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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Häuser züngelten. Es war das Geräusch der berstenden Schieferplatten und das immer lauter werdende Prasseln der Flammen, die Zimmer um Zimmer die Häuser verschlangen. Sie verschlangen feuchte Dielenbretter und kaputte Möbelstücke und leckten an den Fensterrahmen. Es war der Gestank brennender Tapeten und verkohlter, abplatzender Wandfarbe. Die schwarzen Backsteine erhitzten sich so stark, dass die darin eingeschlossene Feuchtigkeit blubbernd und dampfend austrat.
    Fry hätte für immer wie erstarrt auf diesem Fleck stehen bleiben, den züngelnden Flammen und den brennenden Figuren zuschauen können, die im Feuerschein hüpften und tanzten. Aber Tracy Udall brach schließlich den Bann, als sie plötzlich losrannte, um eine Gestalt aufzuhalten, die sie durch den Rauch erspäht hatte. Es war Marion Oxley, die neben dem Zaun stand und immer noch verzweifelt in Richtung der brennenden Häuser nach Lucas, aber auch nach Jake rief.

    Udall sprach sie an und schob sie entlang des Durchgangs zur Vorderseite der Waterloo Terrace hinaus, wo jeden Moment Hilfe eintreffen sollte. Endlich hörte Fry die Sirenen der Autos, die über die Kuppe kamen. Sie betete, dass die Hilfe nicht zu spät käme, denn mittlerweile sprangen die Flammen aus den Fenstern bereits auf das Dach über.
     
     
    Ben Cooper hockte neben Lucas Oxley im Keller von Trafalgar Terrace Nummer eins. Zwischen ihnen auf dem Steinboden lag Jake Oxley auf dem Rücken. Der Keller war erfüllt von dem Geruch des Todes – diesem reifen, süßlichen, intimen Gestank.
    Cooper füllte seine Lungen mit Luft, beugte sich über Jake und atmete in seinen Mund. Er beobachtete, wie sich der Brustkorb des Jungen im Rhythmus seines Atems hob und senkte, ehe er sich wieder auf seine Fersen hockte und zu Lucas hinübersah. Er konnte jedoch kaum mehr von ihm erkennen als die weiß hervortretenden Augen über dem Stofffetzen, der sein Gesicht bedeckte.
    »Was, zum Teufel, ist hier passiert?«, fragte er. »Es stinkt fürchterlich.«
    Und damit meinte er nicht den Gestank des Todes. Darüber hinaus war noch ein starker Geruch nach Petroleum, nach versengtem Stoff und Papier wahrzunehmen. Jake schien mit der Absicht heruntergekommen zu sein, ein weiteres Feuer zu legen, aber in dem winzigen Keller war offenbar nicht genügend Sauerstoff vorhanden gewesen.
    Lucas gab ihm keine Antwort auf seine Frage. »Kommt er durch?«, fragte er stattdessen.
    »Wir müssen ihn an die frische Luft schaffen. Helfen Sie mir, ihn die Treppe hochzutragen.«
    Cooper war froh, dass er keine Einzelheiten in dem Keller erkennen konnte. Er war sicher, dass Wände und Boden mit Blutflecken und Schlimmerem, vielleicht schon Wochen oder
Monate alt, bedeckt waren. Aber in dem abgeschlossenen, stickigen Raum war der charakteristische Geruch noch immer nicht verflogen. Eine wahre Fundgrube für ein Team der Kriminaltechnik, um Spuren zu sichern, aber bis die kamen, würde der Keller wahrscheinlich in Schutt und Asche liegen.
    Er packte Jake an den Schultern, und Lucas hob ihn an den Beinen hoch. Um Luft zu bekommen, hatten sie die Tür oben an der Treppe offen gelassen. Jetzt konnten sie hören, wie die Flammen unaufhaltsam näher kamen. Als er oben war, sah Cooper, dass die Dielenbretter im Flur und die Stufen der Treppe bereits glommen. Aber der Weg zur demolierten Vordertür war noch relativ gut begehbar.
    Kaum dass sie aus dem Haus heraus waren, entfernten sie sich, so rasch sie konnten, von der Trafalgar Terrace und stolperten auf dem von tiefen Furchen durchzogenen Pfad bis zu den regennassen Bäumen vor den Oxley-Häusern.
    »Okay, halt«, sagte Cooper atemlos.
    Von hier aus hatte er endlich freien Blick auf die Straße. Er stellte fest, dass Scott Oxley und die anderen Jungen die Bäume weggeschleift hatten, die sie erst kurz zuvor gefällt hatten. Jetzt winkten sie hektisch einem Löschfahrzeug zu, das sich dem Eingang näherte. Cooper bückte sich, um nach Jake zu sehen. Er atmete, wenn auch unregelmäßig.
    Die Luft war mittlerweile erfüllt vom schrillen Klang der Sirenen. Cooper stellte sich vor, wie der Konvoi die Straße heraufkam – Löschfahrzeuge, Polizeiautos, Krankenwagen, eine ganze Parade wie bei der Ankunft einer Belagerungsarmee. Vielleicht hatten sie keine Katapulte und auch keine Wurfgeschosse dabei, aber mit Sicherheit waren die Feuerwehrleute mit Äxten und schweren Werkzeugen bestens ausgerüstet. Außerdem hätte er wetten können, dass in einem der Polizeibusse auch ein oder

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