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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Booth
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sind und dann den Mut nicht mehr aufbringen, sich bei ihren Familien zu melden. Jede Woche finden sie solche Menschen. Schon nächste Woche könnte es Emma sein.«
    »Aber Sie können doch unmöglich mit jedem heimat- oder obdachlosen Mädchen auf der Welt Kontakt aufnehmen.«
    »Wir müssen es versuchen.«
    Fry holte das Foto von Emma heraus, das in Italien aufgenommen worden war.
    »Wer ist das andere Mädchen auf dem Bild?«, fragte sie.
    »Eine der Studentinnen aus ihrem Seminar«, antwortete Sarah. »Ich habe ihren Namen vergessen.«
    Fry drehte das Foto um. »Emma und Khadi, Mailand« war zusammen mit dem Datum auf die Rückseite gekritzelt.
    »Sie scheint Khadi zu heißen. Wissen Sie etwas über sie?«
    »Nein. Ich denke, sie stammt von dort – aus Birmingham, meine ich.«
    »Kannte Emma sie gut?«
    »Das glaube ich nicht. Sie gehört nicht zu ihrem regelmäßigen Freundeskreis. Ich denke, das ist das Problem, wenn Studenten am Heimatort bleiben. Sie wohnen nicht im College oder in irgendwelchen Heimen oder Studentenunterkünften und haben deshalb weniger soziale Kontakte mit den anderen.«
    »Andererseits heißt das wahrscheinlich auch, dass sie noch zu Hause bei ihren Eltern wohnen«, sagte Fry. »Auch das kann in manchen Fällen ihre sozialen Kontakte erschweren.«
    »Ja, vor allem -« Sarah Renshaw verstummte.
    »Vor allem was?«
    »Na ja, das Mädchen ist Asiatin, oder? Ich verstehe, dass manche asiatischen Familien ihren Töchtern nicht so viele
Freiheiten erlauben wie wir. Bei Söhnen ist das natürlich etwas anderes.«
    »Ist das so?«
    Fry hatte während ihrer Zeit in den West Midlands mit vielen asiatischen Familien zu tun gehabt. Dabei hatte sie junge Frauen mit asiatischem Hintergrund kennen gelernt, die ebenso viel Freiheit wie Emma Renshaw hatten. Wahrscheinlich sogar noch mehr. Aber es stimmte. Wenn das Mädchen namens Khadi noch bei ihren Eltern wohnte, könnte das der Grund gewesen sein, weshalb sie keinen näheren Umgang mit Emma und ihren Freunden pflegte, ganz gleich, wie ihr Hintergrund auch aussah.
    »Wir haben nie mit ihr gesprochen, oder?«, fragte Howard. »Ich denke nicht, dass sie eine besonders enge Freundin von Emma war.«
    »Ich bin sicher, dass die Polizei vor Ort sie in dem Fall befragt hätte«, meinte Fry.
    »Na, da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Wie Sie meinen, Sir.«
    Khadi. Es klang wie die Abkürzung für einen anderen Namen. Fry zermarterte sich das Gehirn und versuchte, sich im Geist nach Birmingham und in das umgebende Black Country zurückzuversetzen. In den wenigen Monaten, die sie im Peak District verbracht hatte, schien sie ihre Weltläufigkeit völlig verloren zu haben. In Edendale gab es zwar ein paar Asiaten, aber die meisten waren chinesische Restaurantbesitzer. Manchmal fuhren Gruppen japanischer Touristen durch den Ort. Aber dass man mal einen Menschen indischer oder afrokaribischer Herkunft auf der Straße sah, war immer noch äußerst selten.
    Khadija. Konnte das stimmen? Fry machte sich im Geist eine Notiz, jemanden an die Kunstschule in Birmingham zu schicken, um eine Studentin dieses Namens ausfindig zu machen. Die Schule würde sich zuerst bestimmt weigern, aber die
Spur war es wert, verfolgt zu werden.Vielleicht brachte sie neue Erkenntnisse.
    »Ich nehme an, Sie haben gehört, was Neil Granger zugesto ßen ist?«, sagte sie.
    »Ja, wir haben es gestern erfahren.«
    »Gestern? An dem Tag, an dem er gefunden wurde?«
    »Gail Dearden hat es uns erzählt. Sie ist eine Freundin von uns.«
    »Die Deardens wohnen weiter oben an der Straße, etwas außerhalb von Withens«, fügte Sarah hinzu. »Sie haben das frühere Wildhüterhaus gekauft.«
    »Ist Gail Alex Deardens Mutter?«
    »Ganz recht. Sie sagte, ihr Mann Michael habe die Leiche gesehen und gemeint, Neil Granger zu erkennen.«
    Fry runzelte die Stirn. Sie erinnerte sich, dass Deardens Wagen von den Polizisten an dem Ort angehalten worden war, wo man Granger gefunden hatte. Sie war zwar bisher noch nicht an diesem Luftschacht gewesen, wunderte sich aber, dass man Dearden nahe genug herangelassen hatte, dass er die Leiche identifizieren konnte.
    »Was hatte Mr Dearden dort oben zu suchen?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung.«
    »Alex lebt nicht mehr bei seinen Eltern, oder? Er hat ein Haus in Edendale.«
    »Nach dem Studium ist er nicht mehr nach Hause zurückgekehrt«, sagte Sarah. »Er hat sofort eine Stelle bei einer Computerfirma in Edendale bekommen und ist dorthin gezogen. Ich denke, dass Michael

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