Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
bin froh, dass Sie es sind«, sagte Hort.
Treven ließ den Blick noch einmal durch den Raum gleiten. »Sollten Sie nicht.«
»Warum nicht?«
»Diese Hotelgeschichte war Ihr zweiter Versuch, mich umbringen zu lassen. Ich war ein Idiot, Ihnen zu verraten, was Larison vorhatte. Er hatte recht. Ich hätte ihm einfach helfen sollen, Sie auszuschalten.«
»Diese Männer waren nicht ihretwegen da. Von Ihnen wusste ich, wo ich Sie finden konnte, erinnern Sie sich? Ich weiß, dass Sie der Einzige sind, dem ich trauen kann. Wissen Sie, was das für mich bedeutet, nach allem, was zwischen uns vorgefallen ist? Haben Sie überhaupt eine Ahnung, wie dankbar ich Ihnen war, dass Sie mir eine zweite Chance gaben?«
Treven hatte mehr oder weniger so etwas erwartet. Das Ärgerliche daran war, dass er sich versucht fühlte, dem Mann zu glauben. »Sie haben, was wir wollen?«, fragte er.
Hort warf den Sportbeutel auf den Stuhl neben Treven. »Es ist alles da drin. Nur ein Nylonbeutel, kein Platz für Peilsender, obwohl ich annehme, dass Sie das ohnehin überprüfen werden.«
»Wir werden auch den Inhalt überprüfen lassen. Von einem Fachmann.«
»Selbstverständlich. Dennoch versichere ich Ihnen, dass es sich genau um das handelt, worum Sie gebeten haben. Und jetzt möchte ich Ihnen noch ein zusätzliches Angebot machen, Sie aber auch um einen weiteren Gefallen bitten.«
»Und was?«
»Wenn Sie mich in einen der Canyons oder in den Nationalpark oder an einen anderen einsamen Ort bringen wollen, werde ich mich einfach hinknien und in die Ferne sehen und Sie können mir eine Kugel in den Hinterkopf jagen. Sie müssen es nur sagen.«
»Ist das das Angebot oder der Gefallen?«
Hort lächelte schmal. »So lautet das Angebot. Der Gefallen ist: Hören Sie mich bitte erst an. Und gleichgültig, zu welcher Entscheidung Sie gelangen, bitte ich Sie um noch etwas: Lassen Sie mein kleines Mädchen gehen.«
Beim letzten Wort brach seine Stimme. Treven mochte es kaum glauben. Er kannte Hort nur selbstbewusst, kompetent, als Herr der Lage. Es kam ihm so vor, als hätten sie den Mann durch die Entführung seiner Tochter gebrochen, und plötzlich fühlte er sich beschämt.
Doch Gefühle durfte er sich nicht leisten und schon gar nicht zeigen. »Das wären schon zwei Gefallen«, bemerkte er.
»Wie Sie wollen. Und es ist mir gleichgültig, was Sie mit mir vorhaben. Ich habe in meinem ganzen Leben nie um etwas gebettelt, aber jetzt flehe ich Sie an. Lassen Sie sie einfach gehen.«
Treven machte eine Kopfbewegung. »Lassen Sie mich Ihre Knöchel sehen. Und drehen Sie sich um.«
Hort gehorchte. Er war unbewaffnet.
Treven sah sich in der Halle um. Die Luft war rein. »Also gut«, sagte er. »Gehen wir.«
»Wohin?«
»Vielleicht zu einem der einsamen Orte, von denen Sie gesprochen haben. Was immer Sie mir zu sagen haben, Sie können es unterwegs tun.«
Sie gingen durch die Union Station zur Red-Line-U-Bahn. Treven blieb auf dem Bahnsteig stehen, während ein Zug hereinquietschte und dann wieder davonratterte. Als die ausgestiegenen Passagiere verschwunden waren und sie einen Moment lang allein dastanden, schaltete Treven das Wanzenspürgerät ein, das Rain ihm gegeben hatte. Keine Anzeige.
»Haben Sie ein Handy dabei?«, fragte er.
Hort nickte. »Ja, aber ich habe den Akku herausgenommen. Ich dachte schon, dass Sie fragen würden.«
Also gut. Entweder Hort war sauber oder er trug ein Gerät bei sich, das er später einschalten konnte. Um diese Möglichkeit auszuschließen, würde Treven das Spürgerät wieder einschalten, wenn sie das nächste Mal allein waren.
Noch ein Zug kam und ging und hinterließ einen kurzzeitig menschenleeren Bahnsteig. Diesmal war Treven sicher, dass niemand ihnen folgte, zumindest nicht in Sichtkontakt. Sie warteten noch ein wenig und stiegen dann in den nächsten Zug. Er war etwa halb voll und alle Passagiere sahen aus wie nervöse Zivilisten. Treven befahl Hort, sich ein paar Plätze weiter vorn in derselben Blickrichtung hinzusetzen, damit er den Sportbeutel durchsuchen konnte, ohne dass Hort diese Ablenkung dazu nutzen konnte, ihn zu entwaffnen. Es hätte ihm ohnehin nichts genützt, aber man nahm dem Gegner am besten Motiv
und
Gelegenheit.
Während der Waggon schwankend durch den engen Tunnel brauste, zog Treven den Reißverschluss des Beutels auf. Tausende von kleinen, hellen Steinen, manche gelblich, manche hellgrau, die meisten aber durchscheinend weiß. Er schob die Hand hinein und durchwühlte sie
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