ihnen zu Recht sagen, sie sollen sich zum Teufel scheren. Und doch sind wir bereit, genau diese Dinge zu tun, wenn wir glauben, es wäre unser eigener, freier Wille und würde zu unserem Schutz geschehen. Aber wo liegt am Ende der Unterschied? Die Verfassung ist in beiden Fällen verloren. Die Freiheiten, auf die wir so stolz sind und für die unsere Vorfahren gekämpft haben, für die sie gestorben sind, für die ich und Mitglieder meiner Familie seit dem Bürgerkrieg gekämpft haben, werden auf ewig dahin sein.«
    Immer noch herrschte absolutes Schweigen, das an Schock grenzte.
    »Ich habe daher lange mit mir gerungen, als der Präsident mich bat, in seiner Regierungsmannschaft mitzuarbeiten. Ich fragte mich: Was soll ich tun? Wenn Ihnen jemand erzählt, die Nähe zur Macht, vor allem in einer Krise, sei nicht verlockend, dann ist er ein Lügner. Ich war also versucht, dieser Regierung zu dienen. Warum auch nicht? Schließlich habe ich mein ganzes Leben lang meinem Land gedient. Das Problem jedoch ist, dass mir klar wurde: Ich kann unserem Land heute nicht mehr dienen, indem ich dem Präsidenten diene. Im Gegenteil, das eine schließt das andere aus. Den Dienst, den der Präsident von mir erwartete, kann zweifellos auch ein anderer kompetent erfüllen. Was jedoch unbedingt nötig war, und zwar dringend, ist, dassjemand mit gutem Beispiel vorangeht. Und ich hoffe, dass viele Menschen meinem Beispiel folgen werden.«
    Er machte eine Pause. Niemand rührte sich. Alle Augen, vor dem Weißen Haus wie in unserem Motelzimmer, waren wie gebannt auf Horton gerichtet.
    »Daher«, sagte er, »muss ich mit sofortiger Wirkung mein Amt in dieser Regierung niederlegen und mein Offizierspatent der Armee der Vereinigten Staaten zurückgeben. Jeden, von dem verlangt wird, die Verfassung zu zerstören, und zwar unter dem diabolischen Vorwand, sie zu retten, möchte ich darin bestärken, sich meinem Beispiel anzuschließen. Ich fordere alle Amerikaner jeglicher Couleur auf, dem Versuch der Regierung Widerstand zu leisten, die verfassungsmäßige Garantie, dass unsere Regierung nur aus dem Volk, durch das Volk und für das Volk existieren kann, zu pervertieren und auszuhöhlen. Und allen Menschen, denen ihre Sicherheit wertvoller ist, als ihre Freiheit, empfehle ich, nach Nordkorea zu gehen, wo sie in einer Gesellschaft leben können, die ihren Vorlieben eher entsprechen dürfte als die, die wir hier in den Vereinigten Staaten von Amerika aufgebaut haben.«
    Er verstummte kurz, dann sagte er: »Es mag sein, dass niemand meine Mahnung ernst nimmt. Damit kann ich leben. Aber ich will verdammt sein – ich würde verdammt sein –, wenn ich zulasse, dass irgendeiner Gruppe primitiver, hasserfüllter, fanatischer Versager, die der Welt nichts anderes zu bieten haben als feige Anschläge auf Zivilisten, mich dazu zwingt, die Freiheiten aufzugeben, auf die ich stolz bin, die ich liebe und die an meine Kinder weiterzugeben ich entschlossen bin, so wie meine Eltern sie an mich weitergegeben haben.«
    Er sah jedem Einzelnen im Publikum ins Gesicht, dann machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte ins Weiße Haus zurück, aufrecht, mit hoch erhobenem Kopf. Einen Moment lang herrschte noch verblüfftes Schweigen, dann sprangen dieReporter auf und begannen, eine Kakofonie von Fragen durcheinander zu schreien. Eine

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