Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)
langsam. »Die Perfektion der Menschheit.«
»Richtig.« Ein kleines, aufmunterndes Lächeln erhellt sein Gesicht.
Ich halte die Spritze mit dem Elysia hoch. »Und das ist der Weg dorthin.«
Er nickt, lässt mich nicht aus den Augen. Ich sehe den Triumph in seinem Blick.
Ich nicke ebenfalls und betrachte nachdenklich die schimmernde Flüssigkeit. »Weißt du, was ich davon halte?«
»Was, Pia? Sag es mir.«
»Ich sage, geh zum Teufel.« Damit werfe ich die Spritze auf den Fliesenboden. Sie zerspringt und Elysia spritzt auf unsere Schuhe.
Unsere Blicke treffen sich. Er hat die Augen weit aufgerissen. Mein Blick ist wild und lodernd.
»Ich bin fertig mit dir, Dr. Paolo Domingo Alvez. Fertig mit euch allen. Fertig mit Little Cam und Dr. Falk und Elysia und meiner verdammten Bestimmung!« Ich trete auf die Scherben der Spritze und zermahle sie mit dem Absatz. »Und wisst ihr, was? Ich habe mich für das Chaos entschieden. Ich habe mich für den Rückschritt entschieden. Ich habe mich für De volution und Auslöschung entschieden, für Schwäche und Gefühl und mein Herz, alles miteinander! Denn wenn das« – ich zeige auf Ami – »wahre Menschlichkeit bedeutet, will ich nicht menschlich sein. Und ganz sicher will ich es nicht ewig sein. Zum Teufel mit eurer Unsterblichkeit. Zum Teufel mit euren verdammten Idealen und der Bestimmung. Und zum Teufel mit euch allen!«
Zitternd vor Wut drehe ich mich um und will zu Ami, will ihr die Kanüle aus dem Arm reißen und sie bis nach Ai’oa tragen.
Doch ich komme nur drei Schritte weit. Dann packen mich Onkel Jakob und Onkel Haruto an den Armen und halten mich fest und Onkel Sergei hält von hinten meinen Kopf, damit ich sie nicht beißen kann. Ich wehre mich, doch es hat keinen Zweck. Ich habe eine unverletzbare Haut, die Sinneswahrnehmung eines Falken und ich werde nie sterben – doch es fehlt mir an Kraft. Ich könnte schreien vor Frust.
Onkel Paolo schüttelt den Kopf und seufzt, lang und schwer. »Es tut mir leid, Pia. Es tut mir leid, dass wir an dir gescheitert sind. Es tut mir leid, dass du dich nach all unseren Hoffnungen und besten Absichten in dieselbe Dummheit und Blindheit der Menschen weit unter deinem Niveau flüchtest.«
Er greift in die Tasche seines Laborkittels und zieht eine Spritze heraus, das genaue Gegenstück von der, die ich zertreten habe. Mein Herz setzt beinahe aus vor Entsetzen. Mir wird übel.
»Ich hatte gehofft, es würde nicht dazu kommen, aber ein guter Wissenschaftler ist immer vorbereitet.« Er drückt ein paar Tropfen Elysia aus der Spritze ins Waschbecken.
Da fällt mein Blick auf den Wagen aus Edelstahl, gleich links neben mir. Darauf stehen drei Tabletts und auf jedem mehrere Bechergläser.
»Ich glaube, ich habe es dir schon vor Jahren erklärt«, fährt Onkel Paolo fort. »Erinnerst du dich noch? Natürlich erinnerst du dich. Dein Gedächtnis ist im Gegensatz zu der Entscheidung, die du heute getroffen hast, perfekt.«
Er geht um den Tisch, auf dem Ami liegt, herum, sodass er mich über ihren Körper hinweg weiter beobachten kann. Sein Blick ist auf mich fixiert und so sieht er nicht, dass ihre Lider flattern, sie die Augen öffnet und den Kopf dreht. Ihr Blick fällt auf mich, und obwohl sie sichtlich verwirrt ist, erkennt sie mich.
»Pia?«, wispert sie.
Ich hake meinen Fuß um ein Bein des Rollwagens und reiße ihn mit einem Ruck zur Seite. Bechergläser fliegen durch die Luft und zerschellen an den Wänden und auf dem Boden. Alle gehen in Deckung, Onkel Haruto schreit. Ich glaube, ihm ist eine Scherbe ins Auge geflogen. Er stürzt nach vorn und fällt gegen den Untersuchungstisch. Halt suchend wedelt er mit den Armen, erwischt den Katheter an Amis Arm und reißt ihn heraus. Wie Sirup aus einer Flasche fließt das Blut aus der Ellbogenbeuge auf den Boden. Onkel Haruto rutscht darin aus und landet auf den Fliesen.
Einen Augenblick herrscht völliges Chaos, gerade lange genug, dass ich mich losreißen und Onkel Paolo die Spritze aus der Hand reißen kann. Schnell wie der Blitz ziehe ich Ami vom Untersuchungstisch und schleife sie zur Tür. Den Bruchteil einer Sekunde nehme ich mir, um meinen Anhänger vom Tresen zu holen. Als Jakob und Haruto mich von hinten packen, steche ich blindlings mit der Spritze um mich und sie weichen sofort zurück. Drohend halte ich die Nadel hoch. Mit der anderen Hand ziehe ich Ami hinter mir her. Meine Schuhe hinterlassen leuchtend rote Spuren auf den weißen Fliesen.
»Halt, Pia!«,
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