Die Einsamkeit des Chamäleons
Objekt hochstilisiert. Erik hatte Rebekka gebrieft: Sollte der Auktionator lange zögern zwischen den drei Aufrufen »Zum Ersten â¦, zum Zweiten, ⦠zum Dritten!«, dann läge ein hohes Tischgebot vor, und der aktuell gebotene Preis wäre noch zu weit davon entfernt. Dann müsse Rebekka bieten.
Sie hielt sich hinten an der Wand bei den Telefonbietern auf. Drei junge Frauen wie Stewardessen gekleidet und nebeneinander an einer langen Tafel aufgereiht, führten leise Gespräche mit den anonym bleibenden Bietern am anderen Ende der Leitung.
Lobi wurde aufgerufen.
Rebekka wählte Eriks Nummer. Statt eines Klingelns hatte sie sofort seine Stimme im Ohr.
»Startgebot 24.000«, flüsterte Rebekka. Der Auktionator hatte inzwischen die Bühne betreten, die Figur stand auf einem Sockel neben ihm und war an der Wand dahinter noch einmal als Foto abgebildet.
»Okay. Warte ab.«
Eine der drei Frauen am Tisch mit den Telefonen sagte leise » vingt-quatre mille « in den Hörer.
»Einer bietet am Telefon.«
»Welche Sprache?«
»Französisch.«
»Gut. Paris oder Brüssel. Wie sieht es im Saal aus?«
»Bisher noch kein Gebot.«
»Warte ab.«
Die Frau am Telefon hob die Hand.
»25«, sagte der Auktionator. Er sah aus wie ein Lehrer, der hier die Vertretung übernommen hatte, fand Rebekka. Sein Blick schweifte durch den Saal und hinüber zu den Tischen mit den Telefonen. Er zögerte lange, bis er sich dazu durchringen konnte, zum Auktionshammer zu greifen.
»Schaut er noch?«
»Ja.«
»Klingt nach Tischgebot. Geh mit.«
Rebekka hob die Hand. Der Blick des Auktionators hatte sie sofort fixiert, wie ein Angler, der auf der bewegten Wasseroberfläche endlich seinen Schwimmer entdeckt.
»26 die Dame ganz hinten. Bietet jemand mehr als sechsâ¦Â«
»Was passiert am Telefon?«
»Es kann nur einer reden, Erik! Hör mir jetzt einfach zu! ⦠Sie hebt die Hand. 27.«
»Geh mit. Und dann sag mir ganz genau, was passiert.«
Rebekka hob die Hand.
»28.000 die Dame ganz hinten. Bietet jemand â¦Â«, hörte Rebekka die Stimme des Auktionators.
Rebekka schaute nach rechts, wo die junge Frau » vingt-huit mille « in den Hörer flüsterte. Am anderen Ende schien für einen Moment Stille zu herrschen. Die junge Frau schürzte die Lippen und räusperte sich leicht.
»Telefonbieter zögert â¦Â«, sagte Rebekka und sah im selben Moment, wie die Frau am Telefon die Hand erhob, »jetzt hat er geboten.«
»29.000«, rief der Auktionator in den Saal, obwohl sein Blick nur auf Rebekka gerichtet war.
»Steig aus«, sagte Erik.
»Sicher?«
»Ja. Telefonbieter hat zu lange gezögert. Wenn du jetzt bietest, bleiben wir auf einer Lobi um 30.000 Euro sitzen.«
»Gut.« Sie lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
»⦠und 29.000 zum Dritten!«, beendete der Auktionator hocherfreut den ersten Verkauf.
»Gut gemacht«, sagte Erik, »ab jetzt ist der Tag zu deiner Verfügung.«
Sie nahm den Katalog und verlieà das Auktionshaus. Es war ein wunderschöner Nachmittag, um auf einen Irish Coffee ins Café Einstein zu gehen. Denn obwohl sie ein Vermögen besaÃ, war Rebekka glücklich darüber, in dieser kleinen halben Stunde 1000 Euro verdient zu haben.
Kapitel 45
Der Keller war mehr als sein Refugium, war sein alchemistisches Kabinett. Hier lieà sich zaubern und kreieren. Seine Frau glaubte ihn seit zwei Stunden in Monrovia. Auch dort war es jetzt früher Abend. Aber er saà nicht schon wieder an der speckigen Bar eines Hotels, in dem er â wenn er Pech hatte, und das hatte er dort häufig gehabt â ein sauber ausgesägtes Loch um sein Zimmerschloss herum finden würde, wenn er von einem Spaziergang zurückkam. Er wartete dort nicht auf den mittlerweile vierten Zwischenhändler, der ihm schlieÃlich einen Haufen Exportschnitzerei der Toma anböte, aus welchem er dann das Stück herausfischte, das zusammen mit vier oder fünf wertlosen Teilen die Reisestrapazen wettmachte. Er hatte GröÃeres vor. Und er hatte jede Menge zu tun damit.
Zufrieden schaute er auf sein Werk. Eigentlich war es die Vorstufe, der achte Monat einer Schwangerschaft. In der oberen Reihe hingen die sauber zurechtgeschnittenen Quadrate aus glänzendem Stahl, Aluminium, Kupfer, Bronze,
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