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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Ich vermute, das hört sich in Ihren Ohren sehr banal an, oder?«
    »Eine kleine Geste wie diese kann sehr viel bedeuten.«
    »In dem Fall war es so.Weil es das erste Mal seit vielen Jahren war, dass Howard mich berührte.«
    Fry stellte fest, dass sie Sarah Renshaw mit wachsender Empfindungslosigkeit lauschte, als würde Stück für Stück eine Schutzschicht über ihre eigenen Gefühle wachsen. Im Geist legte sie einen Schutzanzug an und schlüpfte in eine unsichtbare kugelsichere Weste. Ihre oberste Priorität war es, diese Situation gut zu überstehen. Sie musste sich Sarah Renshaws Schuldgefühle nicht zu Eigen machen, nicht einen winzigen Teil davon.
    »Und jetzt haben Sie begonnen, an Ihrem Mann zu zweifeln?«
    »Ja, als man die sterblichen Überreste auf dem Friedhof fand. Howard schien zu glauben, dass es Emma war. Aber das ist lächerlich. In dem Moment erkannte ich, dass Howard glaubte, sie sei tot.«

36
    D iane Fry nahm sich erneut alle Akten zum Fall Emma Renshaw vor. Es war das dritte Mal, dass sie sie durchlas. Mehr denn je fielen ihr die Lücken in den Ermittlungen auf. So war Khadi Gupta nie befragt worden. Vielleicht hatten die anderen Studenten sie nie erwähnt, weil sie nicht zu ihrer sozialen Gruppe gehörte. Aber sie war zusammen mit Emma auf dem Foto gewesen, das die Renshaws der Polizei gegeben hatten.
    Die Möglichkeit, dass Emma von jemandem im Auto zum Bahnhof mitgenommen worden war, war thematisiert worden. Aber das nur im Zusammenhang mit Neil Granger und Alex Dearden und ein paar anderen Studenten, die sie kannte. Man hatte nie versucht, andere Optionen auszuschließen. So hatte niemand über den Tellerrand der direkten Umgebung geschaut und den Blick nordwärts gerichtet. Niemand hatte Howard Renshaws Aktivitäten an diesem Tag überprüft.
    Fry dachte über die Beziehung zwischen den Renshaws und ihrer Tochter nach. Auf Sarahs Seite war sie von Schuld geprägt. Alles, was geschah, geschah deswegen, weil sie etwas falsch gemacht hatte. Zumindest, was ihre Tochter betraf. Emma hatte nichts tun können, das nicht in irgendeiner Weise Sarahs Fehler gewesen wäre. Ihre Erinnerung, dem Kind die Brust verweigert zu haben, war eine immerwährende Bestätigung. Wie selbstbesessen und grüblerisch musste diese Frau sein, um auf solche Gedanken zu kommen?
    Aber mit Howard war es komplizierter. Oder vielleicht war er einfach nicht so leicht zu durchschauen. Fry fiel Gavin Murfins Urteil über Howard wieder ein. Er hatte ihn als einen Mann beschrieben, der erst überlegte, bevor er den Mund aufmachte.
Er sagte nie etwas, ohne vorher nicht lange darüber nachgedacht zu haben.
    Die Renshaws hatten Emma an diesem Tag zu Hause erwartet. Sie hatten am Bahnhof in Glossop auf sie gewartet. Aber waren die beiden bis dahin zu Hause gewesen? Nein. Howard sagte, er sei geschäftlich unterwegs gewesen.
    Fry hätte Howard gern zu einer Aussage bewogen, aber nicht in Anwesenheit seiner Frau. Sie hatte Sarah Renshaw lange genug zugehört.
     
     
    »Das ist sehr traurig«, sagte Ben Cooper später. Er war gerade damit fertig, Anrufe zu potentiellen Bewohnern flacher Gräber entgegenzunehmen, als Fry das Gespräch auf die Renshaws brachte. »Wenn es nur einer wäre, läge die Sache vielleicht anders. Aber die Renshaws bestätigen sich gegenseitig in ihren Wahnvorstellungen.«
    »Irgendjemand ermutigt Sarah.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Cooper. »Denkst du an Howard?«
    Fry nickte. »Ja, an Howard.«
    »Denkst du, dass er seine Frau mit Absicht in dem Glauben bestärkt, Emma sei noch am Leben?«
    »Ich sehe nur, dass sie vollkommen besessen von diesem Gedanken und absolut nicht mehr ansprechbar ist. Die arme Frau befindet sich jetzt seit zwei Jahren in diesem Zustand. Kein Wunder, dass sie nicht mehr unterscheiden kann, was real ist und was nicht. Aber was Howard angeht – denkst du nicht, dass er etwas dick aufträgt?«
    »Er geht eben anders damit um«, erwiderte Cooper vorsichtig.
    Fry schnaubte. »Anders? Am Anfang hielt ich ihn für eine ebenso traurige Gestalt wie seine Frau. Aber die Geschichte mit dem Schädel war dann doch zu schaurig und theatralisch. Wie eine Szene aus einer dieser jakobinischen Tragödien, die
wir in der Schule lesen mussten. Übertrieben melodramatisch mit jeder Menge Leichen.«
    »John Webster? Die Tragödie von der Herzogin von Amalfi? «
    »Ja, so was in der Art.«
    »›Bedecke ihr Gesicht, meine Augen sind geblendet.‹«
    »Was?«
    »Das war eine Zeile aus dem

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