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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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das Rennen aber noch nicht zu Ende war.
    Â»Und nicht, dass Sie denken, Sie müssen das Essen von Ihrem Partyservice mitbringen.« Irgendetwas daran, wie Ingrid Assmann das Wort Partyservice betonte, gefiel Rebekka nicht. Dünkel war so ziemlich das Letzte, was sie neben ihrer Platzangst ertragen konnte.
    Â»Ich koche nämlich ganz gut«, fügte Ingrid noch hinzu.
    Ulrike fühlte sich sichtlich unwohl, und Rebekka kam sich vor wie ein neuer Gast, über den man den Anlass des Festes und den Gastgeber vergessen hatte.
    Â»Wenn du magst«, wandte sich Rebekka nun Ulrike zu, »treffen wir uns morgen im Hackendahl . Kennst du das?«
    Ein Lächeln huschte über Ulrikes Gesicht.
    Â»Klar, Friedrichstraße. Morgen, gleich um zwölf?«
    Rebekka überschlug die Zeit kurz im Kopf. Sie brauchte morgens 20 Minuten für ihren Lauf und dann noch gut zwei Stunden für die Lektüre der Samstagsausgabe der Berliner Zeitung . Am Wochenende fuhr der Bus zur S-Bahn nur alle zwei Stunden. Sie würde es also nicht bis zwölf schaffen.
    Â»Halb eins.«
    Â»Schön!«
    Ulrike griff in ihre Hosentasche und holte ein kleines Aluminiumtütchen hervor. Sie streute das darin befindliche Pulver in ihren Mund und schaute sich suchend nach ihrem Glas um, das ein Kellner mitgenommen hatte.
    Â»Soll ich dir ein Wasser holen?«, bot sich Rebekka an.
    Â»Mmmmhhhnnnö«, nuschelte Ulrike kopfschüttelnd.
    Sie nahm einen Schluck aus Eriks Bierglas. Der ließ sie gewähren mit einem Lächeln, das seltsamerweise Rebekka galt.
    Â»Aspirin. Das geht auch mit Bier.«
    Irgendetwas veränderte sich in diesem Moment. Rebekka konnte nur noch nicht benennen, was es war. Sie schloss kurz die Augen. Der Moment war dunkelblau, und ihre Hände wurden kalt. Es war ein tieferer Blick in diese lockere Runde von Karl-Heinz Ottos Beerdigung, der ihr gerade gelungen war.
    Sie schaute Ulrike herausfordernd an. »Hast du Kopfschmerzen?«
    Rebekka machte aus ihrem Zweifel an Ulrikes lockerem Umgang mit der offensichtlich alltäglichen Dosis keinen Hehl.
    Â»Nein. Nur Schlaganfall.«
    Sie war mit wenigen Dingen tatsächlich zu verblüffen, doch nun blieb Rebekka der Gurkenbissen beinah im Halse stecken.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Nanana«, schaltete sich Erik väterlich ein, »unser Ulrikchen hatte Glück. Es bestand nur der Verdacht auf einen Schlaganfall.«
    Schlimm genug.
    Doch das schien hier keinen zu stören.
    Â»Vielleicht war es der Schock, weil dein Vater so plötzlich gestorben ist«, wandte er sich nun direkt an Ulrike, als habe er ihr diese Möglichkeit zuvor noch nie erläutert, »oder die Tatsache, dass du nicht gesund genug lebst, um so etwas zu vermeiden.«
    Ulrike hing regelrecht an Eriks Lippen.
    Â»Ich weiß, so oder so – ich bessere mich. Papas Tod verarbeite ich mit dem heutigen Tag etwas besser. Und Zigaretten rauche ich nur noch zu besonderen Anlässen. Heute zumindest wäre so einer.«
    Suchend blickte sie in die Augen der Leute am Tisch, überall nur höfliche Verneinung, bin froh, dass ich weg bin von dem Dreckszeug, weißt doch, ich rauche schon lange nicht mehr, damals als Jugendlicher, drei Schachteln am Tag, kein Problem, dann im Studium waren’s vier, aber jetzt, bin froh, das nicht mehr zu brauchen. Und du sei auch froh.
    Â»Rauchst du?«, fragte sie Rebekka nun geradezu und mit hoffnungsvollem Gesichtsausdruck.
    Â»Nicht mehr.«
    Ulrike schien in sich zusammenzusinken, der Rest am Tisch erleichtert aufzuatmen.
    Â»Aber ich habe immer welche dabei.«
    Die ganze Bewegung am Tisch nun reziprok, Ulrike wuchs, der Rest schrumpfte.
    Â»Jetzt auch?«
    Â»Ja.«
    Â»Hier drin darfst du eh nicht«, sagte Ingrid schnippisch, und Erik berührte seine Frau besänftigend am Arm.
    Â»Muss ich auch nicht.«
    Triumphierend drehte sie sich zu Rebekka um.
    Â»Wir gehen nämlich raus.«
    Obwohl sie kurz versucht war, machte Rebekka nicht den Fehler, sich achselzuckend der höflich verpackten Aufforderung zu fügen, sondern sie setzte ihr freundlichstes Lächeln auf und folgte Ulrike auf der Treppe nach oben.
    Â»Weißt du, ich find’s toll, dass mein Vater Frauen kannte, die Töchter haben wie dich.«
    Rebekka reichte ihr eine Zigarette und gab ihr dann die ganze Schachtel und ein Feuerzeug, die Ulrike eilig in ihrer Jackentasche verschwinden ließ.
    Â»Also, von Frauen und

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