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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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den Müll steigend, trat Fry langsam den Rückzug Richtung Tür an. »Nein, Ben. Ich hätte mich nie dazu von dir überreden lassen dürfen.«
    »Dich überreden? Wann habe ich dich schon mal zu was überreden können?«

    »Sei leise«, sagte Fry. »Die können dich drüben in der Waterloo Terrace hören. Es ist besser, wenn keiner weiß, dass wir hier waren. Mist, wir vermasseln vielleicht noch alles mit unserer Eigenmächtigkeit.«
    Cooper biss sich frustriert auf die Unterlippe. »Okay, Diane. Also, zurück zu den Kühen. Je größer sie sind, desto einfacher kommt man mit ihnen zurecht.«

37
    D erek Alton konnte genau sehen, wo Neil Granger gestorben war. Genau hier auf dem stoppeligen Gras, zwischen Schafskot und vereinzelten Steinen, wo der Wind über die exponierten Stellen des Withens Moors strich. Hier war sein Körper erkaltet, und sein Blut hatte sich mit den Rinnsalen aus dunklem Wasser vermengt, die aus den höher liegenden Teilen des Moors flossen. Und vielleicht war es genau dieser Fels gewesen, auf dem die Krähen ungeduldig darauf gewartet hatten, dass sein Leben verrann.
    Alton war bei der Eröffnung der gerichtlichen Untersuchung dabei gewesen und erinnerte sich, dass man die Krähen erwähnt hatte. Der Gerichtsmediziner hatte erklärt, weshalb einige der Verletzungen keine Folgen von Mord oder Totschlag waren. Erstens waren dem Opfer die Verletzungen im Gesicht erst nach seinem Tod beigefügt worden, und zweitens stammten sie nicht von Menschenhand.
    Noch immer flatterte das blaue Absperrband im Wind, obwohl einer der Metallpfosten umgekippt war, den die Polizei zur Befestigung ins Moor gerammt hatte. Aber der Torfbelag war hier zu flach und hatte nicht für ausreichend Halt gesorgt. Doch Alton hatte keinen Blick für das flatternde Band übrig. Er sah sinnierend den zarten, weißen Dampfwolken nach, die aus dem Luftschacht entwichen und sich kurz an den Steinen fingen, ehe sie vom Wind verteilt wurden.
    Alton wusste, dass es dumm von ihm gewesen war, sich auf die Border Rats und ihren Überraschungsauftritt beim Brunnenverkleiden in Hey Bridge einzulassen. Er hatte geglaubt, zumindest von den Oxleys akzeptiert zu werden. Oder wenigstens
hatte er sich das eingeredet. Aber das war ein Fehler gewesen, und der Dekan hatte ihm das auch klar gemacht. Sein Ruf hatte ohnehin schon unter einer anderen Fehleinschätzung gelitten. Doch das war es nicht, was Derek Alton die größten Sorgen bereitete.
    Als er an diesem Nachmittag wieder einmal einen Blick auf das Buntglasfenster von St. Asaph geworfen hatte, war ihm aufgefallen, dass das Rot der glühenden Kohlen die falsche Farbe hatte. Es war zu blass, wenn die Sonne darauf fiel, viel zu weich in seinen Schattierungen, schimmerte beinahe schon rosa. Es hatte nichts Bedrohliches an sich, nichts, woraus man hätte schließen können, dass der Mantel von St. Asaph Feuer fangen könnte.
    Echtes Feuer sah anders aus. Echtes Feuer leuchtete in einem aggressiven, zornigen Rot und demonstrierte unmissverständlich die Bedrohung, die von echten Flammen ausging, ihre destruktive Kraft. Ihr Rot glich eher dem, das Alton sah, wenn er im Dunkeln seine Hände vor eine brennende Kerze hielt und beobachtete, wie die Knochen seiner Finger als blutrote Umrisse sichtbar wurden und die Flammen hinter seiner durchsichtigen Haut flackerten. Seine Hände sahen dann aus, als lägen sie in einem Ofen, bereit, wie Eisen in unvorstellbarer Hitze geschmiedet zu werden. Das war die Farbe von Feuer. Sein eigenes Fleisch veranschaulichte quasi die wahre Röte glühender Kohlen.
    Manchmal, wenn er nachts wach lag, kam ihm der Gedanke, dass er selbst am Eindringen der Natur in seinen Friedhof schuld war. Schließlich hatte er zugestimmt, die Brunnenverkleidung zu segnen. Statt die Anbetung der Göttin des Wassers und der Macht des Frühlings zu billigen, hätte er vielleicht das Wort Gottes heraufbeschwören sollen, um die heidnischen Kräfte zu bannen und in die Finsternis zurückzutreiben. Er malte sich aus, wie er die mit Blumen geschmückten Bretter der Brunnenverkleidung mit Weihwasser besprengte und dabei
zusah, wie die Muster schrumpelten und in Flammen aufgingen.
    Aber wenn er dann am Morgen erwachte, war er sich um die Dummheit seiner Gedanken bewusst. Es war nicht nur dumm, sondern sogar abergläubisch von ihm. Die Kirche war viel pragmatischer und tat, was die Menschen von ihr erwarteten. Andere Kirchen segneten die Tiere, welche die Leute brachten, er segnete nur das

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