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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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verlangten. Rebekka hatte sein Vertrauen gewonnen, was vielleicht nicht schwer war, als sie sich nach dem Zapfhahn im hinteren Teil des Ladens erkundigte.
    Â»Denn kann ick länga ufflass’n. Denn zählt der Laden als Kneipe. Cleva, watt?«
    Noch lieh sie sich jedes Mal bei ihm ein Rad aus. Er schrieb ihren Namen – immer wieder mit ihrem Pass vergleichend – umständlich in ein Buch, ließ sie ein Rad aussuchen, prüfte Reifen und Ventile, gab ihr den Pass zurück und nuschelte: »Zahlung sofort.«
    Â»Wie lange haben Sie geöffnet?«
    Â»Muss ja bis Mitternacht. Mindestens. Schaun sich mal die Massen von Touris an. Denkense, von denen sieht eina zu, dett ick ma früha Faiaahmd hab?«
    Â»Warum schreiben Sie dann ›geöffnet bis Mitternacht‹ in die Tür und schaffen sich einen Zapfhahn an?«
    Â»Weil ick dett muss, Mensch! Wovon soll ickn leben? Von ditt, watt die Kanackn für unsaeens übrig lassn?«
    Auf diesen Moment hatte Rebekka gewartet.
    Â»Ich höre noch ein Mal das Wort ›Kanacke‹ von Ihnen, und den nächsten Häftling mit Migrationshintergrund, der in Tegel freikommt, schicke ich hier vorbei, damit Sie ihm das Wort BUCHSTABIEREN können!«
    Ein Dienstausweis der JVA Tegel schwebte vor der grobporigen Nase des Fahrradmannes, und dem fiel es nicht schwer, das Passbild mit dem soeben ins Buch gekritzelten Namen in Verbindung zu bringen.
    Rebekka zog die Schnürsenkel ihrer Doc Martens fest, straffte ihren Haarknoten, schnippte mit den Hosenträgern, zog den Reißverschluss ihrer Bomberjacke bis zum Hals und schwang sich aufs Rad.
    Der Fahrradmann stand noch eine Weile in der Tür, kratzte sich im Nacken und bemerkte nicht den Wackelkontakt, der sein OPEN -Schild wie eine billige Sex-Reklame blinken ließ.

Kapitel 37
    Alle aus der Clique hockten wie immer unter der Eiche im Volkspark.
    Rebekka erkannte sie schon von Weitem: Da wackelten zwei blonde Köpfe, drei dunkle, und wie auf ein Kommando drehten sie ihr alle zugleich die Gesichter zu, als Rebekka in Sichtweite auftauchte. An der Eiche lehnten ein Paar Stelzen, an denen sich Karoline zu schaffen machte.
    Â»Rebekka!«
    Ingrid stand auf und kam ihr entgegen.
    Â»Ich hab’s gar nicht geglaubt, als ich deine SMS gelesen habe.«
    Das förmliche Sie, über das sie noch nicht hinweggekommen waren, war weggewischt wie ein Muster im Sand nach der Welle.
    Nun erhob sich auch Erik langsam, beinah schwerfällig. Dabei nutzte er nur die Chance – ganz Charmeur – sich ein paar schmeichelnde Worte für Rebekka einfallen zu lassen.
    Â»Dein Bomberoutfit steht dir genau so gut wie Chanel . Wie machst du das nur?«
    Karoline ließ von den Stelzen ab, ihre Neugier war nun umgeleitet auf den Neuankömmling. Die anderen winkten ihr und blieben sitzen, als wären sie noch nicht dran.
    Â»Treulose Tomate!«, sagte Ingrid vorwurfsvoll. Sie betrachtete Rebekka ungläubig mit ausgestreckten Armen. »Warum hast dich nicht mal gemeldet?«
    Rebekka atmete auf.
    Â»Ich wollte dir und Erik Zeit geben, euch tatsächlich noch mal um Nachwuchs zu kümmern.«
    Erik strich über Ingrids Bauch und kicherte.
    Â»Hat ja gefruchtet!«
    Â»Ihr seid schwanger?«
    Ingrid lächelte.
    Â»Ja! Alle beide. Nur ist Erik schon im fünften Monat. Ich noch in der neunten Woche.«
    Erik hatte tatsächlich ganz schön zugelegt in der kurzen Zeit, stellte Rebekka belustigt fest.
    Â»Hi, Große!«
    Nils, Achim und Ulrike standen plötzlich neben ihr.
    Rebekka drehte sich zu ihnen um.
    Â»Na, ihr Pilzköpfe? Immer noch siamesisch zusammengewachsen?«
    Â»Wir hatten noch keinen Grund, uns zu trennen«, parierte Ulrike schnippisch und schielte dabei auf Rebekkas Hosentasche.
    Â»Ach ja«, Rebekka nahm die beiden Schachteln Marlboro heraus, »kannste haben. Ich rauche immer noch nicht.«
    Â»Hab ich ein Glück!«
    Ulrike lächelte und setzte sich wieder. Sie riss eines der Päckchen auf und steckte sich eine an. Das andere verstaute sie unter vorsichtigem Blick auf die anderen in ihrer Handtasche. Obwohl sie keine Schnorrer zu befürchten hatte, schien sie ein schlechtes Gewissen zu haben. Und Rebekka ahnte, warum.
    Â»Wie geht es Jörn?«
    Rebekka setzte sich neben Ulrike auf die Decke. Die musterte sie kurz und amüsiert, wagte einen kurzen Ausflug in ein helles Lächeln, um sogleich wieder in

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