Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
links abgebogen, um mich so schnell wie möglich von Larison zu entfernen, aber das war die Richtung, wo wir dem Polizisten begegnet waren, und dem wollte ich nicht wieder in die Arme laufen.
Die Sache mit dem Messer machte mir Sorgen. Es war gerade noch einmal gut gegangen. Finch hatte einfach nicht nach einem Messer-Mann ausgesehe und das hatte mich zur Nachlässigkeit verleitet. Wie zum Teufel war es ihm überhaupt gelungen, das Ding in den Flughäfen an den Sicherheitskontrollen vorbei zu schmuggeln? Vielleicht war es nicht im Handgepäck gewesen. Oder es gab einen speziellen Dispens für Regierungsbeamte. Wie so oft.
Zwanzig Minuten später, nachdem ich Overalls und Plastikfolie in verschiedenen Müllcontainern entsorgt hatte, rief ich Dox an. Larison würde dasselbe bei Treven tun. »Erledigt«, teilte ich ihm mit.
»Keine Probleme?«
»Kaum«, sagte ich und dachte an den Polizisten. »Nichts, womit wir nicht fertig geworden wären.«
»Gut zu hören. Alles in Ordnung bei dir?«
»Bestens.«
»Wollen wir uns treffen und besprechen?«
»Lieber auf der anderen Seite des großen Teichs. Ohne guten Grund sollten wir uns nicht zusammen sehen lassen.«
»Abgesehen von meiner anregenden Gesellschaft. Aber keine Sorge, ist schon okay.«
Ich fragte mich einen Moment lang, ob ich seine Gefühle verletzt hatte. Wollte er wirklich einfach mit mir … zusammensitzen? Feiern, oder was?
Aber sein Auflachen belehrte mich eines Besseren. »War nur Spaß. Offen gesagt, da um die Uhrzeit keine Züge mehr fahren, denke ich darüber nach, mir eine Gefährtin zu suchen, die meinen ›Neigungen‹ eher entspricht, wie du es gerne ausdrückst.«
»Sicher, lass dich verwöhnen. Aber achte diesmal auf den Adamsapfel, ja?«
Einmal, in Bangkok, hatte Dox mit einem wunderschönen Transvestiten angebandelt, bis mich im letzten Moment das Mitleid übermannte und ich ihn warnte. Doch ihn vor einem peinlichen Missgeschick zu bewahren und ihn sich ausleben zu lassen, waren zwei ganz verschiedene Dinge.
Er lachte. »Ja, Sir, ich habe meine Lektion gelernt. Na, dann werde ich mal die Stadt unsicher machen. War ja ein hübscher Zahltag. Obwohl ich das Gefühl habe, die Schwerarbeit ist an dir hängen geblieben.«
»Ich hätte mich sehr unwohl gefühlt, wenn du mir nicht den Rücken frei gehalten hättest.«
Kurze Pause, dann sagte er: »War mir eine Ehre, Mann. Danke.«
Ich dachte daran zurück, wie er mich in Hongkong über seine gewaltige Schulter gehievt hatte, als ich am Verbluten war, und an die Transfusion, mit der er mir später das Leben gerettet hatte. »Ist nichts als die Wahrheit.«
»Du wirst mir doch jetzt nicht sentimental, oder?«
Ich lächelte. »Nicht doch.«
»Na, ist wahrscheinlich besser, wenn wir uns heute Nacht nicht mehr sehen. Ich könnte dir um den Hals fallen und du würdest dich völlig unmöglich machen, indem du mich in den Arm nimmst.«
»Danke für die Rücksichtnahme. Ich weiß es zu schätzen.«
Er lachte. »Na schön. Ich mach jetzt Party wie ein Rockstar. Bis die Tage!«
Ich legte auf und spazierte alleine durch Wien.
Ich dachte darüber nach, was Larison heute gesagt hatte. Ich redete mir ein:
Einer geht noch.
Das Mantra des Alkoholikers.
Larison kehrte langsam zum Hotel zurück. Er hielt sich in den Schatten und versuchte, Zivilisten zu meiden. Seine Gedanken rasten, seine Emotionen tobten und er wusste, wenn er sich so fühlte, konnten die Leute in seiner Umgebung es spüren wie eine Störung in einem großstädtischen Kraftfeld. Eine Prostituierte, die am Rand eines Parks ihre Angel ausgeworfen hatte, lächelte ihn mit geübter Professionalität an, aber das Lächeln erlosch schnell. Ein Schatten glitt über ihr Gesicht und sie trat einen Schritt zurück, wandte sich halb ab, als wollte sie davonrennen. In einer abergläubischeren Kultur hätte sie sich wahrscheinlich bekreuzigt.
Larison ging weiter und blickte sich nach links und rechts um, registrierte Gefahrenpunkte und checkte die Umgebung. Wie konnte Rain nur so ein Idiot sein und nicht begreifen, dass der Gegner Hort hieß? Bei Treven war es psychologisch nachvollziehbar – Bindung an die Einheit, die Kommandostruktur, Autoritätsgläubigkeit. Aber Rain? Der brauchte diese Art von Krücken nicht, er lebte schon lange ohne sie. Warum zögerte er also? Wenn es ihm nur ums Geld ging, mussten die Diamanten ihn reizen. Wollte er wirklich etwas Gutes tun? Der Gedanke klang vage verführerisch. Aber Larisons große Hoffnung war, die
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