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Die Einsamkeit des Langstreckenläufers. Erzählung.

Die Einsamkeit des Langstreckenläufers. Erzählung.

Titel: Die Einsamkeit des Langstreckenläufers. Erzählung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Sillitoe
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daß ich laufe, und ich wußte kaum, daß sich meine Beine hoben und senkten und meine Arme vor und zurück stießen, und meine Lunge schien überhaupt nicht zu arbeiten, und das Herz hörte mit dem unverschämten Pochen auf, das ich zuerst immer hab. Denn eigentlich renne ich mit niemandem um die Wette; ich laufe einfach, und irgendwie ist mir klar, wenn ich nicht dran denk, daß das ein Wettrennen ist, und bloß so langtrab, bis ich nicht mehr weiß, daß ich lauf, da gewinne ich jedesmal. Denn wenn meine Augen erkennen, daß es aufs Ziel zugeht - wenn sie einen Zauntritt oder die Ecke eines Bauernhauses sehn -, zieh ich meinen Spurt an, und der ist schnell, weil ich spüre, daß ich bis dahin noch gar nicht gelaufen bin und mich überhaupt noch nicht verausgabt hab. Und das alles kann ich, weil ich dabei denke; und ich frag mich, ob ich in der Laufbranche der einzige mit diesem System bin, das Laufen vor lauter Nachdenken zu vergessen, und ich frag mich, ob irgendeiner von den andren Burschen dieselben Faxen macht, obwohl ich genau weiß, die machen keine. Fort wie der Wind den Kopfsteinweg und die ausgefahrne Allee lang, die ebener sind als die Rasenbahn auf dem Sportplatz und besser zum Nachdenken, weil sie nicht zu eben sind, und ich war den Nachmittag in meinem Element, weil ich wußte, im Laufen schlägt mich keiner, aber vorhatte, mich selber zu schlagen, eh's Abend würde. Denn wie der Direktor zu mir was von Ehrlichsein gesagt hat, als ich hier reinkam, da hat er nicht gewußt, was das Wort bedeutet, sonst hätt er mich nicht bei dem Lauf hier mittraben lassen in Hemd und Hose und Sonnenschein. Der hätt mich dorthingebracht, wo ich ihn hingebracht hätt, wenn ich auf seinem Posten saß: in einen Steinbruch Steine brechen, bis er sich das Genick bricht. Das alte Hitlergesicht, der Geheimschnüffler, war wenigstens ehrlicher als der Direktor, denn der konnte mich jedenfalls nicht riechen, und ich ihn auch nicht, und wie der Fall vor Gericht kommen sollte, da klopfte ein Bulle früh um vier an unsrer Vordertür und jagte meine Mutter aus dem Bett, die noch hundemüde war, bloß um sie dran zu erinnern, daß sie Schlag halb zehn auf dem Gericht sein sollte. Das war das glänzendste Stück Gehässigkeit, das mir je vorgekommen ist, aber das nenn ich ehrlich, genau wie Mama ehrlich war, als sie ihm richtig erzählt hat, was sie von ihm hält, und ihm alle dreckigen Ausdrücke an den Kopf schmiß, die sie kannte, was eine halbe Stunde dauerte und die ganze Straße aufweckte.

    Ich trabte am Rande eines Feldes lang, das an den Hohlweg grenzte, roch das grüne Gras und Geißblatt, und mir war, als stammte ich aus einer langen Ahnenreihe von Rennhunden, die man abgerichtet hat, auf zwei Beinen zu laufen, bloß konnt ich vor mir keinen Karnickelbalg sehn, und hinter mir kam auch kein Knotenknüttel, um mir Dampf zu machen. Ich ging an dem Läufer von Gunthorpe vorbei, dessen Hemd schon ganz schwarz vor Schweiß war, und ich konnte grade vor uns die Ecke von dem eingegatterten Wäldchen sehn, wo der einzige, an dem ich noch vorbei mußte, um das Rennen zu gewinnen, auf die Tube drückte, den als Hälfte der Strecke markierten Punkt zu nehmen. Dann bog er in eine Waldzunge, wo ich ihn nicht mehr sehn konnte, und ich konnt überhaupt niemand sehn, und nun wußte ich, was die Einsamkeit des Langstreckenläufers ist, der durchs Gelände läuft, wobei mir klar war, daß bei mir dieses Gefühl das einzig Ehrliche und Wirkliche ist, was es auf der Welt gibt, und ich wußte, das würde sich auch nie ändern, egal, was ich sonst manchmal fühlte, und egal, was mir jemand erzählen will. Der nächste Läufer hinter mir muß ein ziemliches Stück zurückgelegen haben, weil es so still war, und es gab sogar weniger zu hören und zu sehn als an einem frostigen Wintermorgen um fünf Uhr früh. Es war schwer zu verstehn, und ich wußte bloß, du mußt laufen, laufen, ohne zu wissen, warum, aber du läufst weiter durch Felder, die du nicht verstehst, und rein in Wälder, die dir Angst einjagen, über Hügel, ohne zu wissen, daß es rauf und runter geht, und du flitzt über Flüsse, die dir das Herz aus dem Leibe reißen, wenn du reinfällst. Und am Ziel war's damit nicht zu Ende, wenn dich die Zuschauer auch jubelnd empfangen, weil du weiter mußt, bevor du wieder zu Atem kommst, und du hörst erst richtig auf, wenn du über einen Baumstamm stolperst und dir das Genick brichst oder in einen unbenutzten Brunnen fällst und für immer

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