Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
Vom Netzwerk:
Ben«, sagte Murfin, »wusstest du, dass du zwischen Woodhead und Dunford Bridge immer noch durch einen der Tunnel fahren kannst?«
    »Im Ernst?«
    »Da fährt immer noch ein kleiner Zug zu Wartungszwecken durch den Tunnel.«
    »Nur eine Schmalspurbahn«, erklärte Norton. »Damit kommen die Ingenieure am schnellsten zur Tunnelmitte. Dort steht eine batteriebetriebene E-Lok.«
    »Mein Schwager käme sofort hier angeschossen, wenn er das
wüsste«, erwiderte Murfin lachend. »Er ist absoluter Eisenbahnfanatiker.«
    »Davon kann ich ein Lied singen«, sagte Norton. »Solche Typen treiben sich andauernd hier herum und versuchen, sich Zutritt zu verschaffen.«
    Cooper nahm Murfin beiseite. »Was machst du hier, Gavin?«
    »Ich hab’ne Stunde frei.«
    »Wie das?«
    »Aus irgendeinem Grund ist Madam zur Obduktion entschwunden.«
    »Zu der von Neil Granger?«
    »Ganz recht.«
    »Aber ich dachte, sie hätte mit den Ermittlungen in dem Fall nichts zu tun. Ich meine – die Rede ist doch von Diane Fry, oder, Gavin?«
    »Klar rede ich von ihr. Von wem sonst? Wir arbeiten momentan am Fall Emma Renshaw, aber Diane ist stinksauer, dass sie einen Zeugen verloren hat, ehe sie ihn durch die Mangel drehen konnte. Die wird nie und nimmer die Meinung von einem anderen akzeptieren, ob es da eine Verbindung gibt oder nicht.«
    »Sie will unbedingt selbst einen Beweis dafür finden.«
    »Genau.«
    »Tja, das kann ich verstehen.«
    »Also habe ich ein paar Sachen im Büro nachgeholt und bin jetzt eigentlich auf dem Weg zu den Renshaws, wo wir uns treffen wollten. Da sind mir die Jungs aufgefallen, die hier arbeiten, und ich dachte mir, schau dir doch mal die Tunnel an.«
    »Der Luftschacht, neben dem Neil Granger getötet wurde, muss hier irgendwo enden.«
    »Das vermute ich.«
    Cooper wandte sich an den Wartungsmonteur.
    »Ich komme gerade aus Withens«, sagte er. »Kennen Sie den Ort?«

    »O ja.«
    »Kommt es vor, dass die Kids aus dem Dorf sich ab und an hier herumtreiben?«
    »Ich weiß, welche Sie meinen. Die kurven hier manchmal mit ihren Fahrrädern herum. Sie sind ein bisschen frech, aber ich persönlich hatte bisher keinen Ärger mit ihnen.«
    »Wie sind die Aussichten, dass von hier aus jemand in die Tunnel gelangt?«, fragte Cooper.
    »Wir lassen hier keinen rein«, erwiderte Norton. »Schon aus Sicherheitsgründen nicht.«
    Cooper konnte selbst sehen, dass der National Grid es mit der Sicherheit äußerst genau nahm. Sein Blick wanderte den Stahlzaun vor dem Tunnel aus den Fünfzigerjahren hinauf. Nicht einmal ein kleines Kind hätte sich dort oben hindurchquetschen können.
    Der Grund für die Sicherheitsmaßnahmen war offensichtlich. Gleich hinter dem Tunnel verlief der Longdendale Trail, der bei den alten Bahnsteigen endete. Am Wochenende und im Sommer wimmelte es auf dem Trekkingpfad sicher von Wanderern und Radfahrern. Alle möglichen Leute würden versuchen, in den Tunnel einzudringen, wenn man sie ließe.
    Der Wander- und Fahrradweg war durch Aufschüttung des ehemaligen Gleisbettes mit glattem Sand entstanden. Bei Nässe war es wahrscheinlich schwierig, auf dem Sand zu laufen. Und bei schlechtem Wetter sollte man den Pfad, der der Witterung ungeschützt ausgesetzt war, besser ganz meiden, überlegte Cooper. Ein paar Meter weiter weg lag mitten auf demWeg ein toter Hase, dessen Haut am Kopf bis auf den Schädelknochen abgenagt war. Lange, schwarze Insekten schwirrten um die Wunde an seiner Kehle, die ihm ein größeres Tier beigebracht hatte.
    Norton folgte Coopers Blick. »Die Ratten entwickeln sich allmählich zu einer richtigen Plage«, sagte er. »Vor allem hier im mittleren Tunnel.«

    »Aber der wird doch nicht mehr benutzt, oder?«
    »Nein, schon lange nicht mehr.«
    »Als die Tunnel damals gebaut wurden, müssen die Ratten prächtig gediehen sein. Bei den vielen Arbeitern ist ihnen sicher nie das Fressen ausgegangen.«
    »Das können Sie laut sagen. Am Höhepunkt des Tunnelbaus sollen fast fünfzehnhundert Männer hier gearbeitet haben. Und die hatten sicher immer Proviant dabei. Da ist genügend für die Ratten abgefallen.«
    »Da fällt mir eine Geschichte ein, die mir nach dem Streik 1984-85 mal ein Bergarbeiter erzählt hat«, sagte Cooper. »Unter Tage habe es immer einen Haufen Mäuse gegeben, sagte er. Zu Hunderten hat er sie im Streb herumflitzen sehen. Aber dann haben die Männer ein Jahr lang gestreikt. Und als sie wiederkamen, gab es keine Mäuse mehr. Sie waren alle tot. Und das nur, weil sie sich

Weitere Kostenlose Bücher