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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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bis in die letzte Verästelung ihrer Lungenflügel ein.
    Â»Ick kann mir jut erinnan. Iss plötzlich allet da. Wie untaschiedlich die warn! Die Frau als jroße Lyrikdame imma mit ihr’n Tüchern um Hals unn Kopp, und er, der Alte, damals bei die SERO, watt nischt bessret war als die Müllabfuhr. Naja«, als erwachte sie aus einem Traum, drückte Frau Mischke den glimmenden Filter in einem Aschenbecher aus und klopfte sich auf die Schenkel, »wer weeß, vielleicht konnta ja Kunststückchen inn Bette!«
    Rebekka ließ Frau Mischke wieder genügend Zeit, sich zu beruhigen, und lächelte fleißig mit.
    Â»Waren die anderen drei Kinder der Familie Otto auch hier im Kindergarten?«
    Â»Klaro. Alle viere. Steht ja drinne.«
    Ein pinkfarbener Fingernagel wies auf die entsprechende Stelle auf dem vergilbten Stück Karton, das mit Schreibmaschine beschrieben war und Rebekka unwillkürlich an eine Stasiakte erinnerte.
    Mit einem Blick scannte Rebekka das Dokument, bevor es wieder im Hängeordner verschwand.
    Â»Danke, Sie haben mir sehr geholfen!«
    Â»Sie mir hoffentlich ooch!«, entgegnete Frau Mischke mütterlich lächelnd. Sie drückte Rebekkas Hand zum Abschied und führte sie zur Tür.
    Als Rebekka sich auf dem Weg zur Straßenbahn noch einmal umschaute, stand Frau Mischke noch immer im Eingang. Sie winkten sich zaghaft zu, dann verschwand Rebekka hinter der nächsten Hausecke und ging an ihr Handy, das seit Minuten lautlos vor sich hin summte.
    Â»Rebekka?«
    Â»Ja!«
    Â»Endlich! Mark hier.«
    Rebekka nestelte an dem Telefon herum, stellte schließlich ihre Tasche auf der Bank einer Straßenbahnhaltestelle ab und setzte sich.
    Â»Hallo, Mark«, seufzte sie und war froh, dass er ihre innere Aufregung so nicht heraushören konnte. »Bevor du etwas sagst: Ich brauche die Namen der 18 Toten vor Karl-Heinz Otto!«
    Â»Alles zu seiner Zeit! Wo bist du grad?«
    Rebekka schaute sich um, als müsse sie sich selbst erst einmal vergewissern, wo sie sich eigentlich aufhielt. Und das war ganz offensichtlich eine Müllkippe, denn sie sah sich umgeben von McDonald’s-Verpackungen, einer Babywindel mit dunkelbraunem Inhalt und dem Rest eines Döners.
    Â»Hör mal, Mark, es ist jetzt gerade etwas ungünstig …«
    In der Verlegenheit, Mark absagen zu müssen, wenn er sie treffen wollte, war Rebekka noch nie gewesen. Nervös fuhr sie sich durchs Haar. Es war verblüffend, was für Gedanken dieser Mann in ihr auslöste, wenn er einfach nur ihre Nummer wählte.
    Â»Hmmm … dein ungebrochenes Interesse an mir schmeichelt meinem Ego, aber …«
    Rebekka hörte ihn kichern und bedauerte, sich so weit aus dem Fenster gelehnt zu haben. Bisher war es immer Mark gewesen, der als Bittsteller fungierte. Dieses Rollenspiel gefiel Rebekka gut, und sie würde einen Teufel tun, die Charaktere zu vertauschen.
    Â»Aber?«, fragte sie nun etwas strenger als gewollt und lief der herannahenden Straßenbahn entgegen. Von hier aus waren es nur ein paar Haltestellen bis nach Marzahn. Dort stand der Plattenbau, der in Rebekkas Erinnerung um ihre Kindheit herum gebaut schien. Manchmal, wie heute, fuhr sie hin, einfach so, wie man ein Museum besuchte.
    Â»â€¦ aber ich wollte dir nur schnell etwas durchgeben.«
    Das hieß, er wollte Rebekka tatsächlich für sich ermitteln lassen und die Umstände von Karl-Heinz Ottos Tod kennen, bevor er seinen Kollegen von der Mordkommission eine Ermittlung nahelegte.
    Â»Sekretariat Schomberg, ich höre!«
    Â»Ja, hör genau hin, mein Rotlöckchen, kannst du mal rauskriegen, woran Anneliese Otto gestorben ist? Das war seine Frau.«
    Rebekka war ernüchtert. Frau Mischke hatte angedeutet, die junge Frau habe sich umgebracht. Und nun war Mark bereits auf den Namen Anneliese Otto gestoßen. Er hatte sofort in Richtung der Familie des Toten ermittelt und offensichtlich weniger Augenmerk auf die Firma gelegt.
    Aber warum?
    Diese Frage hob sie sich für eine schönere Gelegenheit mit Mark auf und hakte beiläufig nach: »Noch was?«
    Â»Nein, meine kleine Watson, damit habe ich dich jetzt, glaube ich, eine Weile beschäftigt. Und wenn du alles schön erledigt hast, dann sehen wir uns wieder. Und was das heißt«, er begann zu flüstern, »das weißt du ja schon. Freu mich auf dich!«
    Bevor Rebekka etwas entgegnen konnte,

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