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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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Aber Udalls Uniform war dieses Mal auch für ihn nicht zu übersehen.
    »Ich war am Samstag hier, ja«, erwiderte Cooper. »Wie heißt Ihr Hund?«
    Oxley verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere. Der reinste Ausbruch an Aktionismus für einen Mann, der sich so wenig bewegte wie er. Cooper ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, beschloss aber, dies als eine Art Entschuldigung zu werten. Oxley schaute auf den Kopf seines Hundes.
    »Nelson«, antwortete er schließlich.
    »Nelson? Ein glanzvoller Name für einen Hund.« Cooper konnte sehen, dass der Hund keine Augenklappe trug. Vielleicht war der Name doch keine Anspielung auf Admiral Horatio Nelson, sondern bezog sich auf etwas anderes. Die Häuserreihe hieß Waterloo Terrace. Aber die Schlacht von Waterloo hatte der Herzog von Wellington gewonnen, und zwar an Land.

    Der Schäferhund freute sich, seinen Namen zu hören und ein wenig Aufmerksamkeit von seinem Besitzer zu bekommen. Cooper konnte wegen der Mauer noch immer nicht seinen Körper sehen, aber sein Kopf befand sich jetzt in einem anderen Winkel dazu, und er wusste, dass das Tier sich hingesetzt hatte. Er stieß die Luft aus. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass er sie angehalten hatte.
    »Wir würden gern ein paar Worte mit Ihnen reden, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Ich hab’ aber was dagegen.«
    Cooper holte tief Luft und tat so, als hätte er ihn nicht verstanden. »Wir haben nur ein paar Routinefragen an Sie. Sie wissen doch vom Tod Ihres Neffen, Neil Granger?«
    »Ich hab’s gehört.«
    »Withens ist doch eher ein ruhiges Dorf, oder? Deshalb hoffen wir, dass vielleicht irgendein Bewohner so wie Sie etwas gesehen hat. Ein fremdes Fahrzeug oder jemanden, der sich in der Zeit von Freitagnacht auf Samstagmorgen verdächtig benommen hat.«
    »Mir ist nichts aufgefallen«, antwortete Oxley. »Ist das alles?«
    »Wir würden natürlich gern auch mit den anderen Mitgliedern Ihrer Familie sprechen -«
    »Die sind nicht zu Hause. Den Weg kennen Sie ja.«
    Der Schäferhund spitzte die Ohren, als er den veränderten Tonfall in Lucas Oxleys Stimme bemerkte. Wieder stieß er ein leises Knurren aus. An diesem Punkt lautete die Regel Rückzug.
    »Wollen Sie denn gar nicht helfen?«, fragte Cooper frustriert.
    Oxley wirkte wenig beeindruckt. »Wir helfen uns selbst«, sagte er.

16
    W enn man von der Stelle, wo Neil Granger seinen Volkswagen hatte stehen lassen, weiter talabwärts fuhr, kam man zur nächsten Haltebucht. Hier befand sich in einem Container ein Fernfahrercafé für Trucker, die auf ihrer Fahrt durch die Pennines die A628 entlang gern hier Halt machten. Schwarz-weiße Leitplanken mit roten Reflektoren warnten sowohl vor der Kurve als auch vor dem Abhang.
    Die Haltebucht war übersät mit den üblichen Hinterlassenschaften vorbeifahrender Fahrzeuge: Glassplitter von Windschutzscheiben, Zigarettenpackungen, Aludosen, zerbrochene Holzpaletten, ein LKW-Reifen samt Felge. Und merkwürdigerweise war da auch eine grüne Sergehose, die mit ineinander verschlungenen Hosenbeinen im Gras lag. Auf der Mauer hinter der Parkbucht verlief zwischen verrosteten Eisenpfosten ein Stacheldrahtzaun, der die Leute davon abhalten sollte, in den Fluss zu fallen. Weiter oben am Berg floss Wasser über eine aus dunklen, glatten Steinen geformte, natürliche Treppe.
    Police Constable Udall fuhr so dicht, wie sie konnte, an das Fernfahrercafé heran. Ein riesiger Mercedes-Sattelschlepper, ein Sechsachser, bog hinter ihnen in die Haltebucht.Wäre diese so klein gewesen wie die, wo der VW gestanden hatte, hätte sie der Lastwagen fast allein ausgefüllt. Der Kühlergrill mit dem dreizackigen Stern berührte beinahe die Stoßstange des Streifenwagens, während die Fahrerkabine irgendwo unsichtbar über ihnen zu schweben schien. Der Fahrer konnte in ihren Wagen hineinsehen, ohne selbst gesehen zu werden, das heißt, bis Cooper ausstieg.
    Zwei Frauen bedienten in dem Café, umgeben von dem Geruch
nach gebratenem Speck und wabernden Dampfwolken, denen der Ventilator kaum Herr wurde. Die Bedienungen hatten viel zu tun und schüttelten heftig die Köpfe, als Cooper und Udall ihre Fragen zu stellen begannen. Bis auf ein paar wenige Trucker, die regelmäßig kamen, erinnerten sie sich nicht an irgendwelche anderen Gäste. Und wenn die Fahrzeuge nicht direkt vor ihrer Tür hielten, bekamen sie von draußen auch nichts mit.
    Bereits nach wenigen Minuten war Cooper froh, der stickigen Atmosphäre wieder zu entkommen. Er

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