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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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auch Käufer tummelten und ihre Geschäfte von Quebec bis Chemnitz online abwickelten. Die Vico House weltweit gehörten zu den virtuellen Pächtern. Rebekka hatte diesen Umstand und einen ersten leisen E-Mail-Flirt mit Cascone für die problemlose Aufnahme in den exklusiven Kreis der Klubmitglieder genutzt.
    Cascones Website war von schlichter Ästhetik, graue Schrift auf schwarzem Grund, vor dem sich erst auf einen Klick Fine Art , Functional Art und Patinierung in edlen kleinen Mosaiken offenbarten. Cascone selbst blieb völlig im Hintergrund. Dieses Maß an Understatement war für Rebekka das reinste Aphrodisiakum, Cascones Vita eine Auflistung von Ausbildungsstätten im Maschinenbau, Werkstofftechnik, Chemie und Physik von San Francisco bis Baltimore. Darunter ein Foto von einem Mann mit markanten Gesichtszügen, die herb gewesen wären und ablehnend gewirkt hätten ohne das jungenhafte, wissende Lächeln in seinen Mundwinkeln. Grüne Augen unter dichten schwarzen Augenbrauen. Gleich beim ersten Stöbern auf seiner Website hatte Rebekka feuchte Hände bekommen und sich den Paravent für ihr Gartenhaus bestellt in der Hoffnung, in so etwas wie eine Verbindung zu diesem Mann zu treten. Seine Hände hatten ihn gefertigt, und wenn die so schön waren wie der Rest des ganzen Mannes, dann hatte sich dieser Kauf für Rebekka gelohnt. So leblose Dinge wie ein Metallgegenstand, ein paar Fotos und Texte im Internet konnten Gefühle in ihr auslösen. Sie hielt das zwar nicht für normal, hatte sich aber daran gewöhnt, bewertete ihr eigenes Verhalten sowieso nicht und widmete sich fortan beflügelnden Tagträumen eines Treffens mit ihm in Berlin und ihres ersten Fluges direkt zum Red Roof Inn auf Chicagos Magnificent Mile . Ihr Leben war vielleicht einsamer als das Leben anderer, doch das Gefühl, etwas zu wenig zu haben, glich Rebekka durch umso mehr an Abenteuerlust aus. Und Andrew Cascone, das hatte Rebekka auf den ersten Blick beschlossen, wäre auf jeden Fall ein Abenteuer wert.

Kapitel 29
    Dass ihr Mann immer so angestrengt zum Haus der Jungschen rüber stierte, gefiel Erika Faul überhaupt nicht. Zumal er sich nun nur noch lächerlich machte. Stand da in seiner dunkelbraunen Trainingshose aus Armeezeiten. Ein Unterhemd spannte über seinem Bauch, über dem Komplettkunstwerk trug er ein offenes Holzfällerhemd. Weder trainierte Helmut Faul irgendwas noch hatte er in seinem Leben auch nur einen Baum gefällt, aber die dazu benötigten Klamotten trug er jeden Tag. Interessiert beobachtete er das Haus schräg gegenüber, als würde es jeden Moment aufstehen und wegrennen. Seiner Frau hingegen schenkte er kaum Aufmerksamkeit. Sie stand in der Küche wie der Herd und im Wohnzimmer wie das Sofa, war genauso nützlich für ihn, wie sie unsichtbar war. Dabei war ihre Haut immerhin noch weiß und glatt wie Porzellan und ihr Haar mal genauso feuerrot gewesen wie das von der Jungschen gegenüber. Die war weg, das war doch klar, seitdem wieder der Müllsack mit den Edelklamotten vor der Tür stand, die Erika Faul immer noch nicht passten und für schlankere Zeiten im Schrank herumhingen. Manchmal ertappte sie den Alten beim Schnüffeln an den Klamotten, als wollte er aus den Fasern noch was raus saugen und damit auch aus der Rothaarigen. Aber was sollte sie tun? Sie hatte keinen anderen Mann als ihren und hätte auch keinen anderen abbekommen. Nun würde sie halt aus dem hier etwas machen für die letzten paar Jahre vom Leben. Besser, als allein zu sein, war es mit ihm allemal.
    Dank der schier unstillbaren Neugier ihres Mannes war es Erika Faul hin und wieder möglich, bei ihm zu punkten. Zum Beispiel mit Informationen, die sie erst einmal einen Tag lang zurückhielt.
    Â»Ich habe sie gestern auf dem Friedhof getroffen.«
    Helmut Faul schnellte vom Fenster zurück. Erika entdeckte tatsächlich so etwas wie Interesse in seinem Blick.
    Â»Auf dem Friedhof?«
    Sein Interesse ließ sie innerlich wachsen. Ein bisschen sogar äußerlich, denn ihre Schultern bewegten sich instinktiv nach hinten, so wurde ihr Rücken gerade und sie um einige Zentimeter größer.
    Â»Da liegt ihre Mutter.«
    Er wandte sich wieder dem Fenster zu. Das eben noch so intensive Interesse an seiner Frau war verflogen. Vielleicht versteckte er es auch nur gekonnt. Er klang gelangweilt.
    Â»Hat keiner gemerkt, dass die gestorben

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