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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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reden Sie da? Wie sagten Sie, heißen Sie?«
    »Ich heiße Norton, Sandy Norton.« Er drückte das Plastikbündel an seine Brust und deutete mit dem Kopf. » Er kennt mich. Der dort drüben.«
    Fry folgte seinem Blick. »Gavin! Der Herr hier sagt, er kennt dich. Kümmerst du dich mal um ihn?«
    »Hallo, Kumpel«, sagte Murfin und überquerte die Straße. »Wie geht’s, wie steht’s in der Tunnelstadt? Was haben Sie denn da Schönes?«
    »Das habe ich gefunden.«
    »Gefunden?«
    »Im mittleren Tunnel. Unter dem Luftschacht. Wir haben
uns dort mal umgesehen, wie Ihr Kollege uns gesagt hat. Und das haben wir dort gefunden. Ich dachte, Sie wollen es vielleicht sehen. Aber wenn es Sie nicht mehr interessiert, verbrenne ich es.«
    »Lassen Sie mal sehen.«
    Norton fing an, umständlich den Gegenstand in der Plastikfolie auszuwickeln, der in mehrere Lagen eingeschlagen war. Fry dachte schon, dass überhaupt nichts in dem Bündel war, als endlich der Inhalt sichtbar wurde.
    »Ein Stock«, sagte sie. »Gavin, der sieht aus wie einer von den Stöcken der Border Rats.«
    »Du hast Recht.«
    Norton deutete mit einem plumpen Finger darauf. »Und sehen Sie, an dem Ende -«
    »Nicht anfassen!«, rief Fry. »Haben Sie dort hingefasst?«
    »Ich habe Handschuhe getragen im Tunnel«, erklärte Norton beleidigt. »Und sobald ich das hier sah, habe ich das Teil eingewickelt. War das richtig?«
    »Das war völlig korrekt, danke.«
    »Na, das freut mich. Das ist doch Blut, oder?«
    »Es sieht so aus.«
    »Es war der andere aus Ihrem Verein, der mich gebeten hat, dort mal nachzuschauen. Aber ich konnte ihn nirgends finden, um es ihm zu geben. Also hatte er Recht, oder?«
    Fry warf einen Blick zurück auf die schwarze Häuserreihe und die brennenden Gebäude dahinter. Die grauen Schatten einiger Ringeltauben flatterten immer noch zwischen den Rauchwolken umher. Sie würden sich bald ein neues Zuhause suchen müssen.
    »Ja, er hatte Recht«, erwiderte sie.

41
    Montag
     
     
    A n diesem Maifeiertag kam man sich in Withens nicht mehr ganz so isoliert vor. Nur wenige Meter entfernt brauste die ganze Welt vorbei und schien mit jeder Sekunde näher zu rücken.
    Das Dorf war voller Besucher, die den Brunnenschmuck bewunderten, und der Quiet Sheperd machte gute Geschäfte. Aber Ben Cooper konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Welt auch auf andere, vielleicht wesentlich subtilere Weise in das Tal eindrang.Wanderer, die von der Türkei aus der Europastraße E8 folgten, landeten in Longdendale. Lastwagenfahrer bogen bei ihrer Überquerung der Pennines immer öfter von der A628 ab, um oberhalb von Withens am Straßenrand zu nächtigen. An den Stellen waren das Gras niedergetreten und der Boden festgestampft, und ringsum hatte sich allmählich eine neue Parkbucht entwickelt. Diese Lkws kamen aus der ganzen Welt. Selbst der saure Regen, der die Torfmoore zerstörte, stammte vielleicht aus anderen Gegenden der Welt als nur aus Manchester.
    Cooper saß in seinem Wagen, sein Handy am Ohr. Wenn er das alles auf einer Karte einzeichnen würde, überlegte er, würde sich herauskristallisieren, dass das Dorf zwar von allen Seiten umzingelt, aber trotzdem immer noch isoliert war. Zum Süden hin war es durch den steten Verkehrsstrom der Umgehungsstraße vom Rest der Welt abgeschnitten, zum Westen hin von den Hochspannungsleitungen des National Grid und dem geplanten neuen Transpennine-Express, der in den alten Tunneln verkehren sollte. Withens hockte in der Mitte, gefangen in
einem Spinnennetz, dem es niemals entkommen würde. Vielleicht würden die Wasserwerke irgendwann das gesamte Tal räumen, um die Reinheit ihres Wassers zu gewährleisten. Das Land würde dann vielleicht gebraucht, um darauf einen Lastwagenpark oder Wartungshallen für die neue Eisenbahnlinie zu errichten. Und was würde dann aus Leuten wie den Oxleys werden?
    »Ich glaube nicht, dass es Craig Oxley allein war, der Barry Cully getötet hat«, sagte Cooper ins Telefon. »Du? Das wäre zu praktisch.«
    Diane Frys Stimme klang distanziert. Sie war nicht nur physisch meilenweit weg in Edendale, sondern auch geistig mit anderen Dingen beschäftigt, da sie sich auf eine wichtige Vernehmung vorbereitete. Sie plante ihre Vernehmungen immer äußerst sorgfältig und machte sich Notizen zu den Fragekomplexen, die sie dabei unbedingt anschneiden wollte. Nichts durfte übersehen werden.
    »Wir haben keine anderen Beweise, Ben«, wandte sie ein. »Der Rest der Oxleys hält sich bedeckt und

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