Die einsamen Toten
herab.
»So weit, so gut«, sagte Fry. »Hilf mir mal über die Mauer.«
Im ersten Haus der Trafalgar Terrace roch es säuerlich und nach Schimmel. Ein Geruch wie nach altem Apfelwein. Diese Häuser lagen etwas weiter unten am Hang als die ihrer Nachbarn, und die Feuchtigkeit war über die Steinstufen ins Innere gedrungen und aus dem schwarzen Torf, der das Wasser wie ein Schwamm aufsaugte, durch die Fußböden nach oben gestiegen. Aber über die Feuchtigkeit und die abgestandene Luft aus alten Teppichen und noch älteren Tapeten hatte sich noch ein anderer, deutlich bittererer Geruch gelegt.
Die kaputte Tür hing nur noch an einer losen Angel und hatte sich leicht öffnen lassen. Fry stieg über einige Pappkartons, die in sich zusammengesunken waren und sich bereits in Auflösung befanden, hinweg und trat in den gegenüberliegenden Gang.
»Hier hat es gebrannt«, stellte sie fest.
Cooper kam ihr nach und leuchtete mit der Taschenlampe in die verfallene Küche. Um das Spülbecken herum und am Fensterrahmen waren Brandspuren zu sehen, und an der Wand, wo vielleicht einmal der Elektroherd gestanden hatte, klaffte ein schwarzer Fleck.
»Glaubst du, hier wohnt noch jemand?«, fragte Fry.
»Das waren wahrscheinlich nur spielende Kinder. Und auf jeden Fall zündeln sie gern. Wie der kleine Jake.«
»Meinst du?« Sie stocherte mit dem Fuß in einem Haufen Abfall herum. »Schau dir mal das an.«
»Was ist das?«
»Stanniolpapier. Und eine halbe Cola-Dose. Sieht aus, als hätten die Kids hier eine Drogenhöhle aufgezogen.«
»Das ist für uns nicht wichtig, Diane.Wollen wir unser Glück mal oben versuchen?«
Sie zögerte einen Moment. »Okay. Wo ist hier die Treppe?«
Cooper erinnerte sich von seinem Besuch bei Fran Oxley noch genau an den Schnitt der Häuser. Diesem Abend hatte er es zu verdanken, dass er seinen Weg auch im Dunkeln gefunden hätte. Zum Glück hatte er dieses Mal eine Taschenlampe dabei. Eigentlich hätten sie zwei gehabt, wenn Fry nicht lieber alle Zimmerecken nach herabhängenden Spinnweben abgesucht hätte.
»Kann es sein, dass du Angst vor Spinnen hast, Diane?«, fragte Cooper, der bereits auf der Treppe stand.
Sie gab ihm keine Antwort, sondern starrte konzentriert nach oben wie ein Gutachter, der die Decken nach Rissen im Putz absucht.
»Diane?«
»Oh. Sofort, ich komme schon.«
Im oberen Stockwerk fehlten einige Bretter im Fußboden, und die alten elektrischen Leitungen lagen frei. Cooper beleuchtete mit der Taschenlampe den Boden zu seinen Füßen, damit er sah, wo er hintrat.
»Pass auf, wo du hintrittst, Diane. Und achte darauf, dass du mit deiner Taschenlampe nicht durch die Fenster hinten rausleuchtest, damit niemand das Licht sieht.«
»Aber du sagtest doch, es ist niemand zu Hause.«
»Keiner von den Männern. Aber wir wollen doch Mrs Wallwin auf Nummer sieben nicht erschrecken. Und auch Wendy Tagg ist sicher daheim bei den Kindern.«
An mehreren Stellen regnete es durch das Dach. Der Regen tropfte auf die Zimmerdecken über ihren Köpfen, und es hörte sich an wie das Trippeln winziger Füße. In der Ecke eines der Schlafzimmer ergoss sich ein glänzender Wasserschwall über eine verschimmelte Tapete. Ein vermodertes Dielenbrett gab unter Frys Füßen knackend nach. Cooper streckte die Hand aus, um sie festzuhalten. Als er ihre Schulter berührte, stellte er überrascht fest, dass sie zitterte.
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Bestens.«
Cooper richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf das Badezimmer am Ende des kurzen Flurs. Eine Toilettenschüssel aus Porzellan, Waschbecken und Badewanne befanden sich noch an ihrem Platz und glänzten weiß im Licht.
»Glaubst du, wir finden hier ein Lager an gestohlenen Antiquitäten?«, fragte er.
»Ich weiß nicht. Irgendwo müssen die Sachen ja sein. Sie können den Krempel ja nicht ständig woanders hinbringen.«
Cooper steckte den Kopf durch die Tür des Badezimmers. »Mann, ich möchte wetten, dass in der Badewanne wahre Ungetüme von Spinnen hausen.«
»Wo?«
»War nur ein Witz. Hier ist nichts. Nicht einmal eine Falltür auf den Speicher. Ob es hier einen Keller gibt?«
»O Gott, das auch noch.«
Er konnte Frys Gesicht nicht sehen, weil sie gerade die Treppe hinaufschaute.
»Wenn ja, dann geh ich mal runter. Du kannst aber gern an der Hintertür auf mich warten.«
»Nein, mir geht es gut. Wirklich.«
Cooper stieg vorsichtig die Treppe wieder hinunter und trat in den Flur.
»Falls es einen Keller gibt, liegt
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