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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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verspürte ein irrationales Gefühl der Enttäuschung und des Schmerzes. Auch eine Spur Schuldgefühl schwang mit, Schuld darüber, dass er diesen Moment unschuldiger Freude zerstört hatte.
    Der Schlamm, in dem die Mädchen standen, war nahezu rot. Sein erdiger Geruch drang bis zu Cooper hinüber. Aber in dieser Gegend gab es keinen Lehmboden. Der Dark Peak erstreckte sich über saurem Torf mit einer völlig anderen Art von Schlamm. Das Zeug, in dem die Wanderer auf dem Gipfel des Black Hill und Bleaklow bis zu den Knien versanken, war schwarz und glitschig. Der Lehm musste extra hierher gebracht worden sein. Aber wozu? Nur damit die Mädchen darin spielen
konnten? Oder hatten sie ihn von ihren Eltern ausgeliehen, die ihn zu anderen Zwecken brauchten?
    »Meinetwegen müsst ihr nicht aufhören«, sagte er. »Achtet gar nicht auf mich.«
    Aber die Mädchen starrten ihm stumm und reglos nach, während er auf dem hinteren Weg an ihnen vorbeiging. Cooper musste an seine Nichten denken, die ungefähr im selben Alter wie die Oxley-Mädchen waren. Es würde ihn sehr verletzen, wenn ihm von Amy und Josie plötzlich dieselbe Angst und dasselbe Misstrauen entgegenschlagen würden wie von diesen Mädchen, dieselbe Abneigung und Weigerung, auf jemanden zuzugehen. Aber Amy und Josie waren keine Oxleys, sie waren seine Nichten. Er war ihr Onkel Ben, und sie kannten ihn ihr ganzes Leben lang. Sie waren miteinander verwandt, und das machte einen großen Unterschied.
    Das heißt, zumindest in Coopers Familie.
    Er warf einen Blick zurück auf die Ruinen der Trafalgar Terrace, die sich offensichtlich eine Vielzahl von Tauben zu ihrem Zuhause auserkoren hatte. Die Vögel hockten aufgereiht entlang der Dachkante, nervös mit den Köpfen nickend. Sie hatten ihre Nester auf den Fensterbrettern in den oberen Stockwerken gebaut,zwischen spärlichen Strohhalmen,vermodertem Holz und zerbrochenem Fensterglas.
    »Sie haben kein Recht, sich hier aufzuhalten.«
    Lucas Oxley stand vor einer Pforte im Maschendrahtzaun seines Hofs. In einer Hand hielt er einen Hammer, aus der zweiten ragten rostige Nägel. Cooper sah sich suchend um, was Lucas da zusammengenagelt haben könnte, konnte unter dem Unrat auf dem Rasen aber nichts entdecken.
    Irgendwo hinter Oxley war ein Scharren und Rascheln zu hören. Es schien aus Richtung der im Hof aufgestapelten Eisenbahnschwellen und Autoreifen zu kommen, vielleicht aber auch aus einem der Durchgänge zwischen den Häusern. Irgendjemand machte sich offenbar dort hinten zu schaffen.
Cooper malte sich aus, wie dort weitere Oxleys ihrer Arbeit nachgingen, vorsichtig miteinander flüsternd. Ohne dass man es ihnen gesagt hätte, wussten sie genau, dass ein Fremder in der Nähe war. Allmählich war er überzeugt, dass die Oxleys es riechen konnten, wenn er kam. Vielleicht sollte er bei seinem nächsten sonntäglichen Ausflug zu Somerfield’s ein anderes Aftershave und ein neues Deodorant auswählen. Das würde seinen Eigengeruch verschleiern, und er könnte sich näher an ihr Nest herantasten, bevor sie ihn wieder entdeckten.
    »Guten Tag, Mr Oxley«, sagte er.
    Oxley schob eine Hand voll Nägel in die Tasche seiner Jacke und nahm die Hand wieder heraus. Dann verstärkte er den Griff um den Hammerstiel und starrte Cooper wortlos an.
    Aus dem Hof ertönte das unterdrückte Lachen eines Mannes. Wahrscheinlich einer der Oxley-Söhne. Die Männer auf dem Hof – wer immer sie auch waren – schienen einen schweren Gegenstand über den Boden zu schleifen. Das Teil schrammte über den Beton und landete mit einem dumpfen Knall auf dem Boden.
    Tracy Udall trat neben Cooper, war jedoch feinfühlig genug, nichts zu sagen. Lucas Oxley würdigte sie keines Blickes.
    »Kein gutes Wetter heute Morgen«, sagte Cooper. »Ziemlich nass. Nasser als in der letzten Zeit.«
    Oxley nickte vorsichtig.
    »Aber wie ich sehe, kommen Sie dazu, wenigstens ein paar Arbeiten im Freien zu erledigen.«
    »Was?«
    »Sie arbeiten. Sie richten den Zaun, oder?«
    »Was soll das heißen?«
    »Nichts. Und wie es sich anhört, halten Sie Ihre Jungs dort hinten ganz schön auf Trab.«
    »Es sind gute Jungs.«
    »Davon bin ich überzeugt.«

    »Junge Burschen bekommen hin und wieder Ärger. Das heißt aber noch nichts.«
    »Nein.«
    »Es sind gute Jungs.«
    »Wir würden gern mit Ihnen sprechen, Sir.«
    »Über was Besonderes? Oder wollten Sie nur die Zeit totschlagen? Wenn das so ist, sind Sie hier am falschen Ort.«
    »Es geht um Neil Granger,

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