Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
fragte: »Nein? Sie wollen den Job nicht?«
»Niemand wird ihn haben wollen. Er ist zu schwierig und zu gefährlich.«
Ein eigenständiger Teil meines Verstandes konstatierte, dass ich aus Gründen der Durchführbarkeit ablehnte, nicht aus Prinzip. Ich wusste es besser, aber man hätte vermuten können, dass meine Antwort weniger Ablehnung bedeutete, als eine Verhandlungstaktik.
»Hören Sie, wir haben beide einen langen Weg hinter uns. Wenn Sie nicht zu sehr in Eile sind, warum lassen Sie mich nicht erst einmal ausreden?«
Der Vorschlag klang absolut vernünftig. Und doch spürte ich Gefahr dahinter lauern. Warum?
Weil du interessiert bist. Gib es zu. Andernfalls wärst du gar nicht gekommen.
Nein. Ich bin hier, um herauszufinden, was hinter der Sache steckt. Weil gewarnt sein bedeutet, gewappnet zu sein. Solide Taktik, sonst nichts.
Der Einwand klang dünn. Ich hörte Kanezaki und Dox leise in sich hineinlachen, wie immer, wenn ich sagte, dass ich aussteigen wollte. Hatten sie recht? Kannten sie mich besser, als ich mich selbst?
Der Kellner brachte Hortons Getränke und verschwand wieder. Horton rührte etwas Sahne in seinen Kaffee und sagte: »Das Nationale Antiterror-Zentrum befasst sich in erster Linie mit Analyse und Koordination, aber Shorrock hat auch die Kapazität für eigene Operationen entwickelt. Sehen Sie, vor 9/11war Al Qaida nicht in der Lage, muslimische Amerikaner zu rekrutieren, doch heute ist das anders.«
»Sie meinen das Blutbad von Fort Hood?«
»Und die versuchten Bombenanschläge auf die Northwest Airlines und den Times Square, die geplanten Bombenanschläge auf die Metro in Washington, der Portland-Anschlag … allesamt das Werk amerikanischer Moslems.«
Ich lachte. »Sie meinen, nach einem Jahrzehnt mit zwei offenen und einem Dutzend verdeckten Kriegen, Drohnen-Attacken, Folter, Bombenrhetorik gegen den Iran, Massenhysterie wegen Moscheen … da werden die amerikanischen Moslems plötzlich anfällig für den Schrei nach Rache? Wie schockierend!«
Er nippte an seinem Kaffee und stellte die Tasse ab. »Ich wollte, ich hätte Ihren Humor. Aber das Problem verschlimmert sich.«
»Was hat das mit Shorrock zu tun?«
»Seine Männer haben verschiedene Zellen im Land infiltriert. Theoretisch sollte Shorrock nur tief genug in eine Zelle eindringen, um ausreichendes Belastungsmaterial für eine Anklage zu sammeln. Tatsächlich leitet er diese Zellen inzwischen komplett. Können Sie mir folgen?«
»Shorrock ist ein heimlicher Radikaler?«
»Shorrock plant eine Serie von Anschlägen unter falscher Flagge. Innerhalb Amerikas.«
Die Richtung, in der sich das hier entwickelte, gefiel mir nicht. »Warum?«
Er sah mich an. »Um die emotionale und politische Grundlage für eine Außerkraftsetzung der Verfassung zu schaffen.«
»Sie meinen einen Militärputsch«, sagte ich zweifelnd. »In Amerika?«
»Ein Staatsstreich gegen die Verfassung, ja. Sie glauben, das könnte hier nicht passieren? Ich bitte Sie! Selbst wenn Sie den Job nicht annehmen wollen, tun Sie sich den Gefallen und googelnSie COINTELPRO, oder Operation Mockingbird, oder, ach ja, besonders Operation Northwoods. Und wenn Sie schon dabei sind, sehen Sie auch unter Operation Ajax nach, Operation Gladio, dem ›kubanischen Projekt‹ und der sogenannten ›Strategie der Spannung‹. Und das sind nur die Operationen, von denen etwas durchgesickert ist. Es gab noch andere. Vielleicht glauben Sie ja, so etwas wie der Reichstagsbrand, der Überfall auf den Sender Gleiwitz und die angeblichen tschetschenischen Bombenanschläge in Russland könnten heute nicht mehr passieren, und schon gar nicht in Amerika. Aber so naiv kommen Sie mir eigentlich nicht vor.«
»War 9/11 auch ein Insider-Job?«
»Nein, obwohl das angesichts der Art, wie der Anschlag ausgeschlachtet wurde, durchaus plausibel erscheinen könnte. Aber nur, weil nicht alle Massenmorde unter falscher Flagge stattfinden, heißt das nicht, dass es nicht vorkäme.«
Der Kellner brachte das Omelett und Horton machte sich darüber her. Ich fragte mich, wie viel von dem, was er mir erzählte, der Wahrheit entsprach. Und warum ich mich, falls es stimmte, darauf einlassen sollte.
»Möchten Sie nicht auch?«, fragte er kauend und deutete auf das Omelett. »Es schmeckt köstlich.«
»Warum kommen Sie mit der Sache ausgerechnet zu mir?«
Er schluckte hinunter und nickte, als hätte er auf die Frage gewartet. »Hinter dem Plan stecken prominente Individuen aus Politik, Militär,
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