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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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Kieferzangen. Mir rutscht das Herz in die Kniekehlen. Dann ist heute also Babó dran. Ich ekle mich normalerweise nicht so schnell vor etwas, aber beim Anblick dieses abnormal großen Käfers dreht sich mir der Magen um. Als ich drei war, hat Onkel Will mir einen Riesenbockkäfer wie diesen geschenkt, weil er dachte, er sei das ideale Haustier. Eines Nachts ist er aus seinem Käfig entwischt und ich habe ihn erst zwei Tage später wieder gefunden – unter meinem Kopfkissen. Sie haben mir noch Jahre später erzählt, dass man meine Schreie in ganz Little Cam gehört hätte.
    »Oh…« Ich schüttle den Kopf. »Können wir nicht einfach Schmetterlinge untersuchen? Oder Ameisen? Oder meinetwegen auch Würmer? Bitte! Alles, nur das nicht.«
    Onkel Will scheint fast beleidigt. »Babó tut dir nichts, Pia. Er ist ganz sanft, siehst du?«
    Er setzt das Monster auf den Metalltisch neben mir und ich weiche automatisch zurück. Babó krabbelt über Papier und Petrischalen, stößt Sachen um und bringt alles durcheinander.
    »Sieht so aus, als hätte er Hunger«, bemerke ich.
    »Nein, nein, Babó frisst nicht. Er ist ein Männchen. Männliche Riesenbockkäfer fressen nicht, sie fliegen nur herum und halten nach paarungswilligen Weibchen Ausschau.«
    Ich weiß das alles, aber Babó ist Onkel Wills Lieblingsthema. Mein Vater sagt kaum mehr als drei Worte pro Tag, doch wenn man von dem Käfer anfängt, kann er so redselig werden wie Dr. Tollpatsch. Entweder wir reden über Babó oder ich habe eine sehr schweigsame Unterrichtsstunde vor mir.
    »Reizend«, kommentiere ich.
    »Und wie, und wie!« Onkel Will nickt vergnügt. Er freut sich, dass ich endlich begriffen habe, welch enorme Faszination von Riesenbockkäfern ausgeht.
    Er plaudert weiter über Babó, während der groteske Riesenkäfer am Mikroskop hinaufzukrabbeln versucht. Onkel Will nimmt ihn weg, passt aber auf, dass er mit seinen Fingern nicht in Reichweite der Kieferzangen gerät.
    »Schau mal, wie stark er ist.« Er nimmt mit der anderen Hand einen Stift und lässt ihn vor Babós Kopf hin und her schwingen. Der Käfer scheint weniger an dem Stift interessiert zu sein als vielmehr daran, Onkel Wills Griff zu entkommen, und ich runzle skeptisch die Stirn.
    Plötzlich legt Babó seine Zangen um den Stift und bricht ihn mittendurch. Ich schreie und springe vom Hocker. Onkel Will lacht und ich komme mir ziemlich dumm vor.
    »Er hat das Ding mittendurch gebrochen!« Ich drücke mich an das Terrarium voller Ameisen, möglichst weit weg von dem Monstrum.
    »Willst du ihn mal halten?«
    »Nein!« Ich kipple auf den Fersen nach hinten und der Ameisenkasten in meinem Rücken schwankt.
    Onkel Will stößt einen Schrei aus, lässt Babó fallen und stürzt auf mich zu. Ich frage mich, was in ihn gefahren ist, bis ich merke, dass die Ameisenfarm gleich von ihrem Gestell kippt. Mein Vater wirft sich darauf und hält sie fest, bis alles wieder sicher steht. Er hat Schweißperlen auf der Stirn und ich sehe, dass er zittert.
    »Onkel Will? Tut mir leid, ich wollte die Ameisen nicht –«
    »Das sind nicht einfach nur Ameisen, Kind!« Fast panisch schaut er in das Terrarium. »Eciton burchellii. Zumindest vor den Experimenten waren es Eciton burchellii.«
    »Experimente?«
    Onkel Will kaut auf seiner Unterlippe herum. Er will offensichtlich nicht darüber reden, aber ich blicke ihn durchdringend an und warte auf eine Antwort. Babó hat sich in die gegenüberliegende Laborecke verzogen, wo ich ihn in einem Berg Styropor herumwühlen höre.
    »Ich… ich habe eine Rezeptur entwickelt, hauptsächlich aus Ilex paraguariensis…«
    »Ein Steroid«, werfe ich ein. Ein paar Ilex-Blätter liegen noch auf dem Tisch.
    »Ja. Manchmal zeigt sie keine Wirkung. Manchmal rennen die Versuchstiere im Kreis herum, bis sie vor Erschöpfung sterben. Aber dieses Mal…« Sein Blick wird düster. »Dieses Mal war es anders.«
    Ich schaue zu den Ameisen. Sie sind riesig, aber nicht so abnorm groß wie Babó. Das Terrarium ist nicht mit Erde und Sand gefüllt wie bei den meisten Ameisenfarmen. Hier sollen Blätter und Äste den Boden des Regenwaldes simulieren. Ich sehe, dass viel, viel mehr Ameisen darin sind, als ich zunächst dachte. Was ich für eine Humusschicht auf dem Boden des Terrariums gehalten habe, ist in Wirklichkeit ein lebender Teppich aus Ameisen. »Eciton burchellii sind Armeeameisen«, sage ich. »Fleischfresser, die in Schwärmen jagen.«
    Er nickt. »Genau. Aber es kam zu einem Unfall. Ich

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